Elektromobilität: Forschungen des Fraunhofer LBF ebnen den Weg in die Alltagstauglichkeit
Die Fahrzeuge der LBF-Forschungsflotte sind mit eigener Messtechnik instrumentiert und ermitteln reale Lastdaten im Fahrbetrieb.
Anders als in Norwegen oder China ist die Elektromobilität im deutschen Autoalltag noch nicht angekommen. „Sie bietet im Spannungsfeld zwischen ökologischer Vernunft, Verantwortung für die Zukunft sowie technischen und wirtschaftlichen Kompromissen ganz neue Perspektiven in der nachhaltigen Mobilität“, erklärt Prof. Dr. Tobias Melz, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF. Mit zahlreichen Forschungsprojekten arbeitet das Darmstädter Institut aktiv daran, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Einblicke in die Ergebnisse zeigt das Fraunhofer LBF beim 3. Tag der Elektromobilität am 9. April auf dem Marktplatz in Darmstadt.
Zu sehen sind zwei Fahrzeuge aus der institutseigenen Forschungsflotte, wie der vom LBF entwickelte GEV/one und ein Tesla, der Lastdaten im Fahrbetrieb sammelt und die Batterie umfangreich testet. Der GEV/one, das vom LBF entwickelte generator-elektrische Fahrzeug, ist ein komplett neues Konzept, mit dem die Energiewende als Ganzes betrachtet wird. Das Fahrzeug fährt ausschließlich elektrisch und speichert die Energie nicht in einer großen Batterie, sondern erzeugt sie kontinuierlich mit einem Gasmotor und einem elektrischen Generator. Der GEV/one wird dadurch unabhängig von der Lade-Infrastruktur, zeigt gleichzeitig eine exzellente Energieeffizienz und hat keine eingeschränkte Reichweite wie die meisten der zurzeit angebotenen E-Fahrzeuge. „Das Gas kann dabei auch voll regenerativ, z.B. als Biomethangas, erzeugt werden. Mit dem GEV/one ist ein echtes Nullemmissionsfahrzeug realisiert worden“, so Melz.
Energieoptimale Routenplanung lässt Elektrofahrzeuge sicher ankommen
Bereits seit 2009 entwickelt die Fraunhofer-Gesellschaft
Lösungsansätze für die Elektromobilität, die in den nächsten Jahren auf
den Markt kommen werden. Innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft zählt das
Fraunhofer LBF
zu den führenden Instituten im Bereich von Automobilindustrie und
Mobilitätsangeboten. Systemische Innovationen entstehen aktuell
beispielsweise im hessischen Verbundforschungsprojekt „DieMo RheinMain“.
Mit Hilfe dieses Prognosemodells können Nutzer von Elektrofahrzeugen in
Zukunft schon vor Beginn der Reise mit einem Online-Routenplaner
wichtige Informationen über ihren Verbrauch oder ihre Reichweite
erhalten.
Künftige Fahrzeuggenerationen werden von weiteren Ergebnissen
laufender Forschungsvorhaben des Fraunhofer LBF profitieren. Darunter
sind neue Leichtbaugehäuse für Traktionsbatterien, Lösungen für das
akustische Verhalten von elektrischen Antrieben oder die Zuverlässigkeit
leistungselektronischer Bauteile.
Im Fokus der Elektromobilitätsforschung stehen die Batteriesysteme.
Damit verbinden sich zahlreiche neue Fragestellungen, die sich
allerdings nicht von konventionellen Antrieben übertragen lassen. „Hier
sind wissenschaftlich und technisch völlig neue Herangehensweisen
gefragt. Deren Beantwortung mit Fokus auf der Zuverlässigkeit und
Schwingungstechnik hat sich das Fraunhofer LBF auf die Fahne geschrieben
und unterstützt so die erfolgreiche Entwicklung marktgerechter
Elektrofahrzeuge“, sagt Institutsleiter Melz.
Moderne Prüfeinrichtungen für Batteriesysteme senken Entwicklungskosten
Batteriesysteme können bis zu einem Drittel des Gesamtgewichts und
fast die Hälfte der Herstellkosten ausmachen. Verglichen mit
konventionellen Fahrzeugen ergeben sich deutlich veränderte
Randbedingungen für Belastung und Fahrdynamik. Deshalb müssen Hersteller
die Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit von Elektrofahrzeugen über
einen langen Zeitraum gewährleisten, idealerweise über die gesamte
Fahrzeuglebensdauer. Das Fraunhofer LBF verfügt über auch für
Batteriesysteme geeignete Prüf- und Nachweisverfahren. Bei optimalem
Einsatz lassen sich damit die Kosten im gesamten
Fahrzeugentwicklungsprozess reduzieren.
Im 2015 eröffneten „Zentrum für Systemzuverlässigkeit /
Elektromobilität ZSZ-e“ entwickeln LBF-Forscher neue Prüfprozeduren und
-richtlinien für Hochvolt-Batteriesysteme und führen multiphysikalische
Prüfungen für komplette Batterien, Batteriemodule oder Komponenten
durch. Dazu nutzen sie modernste Prüfanlagen wie den in seiner Art
einzigartigen multiaxialen Schwingtisch für Traktionsbatterien MAST.
Damit ist es möglich, thermische und klimatische Bedingungen,
elektrische Lasten und auch hochdynamische mechanische Größen, zum
Beispiel aus der Schlechtweganregung, simultan auf das Prüfobjekt
einwirken zu lassen.