GaN-Hochfrequenztransistoren erreichen Rekord-Effizienz bei 100 Volt
© Fraunhofer IAF 100-V-Galliumnitrid-Leistungstransistor mit einer Ausgangsleistung von 600 W bei einer Frequenz von 1,0 GHz
Forschern am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF ist es gelungen, die Ausgangsleistung ihrer GaN-basierten Hochfrequenztransistoren für den Frequenzbereich von 1 – 2 GHz erheblich zu steigern: Sie haben die Betriebsspannung der Bauelemente von 50 Volt auf 100 Volt verdoppeln können und damit einen Leistungswirkungsgrad von 77,3 Prozent erreicht. Mit dieser Technologie wird es nun möglich, hocheffiziente Verstärker mit noch höherer Leistung zu entwickeln, wie sie für Anwendungen in den Bereichen Plasmaerzeugung, industrielle Erwärmung sowie in Kommunikations- und Radartechnologien erforderlich sind.
Die Leistungsdichte von Transistoren ist eines der wichtigsten Kriterien für ihren Einsatz in Höchstleistungsanwendungen im GHz-Bereich. Sie bestimmt die Baugröße von Verstärker-Modulen und damit in hohem Maße auch die Systemkomplexität – beide sind maßgeblich für die Herstellungskosten und den benötigten Ressourceneinsatz. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Leistungsdichte von Transistoren zu erhöhen.Forscher am Fraunhofer IAF haben den Weg über eine Erhöhung der Betriebsspannung gewählt: Durch eine vertikale und laterale Skalierung des Transistor-Designs ist es ihnen erstmals in Europa gelungen, Hochfrequenztransistoren zu realisieren, die für Anwendungen bei einer Betriebsspannung von 100 Volt geeignet sind. Diese Bauelemente auf Basis des Halbleiters Galliumnitrid (GaN) zeichnen sich durch eine wesentlich erhöhte Leistungsdichte bei Frequenzen im GHz-Bereich aus.
Labormessungen zeigen Rekord-Wirkungsgrad
Die Leistungsfähigkeit dieser neu entwickelten Bauelemente für den
Frequenzbereich von 1 - 2 GHz konnte bereits im Labor nachgewiesen
werden: Messungen ergaben eine Leistungsdichte von mehr als 17 W/mm und
einen Leistungswirkungsgrad (PAE) von 77,3 Prozent bei einer Frequenz
von 1,0 GHz. Dies ist der höchste erzielte Leistungswirkungsgrad für
einen 100‑V‑Betrieb in diesem Frequenzbereich, von dem jemals berichtet
wurde. In Versuchen konnte sogar gezeigt werden, dass diese Technologie
bei 125 V eine Leistungsdichte von über 20 W/mm aufweist. Die Forscher präsentierten ihre Ergebnisse erstmals auf dem International Electron Devices Meeting (IEDM) im Dezember 2019 in San Francisco.
Doppelte Spannung für vielfach höhere Leistung
»Durch die Erhöhung der Betriebsspannung von 50 auf 100 Volt werden
höhere Leistungsdichten ermöglicht. Das bedeutet, dass ein System mehr
Leistung auf gleicher Fläche liefern kann, als dies mit kommerziell
erhältlichen 50‑V‑ oder 65‑V‑Technologien möglich ist«, erklärt
Sebastian Krause vom Fraunhofer IAF, einer der Hauptentwickler der
Technologie.
So wird es zum einen möglich, leistungsfähigere Systeme bei gleicher
Größe herzustellen. Zum anderen können dadurch auch kompaktere und
leichtere Systeme bei gleicher Leistung realisiert werden, da weniger
Chipfläche zum Erreichen des gewünschten Leistungslevels benötigt wird:
»Durch das Verdoppeln der Betriebsspannung auf 100 V weist der
Transistor eine vierfach höhere Ausgangsimpedanz für eine gegebene
Leistung auf«, führt Krause aus. Dadurch werden kleinere und damit
weniger verlustbehaftete Anpassnetzwerke realisierbar, was wiederum eine
höhere Energieeffizienz des Gesamtsystems bewirkt.
Einsatz in industriellen Höchstleistungsanlagen
»Das langfristige Ziel unserer Entwicklung ist ein Betrieb bei bis zu
10 GHz«, berichtet Krause. Damit wäre das Freiburger
Fraunhofer-Institut die erste Quelle solcher 100‑V‑Bauelemente auf
GaN-Basis. Dies ist vor allem für Höchstleistungsanwendungen wie
Teilchenbeschleuniger, industrielle Mikrowellenheizungen,
Mobilfunkverstärker, Puls- und Dauerstrichradar sowie Verstärker für
Plasmageneratoren von großem Interesse. In der Regel benötigen solche
Anlagen sehr viel Leistung bei gleichzeitig geringem Volumenbedarf der
Komponenten – also genau das, was die 100‑V‑Technologie ermöglichen
soll.
Teilchenbeschleuniger spielen in der Forschung, Medizintechnik und
der Industrie eine wichtige Rolle. Plasmageneratoren im
Hochfrequenzbereich werden beispielsweise in industriellen Prozessen zur
Beschichtung eingesetzt, um u.a. halbleiterbasierte Chips,
Datenspeichermedien oder Solarzellen herzustellen.
Leistungshalbleiter lösen Vakuumbauelemente ab
Ein weiterer großer industrieller Anwendungsbereich sind
Leistungsgeneratoren für Mikrowellenheizungen. »Im Bereich der
Plasmaerzeugung arbeitet die Industrie meistens mit höheren Frequenzen,
allerdings nutzen viele Anwender nach wie vor Vakuumbauelemente wie etwa
Magnetrone oder Klystrone. Hier arbeiten wir daran, eine Alternative
auf Halbleiterbasis bereitzustellen, da Halbleiter deutlich kompakter
und leichter sind und sich damit beispielsweise Anordnungen wie Phased
Arrays realisieren lassen«, sagt Krause.
Lange Zeit haben röhrenbasierte Bauelemente (z.B. Wanderfeldröhren)
Elektroniksysteme mit hohem Leistungsbedarf dominiert. Inzwischen geht
die Entwicklung jedoch in Richtung von Leistungshalbleitern. In der
100‑Volt‑Technologie auf GaN-Basis sehen die Wissenschaftler des
Fraunhofer IAF eine effiziente Alternative für die Leistungssteigerung
von Mikrowellengeneratoren.