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Strahlformung für die Lasermaterialbearbeitung

Durch eine geeignete Laserstrahlform lassen sich Prozesse in der Materialverarbeitung optimieren und aktuelle Herausforderungen lösen. Ein innovatives Herstellungsverfahren strahlformender Elemente kommt aus Bonn.

Laser haben in den letzten Jahrzehnten zahllose Produktionsprozesse revolutioniert und sich in der Industrie als häufig konkurrenzloses Standardwerkzeug etabliert. In der Materialbearbeitung werden Laser beispielsweise zum Schneiden, Bohren, Schweißen oder zur Oberflächenveredelung verwendet. Trotz der Vielzahl an verschiedenen Anwendungen wird in der Industrie jedoch noch häufig immer dieselbe Strahlform des Lasers verwendet. Die genutzten Laserstrahlen sind bisher rund und ohne klar definierte Grenze. Damit werden Werkstücke jedoch in den seltensten Fällen optimal bearbeitet. Das Startup „Midel Photonics“ an der Universität Bonn will dies ändern und entwickelt spezielle Aufsätze, die den Laserstrahl für jede Anwendung in die richtige Form bringen (siehe Abbildung 1).

Durch eine Optimierung des Laserstrahlprofils können Materialen präziser und effizienter bearbeitet werden, zum Beispiel durch eine schärfere Kante beim Laserschneiden oder eine Anpassung auf das Material beim Laserschweißen. Auch lassen sich durch Mehrfachstrahlteilung Prozesse vielfach parallelisieren und damit Zeit und Kosten einsparen. Neben den direkten ökonomischen Vorteilen bietet Strahlformung aber auch eine wichtige Perspektive: In Zeiten des Klimawandels müssen überall in der Produktion wertvolle Ressourcen gespart werden. Hinzu kommen die Herausforderungen einer modernen Informationsgesellschaft mit immer komplexeren Produkten. Laser haben bei der Produktion bereits viele Probleme gelöst, stoßen jedoch an ihre Grenzen. Egal, ob bei der Herstellung großer Stückzahlen von Elektromotoren und Akkus für zeitgemäße Mobilitätslösungen, immer besseren Displays oder auch smarteren Lösungen durch Halbleiter, die momentan verwendeten runden Laserstrahlen sind nicht mehr das optimale Werkzeug.

Laserstrahlformung ist heute bereits möglich. Mit Hilfe diffraktiver optischer Elemente lassen sich komplexe Strahlprofile realisieren. Das Verfahren basiert auf dem physikalischen Prinzip der Diffraktion, indem die Phase des Laserlichts räumlich moduliert wird und sich so eine neue Strahlform ergibt. Geeignete Phasenmodulationen können durch mikrostrukturierte Elemente realisiert werden. Etablierte Verfahren zur Herstellung dieser Elemente sind bisher jedoch aufwendig und zeitintensiv, so dass Laserstrahlformung in der Industrie viel zu selten Anwendung findet. Zukünftig werden besonders flexible Lösungen von der Strahlformentwicklung bis zum Einsatz benötigt. Das Start-Up „Midel Photonics“ an der Universität Bonn möchte dies durch eine eigens entwickelte Technologie nun ermöglichen.

In dem neuen Verfahren werden strahlformende Elemente durch eine präzise Mikrostrukturierung von Spiegeln in nur einem Schritt hergestellt. Möglich wird dies durch die Verwendung spezieller Laserspiegel, welche als Rohlinge genutzt werden, so als würde man eine CD brennen (siehe Abbildung 2). Die Strukturierung des Rohlings erfolgt durch permanente Erhöhung des Volumens unterhalb der Spiegeloberfläche. Insbesondere entsteht dabei eine kontinuierliche Struktur, die besonders hohe Beugungseffizienzen in die neue Strahlform erlaubt. Durch dieses einstufige Verfahren können strahlformende Elemente höchster Qualität in nur wenigen Stunden hergestellt werden.

In der Wissenschaft wurde die zugrundeliegende Technologie bereits erfolgreich einsetzt. Die Kerntechnologie wurde eigens für Laserlicht zur Quantenforschung mit höchsten Qualitätsanforderungen entwickelt. Der erfolgreiche wissenschaftliche Einsatz wurde in den renommierten Fachjournalen Nature Photonics [1] und Science [2] publiziert und mündete für zwei der Teammitglieder für das Jahr 2020 in einer Förderung im Exzellenzcluster „Materie und Licht für Quanteninformation“ (ML4Q) der Universitäten Aachen, Köln, Bonn und des FZ Jülich. Der Einsatz zur Strahlformung wurde anschließend als Proof-of-Principle erfolgreich demon-striert.

Unterstützt werden die vier angehenden Gründer unter anderem durch ihren fachlichen Mentor Prof. Dr. Martin Weitz, Exzellenzclustersprecher in Bonn, sowie das Transfer Center enaCom der Universität Bonn. Das vergangene Jahr 2020 haben die vier Teilnehmer des Start-Up-Projekts genutzt, um im Rahmen des Accelerator-Programms „High-Tech.NRW“ gemeinsam mit dem herausragenden Netzwerk aus Mentorinnen und Mentoren ihr Vorhaben und Geschäftsmodell weiter zu verfeinern. Von der Jury wurden Sie damit auf dem Abschlussevent, dem Demoday, mit dem 3. Platz ausgezeichnet.

Midel Photonics freut sich darauf, nun Prototypen zu entwickeln und im Industrieeinsatz zu testen. Zusammen mit dem zahlreichen Feedback potenzieller Kunden sind die angehenden Unternehmer überzeugt, dass sich die Idee auf dem Markt der Materialbearbeitungslaser durchsetzen und etablieren wird. Die hohe Flexibilität der Technologie erlaubt dem geplanten Unternehmen langfristig auch neue Sektoren des gesamten Lasermarktes mit seinen vielen zukunftsorientierten Anwendungen zu erschließen, da grundsätzlich jeder Laser von einer angepassten Strahlform profitiert.

Autoren
Dr. David Dung und Dr. Christopher Grossert

Midel Photonics

Technologie

  • Photonik
  • Ultrakurzpulslaser
  • Hochleistungslaser

Innovation / USP

  • Maßgeschneiderte strahlformende Elemente

Zielmärkte

  • Maschinenbau
  • Automotive

www.midel-photonics.de

Abbildung 1: Durch strahlformende Spiegel lässt sich der herkömmliche, runde Laserstrahl in neue Formen umwandeln und bekommt so beispielsweise definierte Kanten. (© David Dung)
Abbildung 2: Zur Herstellung der strahlformenden Elemente wird die Oberfläche von speziell entwickelten Rohlingen mikrostrukturiert. (© David Dung)

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin