Mit Lasern in eine mobile Zukunft
(© Pulsar Photonics GmbH)
Das EU-Infrastrukturprojekt NextGenBat hat ambitionierte Ziele: Die Performance von mobilen Energiespeichern wie Batterien soll mit neuen Materialien und laserbasierten Herstellungsverfahren enorm gesteigert werden.
Zum Einsatz kommt dabei ein Ansatz zur Parallelisierung von Laserbearbeitungsprozessen. Mittels einer Spezialoptik werden bis zu einigen Hundert Teilstrahlen erzeugt, die dann für eine signifikante Steigerung der Produktivität durch Parallelbearbeitung genutzt werden können. Doch nur eine Handvoll Spezialfirmen wie Pulsar Photonics beherrscht diese Technologie.
Am Anfang stand ein Mega-Projekt: Zwei Jahre lang wurde an sechs Instituten aus Aachen, Jülich und Münster mit einem Etat von zehn Millionen Euro eine zukunftsweisende Infrastruktur für neue Produktionstechniken und Produktionskonzepte geschaffen. Es sollte die bereits in NRW vorhandene Forschungsinfrastruktur ausbauen, um optimale Bedingungen für regionale Unternehmen zur Erforschung und Entwicklung von Batterien der nächsten Generationen zu schaffen.
Mehr Produktivität
dank Lasermikrobearbeitung
Die Vorarbeiten des EFRE-Projekts setzt die Pulsar Photonics GmbH (60
Mitarbeitende) in Herzogenrath nun in die Tat um. Das 2013 gegründete Spin-off
des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT, eines der NextGenBat-Teilnehmer,
ist laut Financial Times eines der TOP 1000 erfolgreichsten Unternehmen
Europas. Den Erfolg verdankt es seiner umfassenden Kompetenz auf dem Gebiet der
Laser-Mikrobearbeitung. Der Komplettanbieter entwickelt Prozesse und
anwendungsspezifische Optiksysteme und integriert diese für seine Kunden in
serienfertige, industriereife Anlagen. Damit kann die beste Kombination aus
Laserquelle, Optik, Sensorik und Software in einem maßgeschneiderten
Gesamtsystem kombiniert werden, um kundenspezifisch jedes Material und Bauteil
mit größtmöglicher Qualität hochproduktiv und prozesssicher zu bearbeiten. In
Eigenentwicklung entstehen optische Komponenten und Systeme zur Strahlformung
und Multistrahlbearbeitung, mit denen sich das Bearbeitungstempo enorm steigern
lässt.
In Sachen Batterietechnik erhält das Unternehmen seit Sommer 2020 Unterstützung von Patrick Gretzki. Der Physiker hat das NextGenBat-Projekt am Fraunhofer ILT als Teamleiter Thin Film Structuring von Anfang an mitbetreut. Es entstand am Institut eine Rolle-zu-Rolle-Anlage, die Elektroden für Lithiumionen-Zellen trocknet und strukturiert, um so neue Eigenschaften, wie z.B. eine höhere Kapazität zur Steigerung der Schnellladefähigkeit zu erreichen. Sie wurde nicht im Labormaßstab, sondern als industriell einsetzbare Anlage errichtet, um die Batterieproduktion unter realen Bedingungen zu erproben. Gretzki, Abteilungsleiter für Systemkomponenten und optische Systeme, half damals beim Ein- und Aufbau der Optik mit: „Uns nutzen nun die Erfahrungen bei Kundenanfragen zum großflächigen Strukturieren von Bauteilen.“
Es handelt sich bei der Optik um eine von Pulsar entwickelte „MultiBeamMultiScanner“-Optik, bei der sich die Leistung des Lasersystems auf eine Vielzahl von Teilstrahlen aufteilen lässt. Das Verfahren hat sich besonders bei Ultrakurzpuls (UKP)-Lasern bewährt, deren Leistung sich bei Einzelstrahlprozessen unter anderem wegen der zu hohen thermischen Belastung vom Werkstück sonst nur begrenzt steigern lässt. Mit mehreren parallel arbeitenden Laserstrahlen lässt sich ein Szenario darstellen, bei dem jeder einzelne Teilstrahl an seinem Effizienzmaximum arbeitet.
Zusammenspiel in
Infrarot und Grün
Die Optik aus Herzogenrath teilt die infrarote, gepulste Laserstrahlung in
24 Teilstrahlen auf, die ein rund 300 Millimeter breites Band einer
Batterieanode strukturieren. Anschließend kann das Optikmodul in einem zweiten
Prozessschritt mit einem grünen Laser dazu genutzt werden, um mit einem Einzelstrahl
die einzelnen Batteriezellen auszuschneiden. Die Anlage am Fraunhofer ILT zeigt
die Vielfalt an Möglichkeiten der laserbasierten Mikrostrukturierung für die
Batterieproduktion auf.
Doch was wünschen sich potenzielle Anwender? „Die Kunden wünschen sich zum einen einfach einstellbare Optiken mit wenig Kalibrieraufwand, die auf hohe Laserleistung optimiert sind und langzeitstabil in Produktionsumgebungen arbeiten“, erklärt Gretzki. „Zum anderen sind Scanner gefragt, die sich mit entsprechender Software- und Steuerungsunterstützung synchronisieren lassen, um die Bearbeitung von mehreren Scanfeldern untereinander zu koordinieren. Oder sogar, wie in diesem Fall, mit der Bewegung eines Bandes synchronisiert wird. Der Bedarf nach derartig anspruchsvollen Lösungen steigt.“
Viele Kundenanfragen decken sich mit den Entwicklungszielen des Fraunhofer ILT im NextGenBat-Projekt: Strukturieren und Funktionalisieren von Oberflächen. Ähnliche Sonderlösungen mit UKP-Lasern hat Pulsar Photonics bereits in industriellen Projekten verwirklicht. Die Schunk Group, ein international agierender Technologiekonzern aus Heuchelheim (bei Gießen) übernahm 2021 eine Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen, um innerhalb der Gruppe das Know-how bei der Lasermikrobearbeitung mit UKP-Lasern zu Synergieeffekten zum Beispiel bei der Produktion von Brennstoffzellen und Redox-Flowbatterien zu nutzen.
Ziel für 2023:
Serienreife
Wenige Technologien sind wirkliche Zukunftstechnologien. Die
Multistrahlbearbeitung birgt hingegen enorm viel Potenzial, Produktionsschritte
in Bezug auf Flexibilität, Digitalisierung und Kosteneffizienz zukünftig zu
optimieren. Die Anwendungsfelder liegen im gesamten Bereich der
Lasermikrostrukturierung, der Parallelbearbeitung von mehreren Bauteilen oder
der generellen Parallelisierung von Laserprozessen. „Das Optikmodul der
Rolle-zu-Rolle-Anlage dient uns als eine Art Optikbaukasten.“ Als nächstes
steht damit die Weiterentwicklung der kombinierten Multistrahlbearbeitung für
eine serienreife Anwendung in der Industrie an. „Wir suchen noch Partner und
Anwendungen, um das Konzept zu adaptieren und im Dauerbetrieb einer Produktion
zu validieren. Wir können uns vorstellen, dass eine Vielzahl von Prozessen
damit in Zukunft wirtschaftlich skaliert werden kann.“, so Gretzki.
Das Projekt NextGenBat wurde vom Land NRW unter Einsatz von Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (ANBest-EFRE) gefördert.
Pulsar Photonics GmbH
Photonische Basistechnologie
- Ultrakurzpulslaser & Multistrahltechnologie
- Optik
- Lasermikrobearbeitung
- Fertigungstechnik für Optiken
- Sensorik, Mess- und Prüftechnik
Anwendungsfelder / Märkte
- Anlagenbau
- Produktionstechniken
- Mobility & Energy
- Batteriezellentechnologie
- Luft- und Raumfahrt
- Automotive
Impact
- Effizienzsteigerungen
- Höhere Genauigkeit
- Kostenreduzierung
- Flexibilität
- Digitalisierung
Abbildung 1: 12 der 24 Teilstrahlen im Einsatz: Die von Pulsar Photonics entwickelte Optik strukturiert das 300 mm breite Band der Batterieanode mittels der einzelnen Teilstrahlen. Leistungsdichte und Ladefähigkeit werden dadurch deutlich verbessert. (© Pulsar Photonics GmbH)
Abbildung 2: Seit 2021 werden am Fraunhofer ILT Laserprozesse für die Batteriefertigung in einem eigenen Batteriezentrum erforscht. Hier im Bild die Anlage mit der Multistrahloptik zur Laserbearbeitung. Im nächsten Schritt will Pulsar Photonics die für das NextGenBat-Projekt entwickelte Optik zur Serienreife bringen – im Idealfall mit Industriepartnern. (© Fraunhofer ILT, Aachen)