Laser meets Textiltechnik – Mit Ultrakurzpulslaser und Roboter zur schnelleren CFK-Fertigung
© Fraunhofer ILT, Aachen. Ein mit dem UKP-Laserstrahl gebohrter Carbonfaser-Preform mit sternförmiger Formbohrung und passgenauem Metallinsert.
Die Montage von CFK-Bauteilen erfolgt in der Regel unter Verwendung von Verbindungselementen, die in das ausgehärtete und anschließend gebohrte CFK-Bauteil eingeklebt werden. Einen neuen Weg ging das Konsortium des Projekts CarboLase: Mit einem Ultrakurzpulslaser werden bereits in den textilen Preform mikrometergenaue Löcher gebohrt und dieser mit Verbindungselementen versehen. Anschließend wird das CFK-Bauteil ausgehärtet – das spart Zeit! Dafür wurde das Team 2019 mit dem renommierten CAMX-Award in der Kategorie »Combined Strength« ausgezeichnet.
Faserverbund-Kunststoffe (FVK) sind die Alleskönner unter den Konstruktionswerkstoffen. Sie vereinen die positiven mechanischen Eigenschaften ihrer Ausgangsmaterialien – hochfeste Fasern und eine robuste Kunststoff-Matrix – zu einem Verbund mit hohen Festig- und Steifigkeiten bei geringer Dichte. Doch wieso haben sich FVK in Zeiten wachsender Bedeutung von Energie- und Ressourceneffizienz noch nicht vollständig durchgesetzt? Noch ist die Herstellung teuer. Zudem sind die Bauteile meist schwierig zu be- und verarbeiten.
Projekt CarboLase: neue Generation der FVK-Bauteilfertigung
Im März 2017 startete das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
gemeinsam mit vier Projektpartnern aus Forschung und Industrie das
Projekt »CarboLase – Hochproduktive, automatisierte und maßgeschneiderte
Just-in-Time FVK-Bauteilfertigung«. Der Europäische Fonds für regionale
Entwicklung (EFRE) förderte das Projekt mit dem Ziel, die
Technologieführerschaft der beteiligten KMUs aus NRW und die
langfristige nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu
steigern. Dieses wurde erreicht, indem die Prozesskette der
FVK-Herstellung vereinfacht und die Kosten reduziert wurden.
Normalerweise werden zur Montage von carbonfaserverstärkten
Kunststoff-Elementen (CFK) in konventionelle Bauteile Löcher in die
fertigen CFK-Module gebohrt und in diese wiederum metallische
Verbindungselemente – z. B. Inserts mit Innengewinden – eingeklebt.
Damit Bauteile durch Leichtbauelemente ersetzt werden können, müssen die
Verbindungen zwischen FVK- und konventionellem Bauteil lösbar und
sicher sein.
Im CarboLase-Projekt wurde ein anderer Denkansatz verfolgt: Hier
integrieren die Experten die Verbindungselemente bereits in die textilen
Vorformlinge, die sog. Preforms. Erst danach wird durch ein gemeinsames
Aushärten das finale CFK-Bauteil geschaffen. Dadurch können
Fertigungsprozessketten deutlich verkürzt werden. Allerdings sind für
diese Fertigungsart hochpräzise Aussparungen im Textil erforderlich.
Preisgekrönte Dreiercombo – CAMX-Award für CarboLase-Partner
Ein Trio aus CNC-Zuschnitt, Laserbearbeitung und automatischem
Handling ist die Lösung für eine FVK-Bauteilfertigung, die allen
Ansprüchen gerecht wird. Die Technologien der einzelnen Prozessschritte
werden in eine Roboterzelle integriert und die dazwischenliegenden
Teilprozesse automatisiert. Zuerst wird der Preform durch Zuschneiden,
Stapeln und Fügen der Textilien hergestellt. Anschließend werden mit
einem Ultrakurzpulslaser (UKP-Laser) passgenaue Aussparungen in die
Preforms gebohrt und in diese die metallischen Inserts eingebracht.
Damit der UKP-Laser eine erfolgreiche Alternative für die
konventionelle Fertigung ist, bedarf es der Integration des Lasers in
die Roboterzelle. Klassisch werden ultrakurze Pulse über Spiegel
geleitet, was an einem Roboterarm aber kaum möglich ist. Daher haben die
Experten des Fraunhofer ILT gemeinsam mit denen der AMPHOS GmbH eine
neuartige Systemtechnik zur Ein- und Auskopplung der UKP-Laserstrahlung
entwickelt. Die Verbindung der UKP-Laserstrahlquelle mit dem Scanner am
Roboter wird über eine Hohlkernfaser (hollow core) realisiert.
Auf der »Composites and Advanced Materials Expo« in Anaheim,
Kalifornien, USA, gewann das CarboLase-Konsortium am 26. September 2019
den renommierten CAMX-Award in der Kategorie »Combined Strength«. Mit
den CAMX-Awards werden Innovationen ausgezeichnet, die einen erheblichen
Einfluss auf den Bereich der Verbundwerkstoffe haben werden.
Ausschlaggebend für die Auszeichnung war die Integration des Lasers an
den Anfang der Prozesskette und die damit einhergehende Reduktion an
zeit- und kostenintensiven Folgeprozessschritten.
Erfolgreich umgesetzt
Das entwickelte Verfahren wurde bereits erfolgreich erprobt und die
technische Machbarkeit bewiesen: Die Projektpartner fertigten dabei
einen Demonstrator für ein B-Säulenelement, der anschließend einer
gründlichen mechanischen Prüfung unterzogen wurde. Sowohl in Auszug- als
auch in den Torsionsversuchen schnitten die mit dem CarboLase-Verfahren
gefertigten Fügestellen besser ab als die von konventionell gefertigten
Faserverbundbauteilen. Die formschlüssig mit dem Matrixwerkstoff
verbundenen Inserts erzielen eine um bis zu 50 Prozent höhere maximale
Auszugkraft gegenüber konventionell gefertigten Bauteilen mit
eingeklebten Inserts. Durch die erhöhten mechanischen Kennwerte kann je
nach Bauteildesign die Gesamtdicke und damit das Gesamtgewicht reduziert
werden.
Der Prozess bietet große Designfreiheit: Die Verbindungsstellen
lassen sich in ihrer Lage und Größe beliebig festgelegen. Roboter und
Scanner können sich deutlich freier auf der Meter- und Mikrometerebene
bewegen als statische mechanische Bearbeitungszentren. Eine effiziente
Mass Customization der CFK-Bauteile ist damit über den Stand der Technik
hinaus möglich. Das dynamische UKP-Laserbohrverfahren ist insbesondere
für Leichtbauteile aus dem Luftfahrt- und dem Automobilbereich
interessant und kann einen Beitrag zu Material- und Kosteneinsparungen
bei der Herstellung von CFK-Bauteile leisten.
Forschung mit Blick auf die Industrie
Im Bereich der UKP-Lasertechnik kooperierte das Fraunhofer ILT in
CarboLase mit der AMPHOS GmbH. Die LUNOVU GmbH begleitete als
Systemintegrator die Vernetzung einzelner Prozessschritte und
realisierte die Integration der Sensorik in die Roboterzelle am Institut
für Textiltechnik (ITA) an der RWTH Aachen University. KOHLHAGE
Fasteners GmbH & Co. KG erarbeitete die automatisierte
Bereitstellung und Integration der Krafteinleitungselemente und das ITA
übernahm schließlich die Umsetzung der automatisierten Prozesskette zur
Herstellung der laserbearbeiteten Preforms. Das Projekt wurde vom
Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) mit rund zwei
Millionen Euro über eine Laufzeit von 2,5 Jahren gefördert.
Die Ergebnisse des CarboLase-Projekts werden auf der JEC World 2020
vom 3. bis 5. März 2020 in Paris auf dem AZL-Gemeinschaftsstand (Halle
5A, Stand L97) gezeigt.