Nächster Schritt zu magnetischen organischen Molekülen
Enrique Mendez-Vega ist Teil des Bochumer Teams, das die magnetischen Moleküle produziert. © RUB, Kramer
Im Gegensatz zu metallischen Magneten könnten Magnete aus organischen Molekülen leicht, transparent, biegsam oder flüssig sein. Normalerweise sind sie allerdings instabil.
Neue Moleküle mit magnetischen Eigenschaften hat ein Team des Exzellenzclusters Ruhr Explores Solvation an der Ruhr-Universität Bochum erzeugt. Anders als viele frühere organische Magnete waren die Moleküle auch in Anwesenheit von Wasserstoff und Sauerstoff stabil. Ihre magnetischen Eigenschaften blieben bis zu minus 110 Grad Celsius erhalten – was für diese Verbindungen relativ warm ist. Gemeinsam mit Kollegen von der Russischen Akademie für Wissenschaften in Chernogolovka beschreibt das Team um Prof. Dr. Wolfram Sander, Lehrstuhl für Organische Chemie II, die Ergebnisse in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ vom 2. Juli 2019.
Organische Magnete könnten gegenüber herkömmlichen metallischen Magneten viele Vorteile haben: Sie wären leicht, transparent, kostengünstig und könnten biegsam oder sogar flüssig sein. Ihre magnetischen Eigenschaften könnten sich mit Licht an- und ausschalten lassen. „Häufig sind organische magnetische Moleküle allerdings instabil“, sagt Wolfram Sander. „Sie reagieren leicht mit anderen Molekülen oder verlieren ihre magnetischen Eigenschaften, wenn sie Licht oder Wärme ausgesetzt sind.“
Magnetismus durch ungepaarte Elektronen
Magnetismus entsteht, wenn sich elektrische Ladungen bewegen; das
Phänomen kann in jedweder Materie gefunden werden, allerdings in
unterschiedlicher Stärke. Für organische Magnete haben sich die
sogenannten Arylnitrene als vielversprechende Moleküle erwiesen. „Sie
besitzen zwei ungepaarte Elektronen mit einer starken magnetischen
Interaktion und sind relativ leicht herzustellen“, sagt Enrique
Mendez-Vega, einer der Autoren der Veröffentlichung.
Noch stärkere magnetische Eigenschaften erhofften sich die Forscher durch eine Kombination mehrerer Nitrene. In der aktuellen Arbeit setzten sie drei Nitrene zu einem Tri-Nitren zusammen, das folglich sechs ungepaarte Elektronen enthielt. Ihr Syntheseweg erzielte dabei hohe Ausbeuten.
Obwohl das Tri-Nitren sechs ungepaarte Elektronen besaß – üblicherweise eine Eigenschaft, die Moleküle reaktionsfreudig macht –, reagierte es nicht mit Sauerstoff und Wasserstoff, sondern blieb stabil. Die Forscher hatten es in eine Wassermatrix eingebettet, die zudem verhinderte, dass sich reaktionsfreudige Einheiten des Moleküls zusammentaten, wodurch die magnetischen Eigenschaften verlorengegangen wären.
Nächstes Ziel: Stabil bei Raumtemperatur
„Die Tri-Nitrene sind vielversprechende Kandidaten für die
Entwicklung organischer Magnete, da sie relativ leicht in größeren
Mengen hergestellt werden können, stabil sind und stark magnetisch
sind“, so Wolfram Sander. „Wir arbeiten nun daran, sie auch bei normalen
Umgebungsbedingungen, beispielsweise Raumtemperatur stabil zu
bekommen.“