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Eine Einbahnstraße für Licht

Am Messtisch: (von links) Frank Vewinger, Martin Weitz, David Dung, Erik Busley und Christian Kurtscheid im Labor des Instituts für Angewandte Physik der Universität Bonn. (c) Foto: Volker Lannert/Uni Bonn

Licht lässt sich in unterschiedliche Richtungen lenken, meist auch wieder den gleichen Weg zurück. Physiker der Universität Bonn und der Universität zu Köln haben dagegen eine neuartige Einbahnstraße für Licht erschaffen. Photonen kühlen sie zu einem Bose-Einstein-Kondensat ab, was in ihrem Aufbau dazu führt, dass sich das Licht in optischen Mulden sammelt, aus denen es nicht mehr zurück kann. Das Resultat aus der Grundlagenforschung könnte auch für die Quantenkommunikation der Zukunft interessant sein. Das renommierte Journal „Science“ stellt nun die Ergebnisse vor.

Um einen Lichtstrahl zu teilen, lenkt man ihn üblicherweise auf einen teilweise reflektierenden Spiegel: Ein Teil der Lichts wird dann zurückgeworfen und damit das Spiegelbild erzeugt. Der Rest geht durch den Spiegel hindurch. „Dieser Vorgang ist jedoch umkehrbar, wenn die Versuchsanordnung anders herum aufgebaut wird“, sagt Prof. Dr. Martin Weitz vom Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn. Werden der reflektierte und der durch den Spiegel hindurchgegangene Anteil des Lichtes in die Gegenrichtung geschickt, so lässt sich der ursprüngliche Lichtstrahl rekonstruieren.

Der Physiker untersucht exotische optische Quantenzustände von Licht. Mit seinem Team und Prof. Dr. Achim Rosch vom Institut für Theoretische Physik der Universität zu Köln suchte Weitz nach einem neuen Verfahren zur Erzeugung optischer Einbahnstraßen durch Abkühlung der Lichtteilchen (Photonen): Das Licht soll sich durch die dann kleinere Energie der Photonen in verschiedenen Mulden sammeln und dadurch unumkehrbar geteilt werden. Hierfür verwendeten die Physiker ein Bose-Einstein-Kondensat aus Photonen, mit dem Weitz im Jahr 2010 von sich reden machte, weil er erstmals ein solches „Super-Photon“ erzeugte.

Zwischen zwei Spiegeln wird ein Lichtstrahl hin- und hergeworfen. Dabei kollidieren die Photonen mit Farbstoffmolekülen, die sich zwischen den Reflexionsflächen befinden. Die Farbmoleküle „verschlucken“ die Photonen und spucken sie dann wieder aus. „Die Photonen nehmen die Temperatur der Farbstoff-Lösung an“, sagt Weitz. „Dabei kühlen sie sich auf Raumtemperatur ab, ohne verloren zu gehen.“

Indem die Physiker die Farbstofflösung mit einem Laser anregen, erhöhen sie die Zahl der Photonen zwischen den Spiegeln. Die starke Konzentration der Lichtteilchen bei gleichzeitiger Abkühlung sorgt dafür, dass die einzelnen Photonen zu einem „Super-Photon“ verschmelzen, das auch Bose-Einstein-Kondensat genannt wird.

Zwei optische Mulden „fangen“ das Licht
Das aktuelle Experiment des Bonn-Kölner Physikerteams arbeitete nach diesem Prinzip. Allerdings war einer der beiden Spiegel nicht durchgehend flach, sondern zwei optische kleine Mulden waren darin ausgebildet. Gerät der Lichtstrahl in eine der Vertiefungen, wird die Distanz und damit die Wellenlänge ein klein wenig länger. Die Photonen verfügen dann über eine geringere Energie. Durch die Farbstoffmoleküle „kühlen“ diese Lichtteilchen ab und gehen in einen energieärmeren Zustand in den Mulden über.

Allerdings verhalten sich die Photonen in den Vertiefungen nicht wie Murmeln, die über ein Wellblech rollen. Die Murmeln kullern in die Senken des Wellblechs und bleiben dort durch die „Gipfel“ getrennt liegen. „In unserem Experiment liegen die beiden Vertiefungen so dicht beieinander, dass es zu einer Tunnelkopplung kommt“, berichtet Erstautor Christian Kurtscheid aus Weitz‘ Team. Dadurch lässt sich nicht mehr zuordnen, welche Photonen sich in welcher Mulde befinden. „Die Photonen werden in den beiden Mulden festgehalten und gehen dabei in den niedrigsten Energiezustand des Systems über“, erläutert Weitz. „Dadurch wird das Licht wie nach Durchfahrt einer Kreuzung am Ende einer Einbahnstraße unumkehrbar aufgespalten, wobei die Lichtwellen in unterschiedlichen Mulden im Gleichschritt bleiben.“

Die Wissenschaftler hoffen, dass sich mit dieser Versuchsanordnung noch deutlich komplexere Quantenzustände herstellen lassen, die die Erzeugung verschränkter photonischer Mehrteilchenzustände erlauben. „Auf diese Weise könnten Quantencomputer vielleicht einmal miteinander kommunizieren und eine Art Quanten-Internet bilden“, blickt Weitz in die Zukunft.