Hochdruckwasserstrahlen zum flächigen Materialabtrag von hochfesten Werkstoffen erprobt
© Fraunhofer IPT Demonstratorbauteil, das am Fraunhofer IPT in einer Wasser-Abrasivstrahl-Bearbeitung durch flächiges Abtragen gefertigt wurde.
Beim Fräsen hochfester Werkstoffe wie Oxidkeramik oder Sondermetalle –
und besonders bei der Schruppbearbeitung – verschleißen Werkzeuge
schnell. Für Unternehmen ist die Bearbeitung dieser Werkstoffe deshalb
mit hohen Kosten verbunden. Im Projekt »HydroMill« hat das
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen mit seinen
Projektpartnern nun gezeigt, dass sich der Hochdruckwasserstrahl zum
flächigen Materialabtrag von hochfesten Werkstoffen eignet. War der
Einsatz von Wasserstrahlen bislang auf die Schneidbearbeitung
beschränkt, zeigen die Projektergebnisse, wie sich hochfeste Werkstoffe
kosten- und ressourcenschonender als bisher flächig abtragen lassen.
Diese neue und zur konventionellen Schruppbearbeitung alternative Anwendung der Wasserstrahlbearbeitung untersuchten die Aachener Ingenieure gemeinsam mit ihren Unternehmenspartnern während eines dreijährigen Forschungsprojekts: Die Anwendung von Hochdruckwasserstrahlen zum flächigen Materialabtrag hochfester Oxidkeramik oder metallischer Sonderwerkstoffe verspricht deutliche Kosteneinsparungen für Unternehmen in der Werkzeugbaubranche und im Turbomaschinenbau. Während der Entwicklung des Bearbeitungsprozesses haben die Projektpartner einen besonders ressourcenschonenden Einsatz von Granatsand berücksichtigt, ein Abrasivstoff, der in den sogenannten Wasser-Abrasivstrahlen verwendet wird. Um komplexe 3D-Geometrien herstellen zu können, wurde die Strahlführung der Wasserstrahlanlage 5-achsig ausgeführt.
Was sind Wasser-Abrasivstrahlen?
Wasser-Abrasivstrahlen sind ein Gemisch aus Wasser, Granatsand und
Luft, das unter dem Druck von bis zu 6000 bar über eine Hartmetalldüse
zu einem Bearbeitungsstrahl geformt wird. In der Anwendung wird das
Gemisch mit zwei- bis dreifacher Schallgeschwindigkeit auf den Werkstoff
gerichtet. Solche Hochdruckwasser-Abrasivstrahlen dienten bisher
vorwiegend zum Schneiden und Trennen von Werkstoffen.
Deutlich geringere Werkzeugkosten bei der Wasser-Abrasivstrahl-Bearbeitung
Neu hingegen ist der Einsatz von Wasser-Abrasivstrahlen, um das
Material des Werkstücks, ähnlich wie bei der Schruppbearbeitung mit dem
Fräswerkzeug, flächig abzutragen. Der Abrasivstoff im Strahl kommt
anstelle des Werkzeugs in mechanischen Kontakt mit dem hochfesten
Werkstoff. Dabei unterliegen zwar die Hartmetalldüse zur Fokussierung
und der Abrasivstoff selbst einem Verschleiß, dieser verursacht jedoch
erheblich geringere Kosten als der Werkzeugverschleiß, der beim Fräsen
an der Werkzeugschneide entsteht.
Forschungsschwerpunkte im Projekt »HydroMill«
Die physikalischen Eigenschaften des abtragenden Wasserstrahls müssen
während des Bearbeitungsprozesses in der CAM-Programmierung
berücksichtigt werden. Um die Oberfläche des Werkstücks mit dem
Wasserstrahl gleichmäßig abzutragen, spielt deshalb die
softwaregesteuerte Bahnplanung des Strahls eine wichtige Rolle. Die
Projektpartner haben dazu grundlegende CAM-Bearbeitungsstrategien aus
der Frästechnologie übernommen und die für den Wasserstrahl relevanten
Parameter wie die Bewegungsgeschwindigkeit der Strahlführung, die Menge
an Abrasivstoff oder den Systemdruck an den Prozess angepasst.
Direkt in die Wasserstrahlanlage wurde außerdem eine neu entwickelte
Messtechnik integriert, die anhand einer berührungslosen Messung des
Werkstücks die Ergebnisqualität und die Einhaltung der Toleranzen prüft.
Zusätzlich hat das Projektkonsortium die Recyclingfähigkeit der
unterschiedlichen Abrasivstoffe, die im Prozess verwendet wurden,
untersucht und bewertet. Ein Großteil des getesteten Granatsands war
nach dem Einsatz wiederverwendbar. Zum Abschluss des Projekts konnte die
Eignung der Wasser-Abrasivstrahl-Bearbeitung zur Herstellung von
3D-Geometrien aus hochfestem Werkstoff nachgewiesen werden. Am
Fraunhofer IPT fertigten die Ingenieure dazu in dem neuen Verfahren
entsprechende Demonstratorbauteile an.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) getragen und durch das Forschungsprogramm
»Hochleistungsfertigungsverfahren für die Produkte von Morgen« gefördert
(Förderzeichen: 2PN2230).
Projektpartner
- Carl Zeiss Optotechnik GmbH, Neubeuern
- Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Aachen
- H.G. Ridder GmbH, Hamm
- Kuhmichel GmbH, Ratingen
- Module Works GmbH, Aachen