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Photonische Quantentechnologien made in NRW

Mit seinen Partnern entwickelt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT laserbasierte Lösungen und initiiert strategische Allianzen im Rheinischen Revier, um photonische Quantentechnologien und den Technologietransfer in die Industrie voranzutreiben.

Der Präzisions-Werkzeugkasten von Wissenschaft und Industrie
kann mit dem Einsatz von Quantentechnologien der zweiten Generation um völlig neue Möglichkeiten erweitert werden. Erste Umsetzungen in der sicheren Kommunikation, der hochsensitiven Messtechnik oder bei komplexen Computing-Aufgaben verdeutlichen das disruptive Potenzial zukünftiger Anwendungen.

Photonik als Schlüssel für Quantentechnologien

Bei den Quantentechnologien 2.0 steht im Fokus, wie sich mikroskopisch beschränkte Systeme beherrschen und Quantensysteme kontrolliert zugänglich machen lassen. Es geht um die praktische Nutzung der Eigenschaften einzelner Photonen, Elektronen oder Atome sowie von Quanteneffekten für neuartige Anwendungen. Einzelne Photonen lassen sich z. B. nutzen, um Quanteninformationen gezielt zu übertragen und Quantenprozessoren miteinander zu verbinden. Laser können darüber hinaus den Zustand von Quantensystemen kontrollieren oder zur Herstellung von Quantentechnologie-Komponenten genutzt werden.

Mit seiner Expertise in optischen Technologien bringt sich das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT thematisch breit aufgestellt ein, um mit exzellenten Partnern eine umfassende wissenschaftliche Zusammenarbeit voranzutreiben, herausragende FuE-Ergebnisse zu erzielen und neue Anwendungsbereiche für Quantentechnologien zu erschließen.

Regionale Kooperationen und strategische Initiativen

Bei der Entwicklung von Technologien für Quantenkommunikation und Quantencomputer kooperieren die Fraunhofer-Institute ILT, FHR und ITWM im Bereich der Grundlagenforschung im Rahmen des DFG-geförderten Exzellenzclusters »Matter and Light for Quantum Computing – ML4Q« mit der RWTH Aachen University, der Universität zu Köln, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem Forschungszentrum Jülich. Die Partner vereinen ihre Expertise in den Bereichen Festkörperphysik, Quantenoptik und Quanteninformation, um leistungsfähige Hardware-Plattformen für fehlertolerante Quantencomputer zu entwickeln und Konzepte für ein stabiles Quantennetzwerk bereitzustellen.

Im Rahmen von ML4Q arbeiten Forschende des Lehrstuhls für Technologie Optischer Systeme TOS, des Lehrstuhls für Lasertechnik LLT der RWTH Aachen und des Fraunhofer ILT an der photonischen Kopplung von Halbleiter-Spin-Qubits mittels Glasfasern. Im Teilprojekt »QUEST« stand die Entwicklung von Quantenfrequenzkonvertern (QFC) im Vordergrund, die Photonen mit Wellenlängen im Bereich 800-900 nm, wie sie von diesen Qubits emittiert werden, in solche mit 1500-1600 nm effizient umwandeln, wodurch eine verlustarme Übertragung möglich wird. Die Partner entwickelten einen wellenleiterbasierten Konverter, mit dem sie im Labor einen internen Wirkungsgrad von über 80 Prozent erreichten. Nun liegt der Fokus darauf, das Technology Readiness Level zu steigern – eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche verschränkungsbasierte Verbindung der Qubits. Ein langfristiges Ziel ist zudem der Aufbau eines heterogenen Netzwerks, in dem verschiedenartige Qubit-Systeme photonisch gekoppelt sind.

Gemeinsam mit den Fraunhofer-Instituten FHR, IAIS, IMS und SCAI in NRW initiiert das Fraunhofer ILT mit dem Forschungszentrum Jülich zudem ein Center of Quantum Science and Engineering CQSE im Rheinischen Revier. Die Partner entwickeln Lösungen für die Umsetzung und Anwendung der Quantentechnologien 2.0 von Kommunikation über Computing bis hin zu Imaging und Sensorik. Das Augenmerk liegt darauf, früh den Brückenschlag zwischen Grundlagenforschung und Unternehmen herzustellen und so ein wachstumsstarkes Innovationsökosystem für Quantentechnologien voranzutreiben. Die Fraunhofer-Institute bringen dabei ein breites Portfolio von Spitzentechnologien ein, von der Lasertechnik über Halbleiter-, Mikrowellen- und Kryotechnologie bis hin zum Hochleistungscomputing.

Am 7. März 2022 fiel der Startschuss für das Kompetenznetzwerk »EIN Quantum NRW«, in dem führende NRW-Universitäten und Forschungseinrichtungen Expertenwissen und Know-how zur Erforschung und Umsetzung von Quantentechnologien bündeln, um Wirtschaft und Wissenschaft bei der Vernetzung zu unterstützen und Wissens-Infrastrukturen zu schaffen. Mit an Bord ist die Fraunhofer-Gesellschaft, die sich auf den Technologietransfer in die Industrie konzentriert.

Auf dem Weg zum Quanteninternet

Entwicklung und Aufbau eines Quanteninternets sind übergeordnete Ziele der europäischen Quantentechnologie-Roadmap. Vor diesem Hintergrund schlossen sich die Fraunhofer-Gesellschaft und das niederländische Forschungszentrum QuTech, eine Kollaboration der TU Delft und der TNO, zur engen Kooperation im Bereich der Quanteninformationsnetzwerke zusammen.

Neue Anwendungen wie verteiltes Quantencomputing, sichere Kommunikation und das Quanteninternet erfordern eine Übertragung von Quanteninformationen über große Entfernungen. Hierbei müssen Quantenprozessoren und -netzwerkknoten miteinander verschränkt werden, um Informationen effizient und sicher zu teilen sowie die Leistung von Quantencomputern zu potenzieren. Die eingesetzten Qubits emittieren Photonen mit Wellen-

längen, die in der Regel nicht im Telekomband liegen und bei der Übertragung durch Glasfasernetze stärker gedämpft werden. Im Zusammenhang mit der Übermittlung von Quanteninformation ist dieser Verlust kritisch. Benötigt werden QFC, die die Wellenlängen, die die Wellenlänge der Photonen mit hoher Effizienz umwandeln, ohne die Quanteninformation durch Rauschprozesse zu stören.

Das Fraunhofer ILT und das QuTech erzielten 2021 einen entscheidenden Erfolg für die Realisierung eines stabilen Quanteninternets – einen Quantenfrequenzkonverter mit einem Weltrekord an Rauscharmut. Die Gesamteffizienz ist vergleichbar mit der von konventionellen Konvertern, im Vergleich zum Stand der Technik bei NV-Zentren-Qubits wird die Zahl der Rauschphotonen aber um mindestens einen Faktor vier reduziert. Dadurch ergibt sich ein deutlich gesteigertes Signal-zu-Rausch-Verhältnis beim Transfer von Quanteninformation. Auf dieser Basis planen die Partner die Installation des ersten deutschen Quantenknotens eines länderübergreifenden Netzwerks am Fraunhofer ILT in Aachen.

Bilder:
Abbildung 1: Laborprototyp für einen rauscharmen Quantenfrequenzkonverter. © Fraunhofer ILT, Aachen / Ralf Baumgarten.
Abbildung 2: Parametrische Quelle für verschränkte Photonen. © Fraunhofer ILT, Aachen / Volker Lannert.

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin

Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT

Mit über 480 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mehr als 19 500 m² Nettogrundfläche und über 40 Ausgründungen zählt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT weltweit zu den bedeutendsten Auftragsforschungs- und Entwicklungsinstituten im...mehr...