DeutschEnglish

Mobile Raumtemperatur Quantencomputer.

© SaxonQ GmbH, www.saxonq.com

Kompakte Quantencomputer auf Basis von NV-Farbzentren in Diamant lösen wesentliche Probleme bei der Kommerzialisierung von Quantentechnologien. Andere derzeitige Ansätze mit der Notwendigkeit einer extremen Kühlung und Barrieren bei der Skalierung zu höheren Zahlen miteinander koppelbarer Quantenbits schränken die Anwendbarkeit von Quantencomputern stark ein.

Firmen wie IBM und Google haben echte Quantencomputer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Firmen wie D-Wave und Fujitsu bieten heute Quanten-Annealer an, die zwar keine Quantencomputer im strengen Sinne sind, jedoch bereits Optimierungs-Probleme mit hohen Zahlen von Quantenbits lösen können. Alle diese Quantencomputer sind Mainframe Lösungen bei denen der Zugang über das Internet erfolgt. Sie stellen nur ein Zwischenschritt dar. In Zukunft wird jeder von uns über eigene Quantencomputer verfügen. Quantencomputer können "schwierige", sogenannte NP-Probleme wesentlich schneller berechnen als klassische Computer. Dieser Problemtyp taucht beispielsweise in der Logistik, im Bereich der synthetischen Chemie sowie in der Finanzwirtschaft auf. Entsprechend dem Moore'schen Gesetz verdoppelt sich die Rechenleistung konventioneller Rechner alle 18 Monate. Derzeitige Strukturgrößen der kleinsten Transistoren mikroelektronischer Schaltkreise liegen im Bereich weniger Nanometer, eines Millionstels eines Millimeter. Die Fabriken und Anlagen zur Herstellung kosten inzwischen mehrere Milliarden Euro und die Entwicklung eines einzigen entsprechenden Produkts sprengt ebenfalls die Milliardenkostengrenze. Daher ist ein neuer, disruptiver Ansatz erforderlich, um den weiterhin steigenden Bedarf an Rechenleistung zu sättigen. Diese Technologie ist das Quantum-Computing.

Quanteneffekte zeigen sich insbesondere dann, wenn die Quantenobjekte tiefgekühlt sind. Eine aufwändige Kühlanlage kühlt daher die meisten heutigen Quantencomputer in einem Dewar-Gefäß – sozusagen einer Hochleistungs-Thermoskanne – auf wenige Bruchteile eines Grades über dem absoluten Nullpunkt. Die Kühlvorrichtung selbst ist sehr komplex und umfangreich und benötigt eine erhebliche Infrastruktur und einen großen Mitarbeiterstab, deren Initialisierungskosten im zweistelligen Millionenbereich liegen. Solche Anlagen erinnern daher an den ENIAC-Rechner der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts, der eine Fläche von 10 m × 17 m beanspruchte und 27 Tonnen wog. Der Mainframe-Ansatz – ein Superrechner, der über viele Terminals bedient wird – war daher lange Zeit die Standardnutzungssituation konventioneller Rechner bis in die Mitte der 70er Jahre. Erst die Desktop-Geräte wie Apple I, Apple II, IBM, Commodore 64, Atari (und viele andere) öffneten die Welt für die Demokratisierung der Rechenleistung. Es folgten die Vernetzung über Modems und dann das Internet. Die Quantencomputer werden den gleichen Weg gehen.

Für einen Quantencomputer benötigt man zunächst Quantenbits, die mit anderen Quantenbits verschränkt werden können. Ein Quantenbit unterscheidet sich von einem normalen Bit dadurch, dass es nicht nur den Wert 0 oder 1 annehmen kann, sondern auch so eingestellt werden kann, dass es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von X% den Wert 1 und mit einer dementsprechenden Wahrscheinlichkeit von (100-X)% den Wert 0 einnimmt. Wenn man nun mehrere Quantenbits – beispielsweise eine Anzahl N – miteinander koppelt (genauer: verschränkt), entsteht ein Quantenregister, das dann mit N verschränkten Quantenbits 2n Zahlen gleichzeitig beinhalten kann. Es stellt das Herzstück eines Quantencomputers dar. Das Besondere ist nun, dass alle Manipulationen des Quantenregisters auf alle in diesem Quantenregister vorhandenen Zahlen gleichzeitig wirken. In einem Quantencomputer rechnet man also mit riesigen Zahlenmengen statt einzelnen Zahlen und alle Zahlen werden gleichzeitig in der gleichen Art und Weise manipuliert. Sind alle Operationen durchgeführt, enthält das Quantenregister alle möglichen Lösungen, die mit diesen Zahlenmengen repräsentiert werden können. Nachgeschaltete schnelle Quanten-Suchalgorithmen (z.B. Grover) werten anschließend diese Lösungen aus und verstärken die Messamplitude des gewünschten optimierten Ergebnisses. Beim anschließenden Auslesen werden somit genau diese gewünschten Lösungen mit hoher Wahrscheinlichkeit wiedergegeben. Wofür ein klassischer Rechner tausende Jahre brauchen würde, lässt sich mit einem Quantencomputer so in wenigen Sekunden errechnen.

Für die Realisierung dieser Quantencomputer gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zum Ersten beruhen die bereits erwähnten ultrakalten Quantencomputer auf Supraleitern mit dem Nachteil der extremen Kühlung und der Beschränkung auf Mainframe-Nutzungen. Zum Zweiten gibt es raumtemperaturfähige Quantencomputer auf Basis photonischer Systeme. Photonen – das sind die Quanten des Lichts – zeigen jedoch nur dann Verschränkung, wenn sie in gekoppelten Prozessen

erzeugt wurden. Die Realisierung von Quantenoperationen mit Verschränkungen von Photonen ist daher nur eingeschränkt möglich. Die verfügbaren Systeme benötigen hochqualitative Laser und hochempfindliche Detektoren. Zum Dritten gibt es Ionen-basierende Systeme, bei denen Ketten einzelner Ionen in einer Ionenfalle in einem Höchstvakuum in einen Schwebezustand gebracht, mit einem Laserstrahl gekühlt und mittels Laserpulsen oder Mikrowellen miteinander verschränkt werden können. Operationen mit 24 Qubits und eine hohe Fidelity als Qualitätsmaß für Quantenbits konnten gezeigt werden. Eine Herausforderung stellt die Miniaturisierung des Vakuumgefäßes und die komplexe Bedienung dar. Zum Vierten existieren Quantencomputer, die Farbzentren in Kristallen als Quantenbits nutzen.

Schon 1995 postulierte Kane, dass mit 32P-Isotopen in Silizium ein Quantencomputer aufbaubar wäre. Die zu niedrige Debye-Temperatur von Silizium behindert die Nutzung ohne Kühlung. Es treten zu viele Rechenfehler auf. Die notwendige Tiefkühlung macht normale Siliziumelektronik aber funktionsuntüchtig. Diamant ist ein alternatives, geeignetes synthetisierbares Material aus Kohlenstoff. Ende der 1990er Jahre erkannten Jörg Wrachtrup und sein Team [1], dass das NV-Zentrum in Diamant (eine Kombination eines Stickstoffatoms (N=nitrogen) mit einem fehlenden Kohlenstoffatom (V=vacancy)) sich für einen Raumtemperaturquantencomputer eignet. Bereits 2003 präsentierten wir auf der Diamanten-Konferenz in Riva del Garda, dass eine künstliche, lokalisierte Erzeugung von NV-Zentren möglich war, allerdings damals nur mit niedriger Ausbeute [2]. Erst vor wenigen Jahren haben wir die Ausbeute durch eine Schwefelzugabe drastisch erhöht und ermöglichen damit die Herstellung von NV-Zentren-Arrays [3]. Anfang des Jahres 2022 präsentierten wir zum ersten Mal einen mobilen, raumtemperaturfähigen Quantencomputer, der sich durch eine hohe Qubit-Fidelity von 99,9% [4] gegenüber 90% bei supraleitenden Quantenbits auszeichnet und neben den NV-Zentren auch nukleare Spins von Atomkernen als Quantenbits nutzt. Quantenalgorithmen sind auf dem Personal Quantum Computer (PQC) ablauffähig. Diese sind sogar noch stabiler als Elektronenspins. Hierdurch werden Dekohärenz-Zeiten im Bereich von Sekunden bis Minuten statt im Bereich von Millisekunden erreicht. Somit ist der Weg frei für den Quantencomputer für jedermann, den PQC® [5].

Autoren: Dr. Bernd Burchard (Essen), Prof. Jan Meijer (Bochum)

Referenzen
[1] A. Gruber, J. Wrachtrup et al., Science, 276, 5321, 2012-2014 (1997)
[2] T. Lühmann et al., Nat Commun 10, 4956 (2019)
[3] J. Meijer et al., Appl. Phys. Lett. 87, 261909 (2005)
[4] J. Meijer, M. Grundmann, in Vorbereitung
[5] S. Pezzagna, J. Meijer et al., Appl. Phys. Rev. 8, 011308 (2021)

Abbildung: Das Gründerteam und die Investoren der SaxonQ GmbH mit ihrem lieferbaren mobilen Raumtemperatur-Quantencomputer.

(© SaxonQ GmbH, www.saxonq.com)

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin

SaxonQ

Qubits In Diamond Diamond. The ideal host for our high-fidelity qubits. Calibrated once, diamond provides eternal functionality. The SaxonQ diamond chip contains billions of carbon atoms. Our qubits are made from individual nitrogen atoms...mehr...