Projekt »Lade-PV« gestartet: Fahrzeugintegrierte PV für Elektro-Nutzfahrzeuge
Elektro-LKW und andere Nutzfahrzeuge können mit Solarstrom Energie sparen. © Schnitzler Werbung Freiburg GmbH
Der Schwerlastverkehr verursacht 6 Prozent der CO₂-Emissionen in der EU. Direkt am Fahrzeug produzierter Solarstrom kann diese Bilanz um 5 bis 7 Prozent deutlich verbessern. Im Projekt »Lade-PV« wollen vier Industrieunternehmen und zwei Fraunhofer-Institute unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE die Marktfähigkeit von PV-Anwendungen im Lastenverkehr demonstrieren. Dafür soll ein Gesamtkonzept entwickelt werden, das den flächendeckenden Einsatz von integrierten PV-Modulen an Elektro- und anderen Nutzfahrzeugen (über 3,5 Tonnen Nutzlast) ermöglicht.
Dafür werden in den kommenden drei Jahren nicht nur einzelne Komponenten wie PV-Module und Leistungselektronik, sondern auch ein Herstellungs- und Fertigungskonzept entwickelt, das eine effiziente Lieferkette zwischen den beteiligten Branchen ermöglicht. Die praktische Umsetzung der Prototypen soll an einem Elektro-LKW als Demonstrationsfahrzeug erfolgen. »Auf LKWs findet sich viel Platz in bester Sonnenlage, bei elektrischem Antrieb sind auch große Batterien verfügbar - eine ideale Situation, um mit Photovoltaik wertvolle on-board-Energie und damit Reichweite zu gewinnen, und das 100 Prozent erneuerbar«, erklärt. Dr. Harry Wirth, Bereichsleiter Photovoltaik- Module und Kraftwerke am Fraunhofer ISE.
Hohe Anforderungen an PV-Module
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer ISE
entwickeln in dem Projekt leichte und robuste PV-Module für zwei
Anwendungsfälle: die nachträgliche Aufdachmontage und die
Vollintegration in den Fahrzeugkoffer. Die Anforderungen an die Vehicle
Integrated PV (VIPV)-Module sind anspruchsvoll: sie sollen einen
Flächennutzungsgrad von mehr als 90 Prozent erreichen, vibrationsstabil,
scher- und biegeresistent sowie montagefreundlich sein. Außerdem sollen
sie höchstens 2,6 Kilogramm zusätzliches Gewicht pro Quadratmeter
aufweisen.
Für die Herstellung dieser VIPV-Leichtbaumodule in Serienproduktion
wird ein Produktionskonzept entwickelt und eine bestehende
Produktionslinie der Firma Sunset Energietechnik GmbH umgerüstet. Die
Modul-Prototypen werden durch die TBV Kühlfahrzeuge GmbH in die
Kofferaufbauten von Elektro-Nutzfahrzeugen integriert. Hierfür werden
geeignete Materialkombinationen erprobt und ein Konzept für die
Nachrüstung von Kofferaufbauten inklusive Kabelführung und der
Einbettung der Leistungselektronik entwickelt. Für die Anbindung der
Solarmodule an die bestehenden elektrischen Bussysteme des Nutzfahrzeugs
werden durch den Projektpartner M&P motion control and power
electronics GmbH die Leistungselektronikkomponenten entwickelt, getestet
und für den Einsatz an den Demofahrzeugen zertifiziert. Aufgrund des
begrenzten Bauraums und der Gewichtsanforderungen sollen hier neue
Halbleitertechnologien zum Einsatz kommen, die mit hohen Taktfrequenzen
arbeiten und dadurch kleiner ausgeführt werden können.
Das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI
entwickelt ein Energieprognosemodell des Fahrzeugs, das abhängig von den
Verbrauchern im Fahrzeug und der PV-Stromerzeugung für unterschiedliche
Routen die Reichweite, Ladezeiten und Stromerzeugung prognostiziert.
Das mit Solarmodulen ausgestattete Demonstrationsfahrzeug, ein Framo
E-LKW, wird bei der Alexander Bürkle GmbH & Co. KG im täglichen
Verteilerbetrieb in Freiburger Umland getestet. In einer Messkampagne
wird das Einstrahlungspotenzial der gefahrenen Routen erhoben, auch die
Leistungsentwicklung und Stabilität der Module unter realen Bedingungen
werden regelmäßig überprüft.
Abschließend konzipiert das Konsortium einen Fertigungsprozessablauf
für die wirtschaftliche Produktion von PV-aktiven Kofferaufbauten und
analysiert die Fertigungskosten sowie die Wirtschaftlichkeit für
Anwender.
»Wir wollen die Technologie nicht nur entwickeln, sondern auch
zeigen, dass LKWs über fünf Prozent ihrer Antriebsenergie durch
Solarenergie abdecken können. 4000-6000 Kilometer zusätzliche Reichweite
pro Jahr sind rechnerisch möglich. Die VIPV wird sich für Hersteller
und Betreiber solarer E-Nutzfahrzeuge lohnen«, erklärt Christoph Kutter,
Projektleiter am Fraunhofer ISE.