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3D-Druck von Nutzerdefinierten Mikrooptiken und Mikrostrukturen

Forscher der Ruhr-Universität Bochum entwickeln ein kompaktes Gerät zur Fertigung von Objekten in µm Größe auf Basis der Zwei-Photonen Polymerisation. Hierbei reduziert der Einsatz von speziellen Diodenlasern Kosten und Baugröße im Vergleich zu bestehenden Systemen.

Im Rahmen der VIP+ Förderung des BMBFs wird an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) seit Ende 2021 das Projekt „MINI2PP“ bearbeitet. In dieser Kooperation arbeiten der Lehrstuhl für Laseranwendungstechnik (LAT) und der Lehrstuhl Photonik und Terahertztechnologie (PTT) an der Ruhr-Universität Bochum, sowie das Ferdinand Braun Institut (FBH) aus Berlin zusammen. Der LAT bringt sich mit der Erfahrung im Bereich der Zwei-Photonen Polymerisation (2PP), der PTT mit Kompetenz in Anwendung und Aufbau von Ultrakurzpuls Diodenlasersystemen und das FBH mit der Entwicklung und Fertigung der eingesetzten Laserchips ein.

In MINI2PP wird eine kostengünstige und kompakte Anlage zur Herstellung von mikroskopischen Objekten und Strukturen auf Basis der 2PP entwickelt. Solche Bauteile können beliebig komplexe dreidimensionale Strukturen aufweisen und werden direkt aus CAD-Dateien, welche zur Prozessierung in einzelne Schichten zerlegt werden, gefertigt. Mögliche Anwendungen liegen zum Beispiel im Bereich der Mikrooptik, Mikrofluidik oder strukturierten Oberflächen. Insbesondere in der Entwicklung solcher Mikrosysteme bietet die 2PP eine hohe Flexibilität, da keine kostenintensiven Masken oder Formen benötigt werden, wie es bei der Fertigung mittels Mikrostrukturierung auf Waferebene der Fall ist.

Beispielhaft sind in Abbildung 1 drei verschiedene per 2PP hergestellte Strukturen gezeigt. Links ist eine zur Bestimmung der Systemauflösung einzeln ausgehärtete Linienstruktur zwischen zwei Stützblöcken in Auf- und Seitenansicht dargestellt, mittig ist ein Gebäudemodell eines bergbautypischen Förderturms und rechts ist eine auf eine Glasfaser gedruckte Mikrooptik gezeigt, welche mittels Stützstruktur einen Abstand zum Faserende herstellt. Die drei Objekte zeigen die verschiedenen Möglichkeiten der 2PP auf. So können sehr filigrane Fachwerkstrukturen mit einzelnen Struktureigenschaften im sub-Mikrometerbereich erzeugt oder wie am Beispiel der Mikrooptik gezeigt, Volumina ausgehärtet werden. Darüber hinaus ist es möglich auf alternativen Substraten wie zum Beispiel einer Glasfaser zu prozessieren.

Das Grundprinzip des 2PP-Prozesses ist wie folgt: Der Laserstrahl eines Ultrakurzpuls-Lasers wird in einen Tropfen aus photosensitivem Harz fokussiert und induziert durch die Konzentration der Laserleistung auf ein kleines Volumen eine lokale Aushärtung des Harzes. Damit diese räumlich begrenzte Aushärtung funktioniert wird ein Polymer eingesetzt, welches nur Licht bei der halben Wellenlänge des eingesetzten Lasers absorbiert. Eine Interaktion zwischen Licht und Polymer kann daher nur durch die zeitgleiche Absorption von zwei Photonen ausgelöst werden.

Hierzu wird die Energiedichte so weit erhöht, dass eine Zwei-Photonen Absorption initiiert wird. Dies wird erreicht, indem die zeitliche Konzentration der Laserleistung in einen ultrakurzen Lichtpuls und die räumliche Konzentration durch Fokussierung kombiniert werden. Dieser Fokuspunkt wird durch Kombination eines Galvoscanners und eines Achssystems den zuvor errechneten Schichten entsprechend durch das Polymer geführt, wodurch das gewünschte Objekt strukturiert wird. In konventionellen 2PP-Systemen werden hierbei Titan-, Saphir- oder Faserlaser eingesetzt, deren emittierte Lichtpulse eine zeitliche Dauer <100 fs aufweisen.

Die 2PP ist ein gut erforschter und bereits kommerzialisierter Prozess. Komplette Systeme zur industriellen Herstellung von Mikrostrukturen mittels 2PP werden erfolgreich von verschiedenen Anbietern vermarktet, wobei die Kosten für ein Gesamtsystem im Bereich von mehreren hunderttausend Euro liegen.

Es konnte im Vorfeld bereits gezeigt werden, dass Ultrakurzpuls-Diodenlaser sich als alternative Laserquelle zur 2PP eignen, wobei die erreichten Schreibgeschwindigkeiten jedoch aktuell deutlich unter denen der üblich eingesetzten Laser liegen.

Hierbei wurde zunächst ein komplexes Lasersystem eingesetzt, welches eine Nachverstärkung sowie einen Pulskompressor beinhaltet. Dieses System erlaubt die Anpassung der optischen Leistung sowie der zeitlichen Pulsdauer, wodurch der zur 2PP nutzbare Parameterbereich identifiziert werden konnte. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde darüber hinaus der Einsatz eines monolithischen ultrakurzpuls Diodenlasers demonstriert [1,2]. Durch Verwendung eines solchen Lasers kann die Komplexität des Lasersystems drastisch reduziert werden. Es wurde eine entsprechende Integration des Lasers in ein 2PP System entwickelt und patentiert. In Abbildung 2 ist unsere einfache Umsetzung eines solchen Prozesskopfs sowie eine Mögliche Umsetzung eines Gesamtsystems gezeigt.

Die bisher verfügbaren Diodenlaser emittieren im Wellenlängenbereich um 830 nm. Die üblicherweise eingesetzten Polymere sind jedoch für Zweiphotonen-Absorption bei 780 nm optimiert. Durch die Entwicklung angepasster Diodenlaser am FBH soll die Prozesseffizienz nun so weit gesteigert werden, dass die Herstellung von Mikrooptiken über Nacht erfolgen kann. Durch die Integration in ein Gesamtsystem wird ein Demonstrator aufgebaut, welcher in Kooperation mit möglichen Anwendern evaluiert wird. Das fertige System soll modular auf Nutzeranforderungen angepasst werden können und zu einem Grundpreis deutlich unter bestehenden Anlagen angeboten werden können.

Interessierte Nutzer, auch außerhalb der bereits genannten Anwendungsbereiche, sind ausdrücklich willkommen, mit den Projektpartnern in Kontakt zu treten, um Machbarkeit und Einsatz zu evaluieren.

Autoren: Nils Surkamp und  Martin Hofmann, Lehrstuhl für Photonik und Terahertztechnologie, Felix Behlau und Cemal Esen, Lehrstuhl für Laseranwendungstechnik, Ruhr-Universität Bochum

Referenzen
[1] Surkamp, Nils., et al. "Mode-locked diode laser-based two-photon polymerisation." Electronics Letters 56.2 (2020): 91-93.
[2] Zyla, Gordon, et al. "Two-photon polymerization with diode lasers emitting ultrashort pulses with high repetition rate." Optics Letters 45.17 (2020): 4827-4830.

Ruhr-Universität Bochum

Photonische Basistechnologie

  • Laser & Optoelektronik
  • Diodenlaser
  • Zwei-Photonen Polymerisation
  • Mikrooptiken

Anwendungsfelder / Märkte

  • Produktionstechniken
  • Entwicklung und Herstellung von Mikrooptiken
  • Mikrosystemtechnik

Impact

  • Steigerung der Kosteneffizienz
  • Reduktion von Systemgröße
  • Erweiterung des 2PP Nutzerkreises

www.ruhr-uni-bochum.de

Abbildung 1: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen von Objekten, die mittels 2PP hergestellt wurden. Zwei Blöcke mit einer Verbindungslinie, eine Förderturmstruktur und eine auf eine Glasfaser gedruckte refraktive Optik (von links nach rechts).

Abbildung 2: Vereinfachte Darstellung des Prozesskopfes welche den Diodenlaser, ein Kamerasystem zur Prozessbeobachtung sowie das zur Fokussierung verwendete Mikroskopobjektiv zeigt (links). Sowie eine mögliche Ausführung eines Gesamtsystems, welches in etwa der Größe eines üblichen A4-Papierdruckers entspricht.

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin

Ruhr-Universität Bochum

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