DeutschEnglish

Verstärker für Terahertz-Gitterschwingungen in einem Halbleiterkristall

Abb. 1. (a) Phonon-Absorption und (b) stimulierte Emission von sogenannten longitudinalen optischen (LO) Phononen (geschlängelte Kurven) in der Leitungsbandstruktur (schwarze Parabel: Elektronenenergie als Funktion des Elektronenimpulses) des Halbleiters Galliumarsenid (GaAs). (a) Die blauen Kreise unterschiedlicher Größe repräsentieren eine Elektronenverteilung bei Raumtemperatur. Ein Phonon wird absorbiert (entfernt), wenn ein Elektron von einem besetzten Zustand in einen unbesetzten bei höherer Energie angehoben wird. (b) Ein starkes THz-Feld (grüner Doppelpfeil) verschiebt die Elektronen-Verteilung und bildet eine Besetzungsinversion aus. Jetzt kann die stimulierte Emission eines Phonons die Anzahl der Phononen vergrößern, indem das Elektron den umgekehrten Streuprozess durchführt. (c) Schema der Proben-Architektur. Diese ist mit einem Gitter von (orangenen) “Hundeknochen”-Antennen bedeckt, welches die elektrischen Felder (entlang der gestrichelten Linien) unterhalb der geladenen Resonatorarme erhöht. (d) Die gemessene Amplitude (Fläche unter den Maxima) von kohärenten Phononen als Funktion der Zeit zeigt eine zehnfache Verstärkung innerhalb einer Zeitspanne von 1.5 Pikosekunden.

In Analogie zur Verstärkung von Licht in einem Laser wurden
Gitterschwingungen in einem Halbleiterkristall, sogenannte Phononen, mittels eines elektrischen Stromes verstärkt. Nach Anregung einer Metall-Halbleiter-Nanostruktur mit intensiven Terahertz(THz)-Impulsen beobachtet man eine zehnfache Erhöhung der Amplitude von longitudinal optischen (LO) Phononen, die mit 9 THz oszillieren. Eine Kopplung solcher Gitterschwingungen an propagierende Schallwellen hat ein großes Potential für Ultraschall-Abbildungssysteme mit einer Ortsauflösung im Sub-Nanometerbereich.

Ein Laser beruht auf einem fundamentalen Prinzip der Physik: die Lichtverstärkung mittels stimulierter Emission von Strahlung, engl. (L)ight (A)mplification by (S)timulated (E)mission of (R)adiation. Dieses Konzept, das 1916 von Einstein theoretisch vorhergesagt und 1961 erstmals experimentell demonstriert wurde, kann auf Schwingungsquanten eines Kristalls, d.h. Phononen übertragen werden.  Ein Kristall besteht aus einer regelmäßigen Anordnung (Gitter) von Atomen im Raum. Phononen wechselwirken mit den Elektronen des Kristalls und können von diesen absorbiert oder emittiert werden. Eine Nettoverstärkung von Phononen erhält man, wenn pro Sekunde mehr Schwingungsquanten mittels stimulierter Emission erzeugt werden, als durch Absorption vernichtet werden. In anderen Worten, es müssen mehr Elektronen da sein, die Phononen emittieren als solche die Phononen absorbieren. Dieser Unterschied wird in Abb. 1 illustriert, die die Elektronenenergie als Funktion des Elektronenimpulses zeigt und nahezu einem parabelförmigen Verlauf entspricht. Für eine thermische Gleichgewichtsverteilung von Elektronen bei Raumtemperatur [blaue Kreise unterschiedlicher Größe in Abb. 1(a)] sind Elektronenzustände bei höheren Energien schwächer bevölkert als solche bei niedrigeren Energien. Das führt zu einer Nettoabsorption von Phononen. Stimulierte Emission tritt auf, wenn eine sogenannte Besetzungsinversion zwischen zwei Elektronzuständen auftritt, die sowohl in der Energie als auch im Impuls wie das Phonon im Kristall separiert sind [Abb. 1(b)]. Für optische Phononen ist diese Bedingung sehr schwer zu erfüllen, weil diese eine vergleichbar große Energie besitzen.

Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin, der Sandia National Laboratories, Albuquerque, New Mexico und der State University of New York at Buffalo, New York (USA) haben jetzt die Verstärkung von optischen Phononen in einer speziell konzipierten Metall-Halbleiter-Nanostruktur demonstriert [Abb. 1(c)]. Das System besteht aus metallischen „Hundeknochen“-Antennen, die auf eine geschichtete Halbleiterstruktur aus GaAs und AlAs aufgebracht wurde.  Diese Struktur wird mit einem kurzen Impuls bei THz-Frequenzen bestrahlt. Zum einen regt der THz-Impuls longitudinale optische (LO) Phononen an,  zum anderen erzeugt er einen Elektronenstrom in der dicken GaAs-Schicht.  Die LO-Phononen schwingen mit einer Frequenz von 9 THz (9 000 000 000 000 Hertz, das ist 450-Millionen-mal höher als die höchste Frequenz, die Menschen hören können) und werden durch Wechselwirkung mit den Elektronen verstärkt. Die Stärke oder Amplitude der Gitterschwingungen wird über eine zeitliche Veränderung des Brechungsindexes des Materials verfolgt. Diese Veränderung wird mit Hilfe eines zweiten THz-Impulses bei einer höheren Frequenz gemessen. Die zeitliche Entwicklung der Phononanregung ist in Abb. 1(d) gezeigt. Die Abfolge der Maxima zeigt eine Nettoverstärkung der Phononen, wobei die gelbe Fläche unter der Kurve ein Maß für die Schwingungsamplitude darstellt. Der beigefügte Film zeigt die raumzeitliche Entwicklung der kohärenten Phonon-Amplitude. In Abhängigkeit von der Phase der THz-Impulses beobachtet man sowohl zeitliche Phasen mit Phonon-Abschwächung [Situation Abb. 1(a)] als auch Phasen der Phonon-Verstärkung [Situation Abb. 1(b)].  Das vorgestellte Experiment etabliert ein grundlegendes Konzept der Phononverstärkung.  Eine anwendungsreife Quelle für Hochfrequenz-Schallwellen erfordert eine deutliche Erhöhung der Verstärkung. Eine solche Quelle ist von Interesse für Ultraschallabbildungen auf der Längenskala von biologischen Zellen.  Während die nicht-propagierenden optischen Phononen nicht für die Bildgebung eingesetzt werden können, kann man diese in einem Nachbarkristall in akustische Phononen transformieren und dann zur Sonographie einsetzen.