Strukturierte Zink(oxid)schichten
Das Gemeinschaftsprojekt befasst sich mit der Entwicklung eines umweltverträglichen Beschichtungssystems für komplexe Stahlsubstrate mit herausragendem kathodischem Korrosionsschutz durch die Kombination von elektrochemisch hergestellten mikrostrukturierten Zinküberzügen und nanostrukturierten Zinkoxiddeckschichten.
Derzeit kommen bei Cr-basierten Passivierungen häufig umwelt- und gesundheitskritische Stoffe wie Chrom (VI), Kobalt und Nickel zum Einsatz. Wird auf diese Inhaltsstoffe verzichtet, leiden oft z. B. die Korrosionsschutzeigenschaften darunter. Getestet wurden bereits verschiedene Zink- und Zinklegierungsabscheidungen, Konversionsschichten sowie nanokristalline Beschichtungen. Jedoch gibt es bisher keine kathodischen Korrosionsschutzsysteme, mit denen die Korrosionsschutzeigenschaften der Zinkschicht gezielt durch Nanostrukturierung eingestellt werden. Auch der gezielte Verzicht auf gesundheitsschädliche Schwermetallverbindungen wurde bislang nicht verfolgt.
Aus diesem Grunde wurde 2017 ein Gemeinschaftsprojekt ins Leben gerufen. Die drei Verbundpartner (Universität Paderborn, Parker Hannifin und Dörken MKS) haben sich zum Ziel gesetzt, ein umweltverträgliches System zur elektrochemischen Abscheidung eines neuartigen Beschichtungswerkstoffes auf Stahl zu entwickeln. Schlüssel zum Erfolg ist dabei die Abscheidung von innovativen Zink-, Zinklegierungs- und Hybridschichten, die mit einer nanostrukturierten, anorganischen Passivierungsschicht kombiniert werden. Das Besondere an dem multifunktionalen Beschichtungssystem: Unter der Verwendung ausschließlich umweltschonender Rohstoffe und Prozessführung soll das Leistungsniveau trotzdem über dem bereits hohen Niveau üblicher Cr(VI)/Ni/Co-haltiger Systeme liegen. Gleichzeitig strebt das Projektteam dank des neuen Systems eine verbesserte Lebensdauervorhersage an.
Eine Vernetzung innerhalb der Wertschöpfungskette
Die Universität Paderborn, der chemische
Industrie-/Beschichtungsentwickler Dörken MKS und der Beschichter und
gleichzeitig Endanwender Parker Hannifin erarbeiten gemeinschaftlich die
Grundlagen für die neue Technologie. Während die Universität Paderborn die
Koordination der Schichtstrukturentwicklung verantwortet, bildet Dörken MKS das
zentrale Bindegliedzwischen der universitären Forschung und der Nutzung der
Funktionsmaterialien, indem die grundlegenden Erkenntnisse in
Schichttechnologien umgesetzt werden. Parker Hannifin koordiniert die
Überprüfung der Eigenschaften der Schichtsysteme in Kombination mit den
technisch relevanten Bauteilen.
So gibt es ein perfektes Zusammenspiel aus Laborexperimenten und Anwendung unter technischen Bedingungen.
Projektaufbau – Von der Theorie in die Praxis
Zunächst einmal sollen neuartige Zinkschichten mit definierter
Mikro- und Nanostruktur entwickelt und analytisch untersucht werden. Darauf
aufbauend soll eine nanostrukturierte halbleitende Schicht entstehen, deren
Abscheideprozess detailliert untersucht und optimiert wird. Gleichzeitig wird
ein neuartiges Versiegelungssystem erarbeitet. Bei diesen beiden Entwicklungsstufen
wird besonders darauf geachtet, dass die eingesetzten Rohstoffe
umweltverträglich sind. Anschließend erfolgen die Untersuchung der Wirkung des
Gesamtschichtsystems und die Ausformung eines materialwissenschaftlichen
Modellbildes. Dieses Modellbild sowie die analytischen Ergebnisse dienen als
Grundlage für die Prozesskontrolle und Steuerung.
Das entwickelte System und die Prozesse sollen anschließend auf ausgesuchten Teilen auf einer Technikumsanlage angewendet und getestet werden. Dabei werden begleitend zu allen Versuchen auch technische Prüfungen durchgeführt, die die Leistungseigenschaften der neuentwickelten Systeme im Vergleich zu „state-of-the-art“ Systemen zeigen.
Gemeinschaftlich arbeiten heißt gemeinschaftlich aufteilen
Die Erkenntnisse aus dem Projekt und das entwickelte
Schichtsystem sollen nach Möglichkeit patentiert und anschließend in Produkten
umgesetzt werden. Auf-bauend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird die Firma
Dörken MKS Beschichtungsprodukte entwickeln, die sowohl im Trommel- wie auch im
Gestellprozess für galvanische Beschichter anwendbar sind. Die Verwertung der
wissenschaftlichen Ergebnisse erfolgt vorrangig durch die Universität Paderborn
im Rahmen von internationalen, wissenschaftlichen Tagungen und durch die Veröffentlichung
in referierten internationalen Journalen. Parker Hannifin ist durch das Projekt
bereits in einer sehr frühen Phase in die Entwicklung von neuen Beschichtungen
eingebunden und kann so aus Sicht des Kunden Rückmeldung auf die Entwicklungsrichtung
geben.
Fazit
Ziel ist es, mit dem Projekt eine vollkommen neue Art von
korrosionsschützenden Beschichtungssystemen und detaillierte Kenntnisse über
deren Einstellbarkeit und Anpassbarkeit verfügbar zu machen. Der Verzicht auf
die toxischen Schwermetalle wie Nickel, Cobalt und Chrom vereinfacht dabei die
Recyclefähigkeit deutlich und erlaubt z. B. die Materialien ohne weiteres der
Stahlerzeugung als Kühlschrott wieder zuzuführen.
Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.
Abbildung 1: REM-Aufnahme von einer unbehandelten, elektrolytisch verzinkten Stahloberfläche. Bildquelle: Universität Paderborn
Abbildung 2: Elektrolytisch verzinkter Stahl mit anschließender Aufhellung, um Verunreinigungen auf der Oberfläche zu entfernen. Bildquelle: Universität Paderborn
Abbildung 3: REM-Aufnahme von Zinkoxid-Nanostäbchen auf dem gesäuberten elektrolytisch verzinkten Stahl. Bildquelle: Universität Paderborn