Schnelles Screening für potenzielle neue Katalysatoren
Die erfolgreiche Arbeitsgruppe: Michael Meischein, Tobias Löffler, Wolfgang Schuhmann, Alan Savan und Alfred Ludwig (von links) © RUB, Marquard
Der Erfolg der Energiewende hängt stark von effizienten Elektrokatalysatoren ab, zum Beispiel für Brennstoffzellen oder CO2-Reduktion. Spezielle Legierungen aus fünf oder mehr Elementen sind vielversprechende Kandidaten. Um in der Überfülle möglicher Kombinationen schnell screenen zu können, welche davon es sich zu optimieren lohnt, hat ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum (RUB) ein Konzept entwickelt. Es hilft, das Potenzial einer möglichen Legierung direkt zu erkennen. Das Team berichtet in der Zeitschrift Angewandte Chemie International Edition vom 22. Dezember 2019.
Effiziente Katalysatoren aus günstigen und verfügbaren Elementen
Die Hoffnungen der Forscherinnen und Forscher für neue Katalysatoren
aus günstigen und verfügbaren Elementen ruhen auf sogenannten
Mischkristallen, auch Hochentropielegierungen genannt. Sie bestehen aus
fünf oder mehr Elementen, die gleichmäßig miteinander vermischt sind,
und deren vielfältige, komplexe Wechselwirkungen feine Anpassungen der
wichtigen Eigenschaften ermöglichen. Nicht nur die Eigenschaften der
einzelnen Elemente, sondern vor allem ihrer Interaktion sind
entscheidend. „Dadurch bieten sich vielfältige, anderweitig nicht
erreichbare Möglichkeiten, um gleichzeitig Preis und Performance für
mögliche Anwendungen zu optimieren“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Schuhmann
vom Zentrum für Elektrochemie der RUB.
Noch fehlt es jedoch an grundlegenden Erkenntnissen über die erst
kürzlich entdeckte neue Katalysatorklasse. Welche Informationen können
Messungen liefern, um gezielte Fortschritte in der
Katalysatorentwicklung zu machen? Wie hilft dies, um aus den nahezu
unendlichen Kombinationsmöglichkeiten die richtige zu finden? Wie wirkt
sich der Austausch eines Elementes auf die Eigenschaften aus?
Ergebnisse genauer deuten
„Wir haben ein Konzept erarbeitet, das es uns erlaubt, die
Zusammenhänge zwischen Auswahl der Elemente, theoretischen,
aktivitätsbestimmenden Eigenschaften und tatsächlich messbaren Größen zu
verstehen“, berichtet Tobias Löffler, Doktorand der Elektrochemie. Da
sich die Hochentropielegierungen in allen diesen Punkten von
herkömmlichen Elektrokatalysatoren unterscheiden, ist dieses Verständnis
grundlegend für experimentelle Fortschritte.
So stehen die Forscher vor der Herausforderung, dass nicht nur die Kombination der Elemente, sondern auch deren Mengenverhältnis untereinander entscheidend ist und jede Abweichung veränderte Eigenschaften aufweist. „Wir zeigen, wie man Experimente mit einer Legierung aus zum Beispiel fünf gleichen Teilen jedes Elements deuten kann, um die Elementkombination als potenziell aktiv zu erkennen“, erläutert Tobias Löffler. So können die Forscher schnell erkennen, ob sich eine Optimierung der Mengenverhältnisse der Elemente untereinander lohnt. „Damit können wir den Screening-Aufwand für mögliche Materialzusammensetzungen auf einen Bruchteil reduzieren, ohne vielversprechende Kandidaten zu übersehen“, erklärt Wolfgang Schuhmann. Ohne dieses Wissen könne es schnell passieren, dass man mit herkömmlichen Auswertungen Kombinationen aussortiert, obwohl diese mit Optimierung der Elementverhältnisse hochinteressant werden können. „Darüber hinaus bildet dieses Konzept einen Grundstein für ein Verständnis der komplexen Wirkweise dieser Materialklasse, das hilft, die möglichen Stellschrauben besser zu verstehen und somit vielversprechende Designkonzepte ableiten zu können.“
Forscherinnen und Forscher motivieren
Diese konzeptionellen Überlegungen testeten die Forscherinnen und
Forscher mit ausgewählten Legierungen anhand der für Brennstoffzellen
relevanten Sauerstoffreduktion. Dabei konnten sie exemplarisch zeigen,
in welchen Fällen ein Austausch oder Hinzufügen eines Elementes zu einer
bestehenden Elementkombination einen positiven Effekt hat und
umgekehrt. Sie konnten auch Kombinationen identifizieren, die sich für
eine weitere Optimierung eignen.
„Für die Materialsynthese bedeutet das eine immense Aufwands- und Kostenersparnis“, sagt Prof. Dr. Alfred Ludwig, Inhaber des Lehrstuhls für Neue Materialien und Grenzflächen an der RUB. „Alle möglichen Elementverhältnisse einer aus fünf Elementen bestehenden Legierung herzustellen und diese zu analysieren, ist eine immense Herausforderung. Wir hoffen, durch die Beseitigung elementarer Hürden den Zugang zu diesem hochaktuellen und technologisch relevanten Feld weiter zu erleichtern und mehr Forscherinnen und Forscher zu motivieren, ihre jeweiligen Fähigkeiten einzubringen.“
Förderung
Die Arbeiten wurden gefördert vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung im Projekt Nemezu (03SF0497B) und die Deutsche
Forschungsgemeinschaft im Exzellenzcluster Ruhr Explores Solvation Resolv
EXC 2033 – Projektnummer 390677874 und die Projekte LU1175/23-1,
LU1175/22-1 und LU1175/26-1. Ferner gab es Unterstützung durch den Fonds
der chemischen Industrie sowie die Max Planck Research School for
Interface Controlled Materials for Energy Conversion IMPRS Surmat.