Photostrukturierbare Pasten für 5G-Anwendungen
© Fraunhofer IKTS Durch die strukturierte Photomaske dringt das UV-Licht auf das Substrat und härtet gezielt die Polymere in der aufgebrachten Dickschicht für die bis zu 20 Mikrometer feine Endstruktur aus.
Die Miniaturisierung ist seit Jahren Hauptentwicklungstreiber in der Elektronik. Dies gilt uneingeschränkt auch für keramikbasierte Schaltungsträger, die sich etwa durch ihre hervorragende Eignung für Hochfrequenzschaltungen auszeichnen. Die klassische Dickschichttechnik zur Herstellung der benötigten Leiterzüge stößt bei steigenden Anforderungen jedoch an ihre Grenzen. Eine neue Generation von Dickschichtpasten und deren photo-lithografische Strukturierung ermöglichen nun die Herstellung extrem hochaufgelöster Dickschichtstrukturen, die für 5G-Anwendungen erforderlich sind: Massen- und industrietauglich, mit geringen Investitionskosten und kaum höherer Produktionszeit. Forscherinnen und Forscher vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS präsentieren die neuartigen Pasten auf der Messe Productronica in München vom 12. bis 15. November in Halle B2, Stand 228.
Der nächste Standard des mobilen Internets und der Mobiltelefonie steht an: 5G, kurz für »fifth generation«. Südkorea, die Schweiz und einige US-amerikanische Städte nutzen 5G bereits, in Deutschland wurden die Lizenzen im Juni 2019 versteigert. Der neue Standard heißt allerdings auch: Die notwendige Elektronik für das Senden und Empfangen der Signale benötigt deutlich feinere Strukturen als bisher. Dies gilt auch für die zugehörigen Antennen, die im ersten Schritt bei 3.6 GHz, später bei höheren Frequenzen arbeiten werden. Die bisherig genutzte Dickschichttechnik hat in puncto Miniaturisierung jedoch ihre Grenze erreicht: Bei einer Auflösung von etwa 50 Mikrometern ist heute Schluss – zumindest was die industrielle Umsetzung anbelangt. Das bedeutet: Die einzelnen elektrischen Strukturen wie Leiterbahnen sind minimal 50 Mikrometer breit. Für 5G sind jedoch 20 Mikrometer oder feinere Strukturen notwendig.
Strukturen mit einer Auflösung von nur 20 Mikrometern
Forschende des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und
Systeme IKTS in Dresden konnten diese Herausforderung nun in Kooperation
mit der britischen Firma MOZAIK lösen. Hierzu wurde bereits im Juni
2019 eine Lizenzvereinbarung unterzeichnet. »Wir können Leiterbahnen mit
einer Strukturauflösung von 20 Mikrometern und kleiner herstellen«,
sagt Dr. Kathrin Reinhardt, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IKTS. »Das
Verfahren ist massen- und industrietauglich, die Investitionskosten sind
gering.«
Als Basis wird dabei die bisherige Siebdrucktechnologie verwendet –
so können die Anwender ihre Anlagen weiterhin wie gewohnt nutzen. Das
Prinzip des Siebdrucks: Man positioniert ein Sieb mit der gewünschten
Druckstruktur über einem Substrat, appliziert die Dickschichtpaste durch
die Sieböffnungen und überträgt so die gewünschte Druckstruktur. Danach
wird die abgeschiedene Schicht getrocknet und anschließend bei hohen
Temperaturen gesintert, wobei die finalen funktionellen
Schichteigenschaften erzeugt werden. Da die für die Siebe verwendeten
Edelstahldrähte jedoch nicht beliebig dünn hergestellt werden können,
hat der Siebdruck in puncto Strukturauflösung und -qualität bei 50
Mikrometern sein Limit erreicht.
Photo-Imgaging (PI) für Pasten – lediglich 15 bis 30 Sekunden zusätzlich
Die sogenannte PI-Technologie fügt diesem Standardverfahren nun noch
zwei Schritte hinzu. »Nachdem die Dickschichtstrukturen auf dem Substrat
getrocknet sind, positionieren wir eine Photomaske mit der gewünschten
Endstruktur über dem Substrat«, erläutert Reinhardt. Dann belichten wir
das Ganze mit UV-Strahlung: Dort, wo die Photomaske Strukturöffnungen
aufweist, dringt das UV-Licht in die Schicht ein und härtet das darin
enthaltene Polymer aus. An den Stellen jedoch, an denen die Maske die
Schicht verdeckt, bleiben die Polymere unvernetzt. Nun folgt der zweite
zusätzliche Schritt: Ein nasschemischer Entwicklungsprozess auf
wässriger Basis. Dieser entfernt die Bereiche der Schicht, deren
Polymere nicht vernetzt sind – sprich, die von der Maske bedeckt waren.
An allen anderen Stellen bleibt die Dickschicht haften. Das heißt: Die
zuvor 50 Mikrometer breiten Strukturen lassen sich durch diesen Prozess
auf die gewünschten 20 Mikrometer reduzieren, die Endstruktur wird dabei
durch die Photomaske vorgegeben. Nun geht es zurück zum gewohnten
Ablauf, in dem das Substrat gesintert wird. Zwar klingt all das recht
aufwändig – doch der Schein trügt: »Die beiden Verfahren nehmen jeweils
lediglich 15 bis 30 Sekunden in Anspruch und lassen sich daher
problemlos in die Fertigung integrieren«, weiß Reinhardt.
PI-Pasten für Anwender sind verfügbar
Für das Funktionieren der PI-Technologie sind maßgeschneiderte
Dickschichtpasten notwendig: Diese sind so zusammengesetzt, dass sie
unter der UV-Beleuchtung zuverlässig aushärten, jedoch von Tageslicht
unbeeinflusst bleiben. Ein kostspieliger Gelb-Raum ist daher nicht
nötig. Das PI-Know-how besteht in der präzisen Abstimmung der
Bestandteile der Pasten. Diese sind im Falle von Metallisierungspasten:
Pulverförmiges Metall (Silber, Gold oder Legierungen), aus dem die
späteren Strukturen bestehen sollen, das UV-vernetzende Polymer sowie
andere Additive. Ist zu viel Metall in der Paste, vernetzt die Schicht
unter dem UV-Licht nicht ausreichend – in diesem Fall würde die Schicht
beim Entwicklungsprozess vom Substrat gespült. Ist dagegen zu viel
Polymer vorhanden, sind die erzeugten Metallstrukturen porös und können
ihre Funktion nicht erfüllen. »Wir mussten bei der Entwicklung der
Pasten also zwei Parameter mehr berücksichtigen als üblich: Nicht nur
die Funktionalität, sondern auch die Schritte der Belichtung und
Entwicklung«, sagt Reinhardt. Bei den Pasten für Silber und Gold ist
dies den Pastenentwicklern bereits gelungen. Derzeit arbeiten sie an
Platin- und Widerstandspasten. Auf der Messe Productronica vom 12. bis
15. November 2019 in München stellen die IKTS-Forschenden ihre
Entwicklung erstmalig vor (Halle B2, Stand 228).
Entsprechende Produktionsanlagen sind in der Entwicklung
Die italienische Firma Aurel entwickelt bereits entsprechende
Produktionsanlagen, die exakt auf die PI-Pasten aus dem Fraunhofer IKTS
abgestimmt sind. Auch diese werden auf der Productronica präsentiert
(Halle A2, Stand 481). »Die vielversprechende Technologie ist als
kostengünstige, einfache Integration in Standard-Dickschichtverfahren
gedacht, in denen Aurel über 50 Jahre Erfahrungen verfügt. Daher
entschied sich Aurel dafür, Hochleistungsgeräte (LED-Belichtung und
Sprühstrahlanlagen) für die Klein- und Großserienfertigung auf den Markt
zu bringen. Die Aurel-Anlagen können als eigenständige Einheiten oder
Module konzipiert werden, die in eine vollautomatische Linie integriert
werden und dabei die typischen Taktzeiten einer
Standard-Dickschichtfertigungslinie erreichen können. Feine Linien und
kombinierte Strukturen sind eine kostengünstige Alternative für
Dünnschicht- und Festkörper-Designs mit Anwendungen wie HF- und
Mikrowellenmodulen, Sensoren, Chipkomponenten, 3D-Stapelinterposer und
Fan-Out-Substraten«, sagt Fabio Pagnotta, Sales & Marketing Manager
der Firma Aurel.