Projekt "ADIR": Laser bergen wertvolle Rohstoffe
Berührungsloses Freilegen und Entlöten von Platinen-Bauelementen mittels Laserstrahlung in einem Recyclingprozess des »ADIR«-Projekts.
Nicht mehr verwendete Elektronikgeräte automatisiert zerlegen und wertvolle Rohstoffe zurückgewinnen – ein wesentlicher Aspekt des Zukunftsthemas Urban Mining. Mit dem EU-Projekt »ADIR – Next generation urban mining – Automated disassembly, separation and recovery of valuable materials from electronic equipment« nimmt die Fraunhofer-Gesellschaft hierbei international eine Vorreiterrolle ein. Neun Projektpartner aus vier Ländern erforschen in diesem Vorhaben bis 2019, wie strategisch bedeutende Wertstoffe aus alten Mobiltelefonen und Leiterplatten zurückgewonnen und weiterverwendet werden können. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen koordiniert das Projekt, das im Rahmen des Horizon-2020-Programms durch die Europäische Union gefördert wird.
Beim herkömmlichen Material-Recycling wird häufig auf Schüttgutströme zurückgegriffen, die mit Schredder-Prozessen und pyrometallurgischen Verfahren verarbeitet werden. Der Fokus liegt vor allem auf der Gewinnung von Edelmetallen, wie Kupfer, Gold und Silber. Andere seltene Werkstoffe können bei diesen Prozessen nicht gewonnen werden und gehen verloren. »Elemente wie Tantal, Wolfram oder Seltene Erden wie Neodym spielen auch zukünftig eine wichtige Rolle bei der industriellen Fertigung von High-Tech-Elektronik«, erklärt Projektkoordinator Prof. Reinhard Noll vom Fraunhofer ILT in Aachen. »Der Reverse-Production-Ansatz soll nun dafür sorgen, dass bislang nicht ausgeschöpfte Potentiale genutzt werden.«
Mit Lasertechnik nachhaltig wirtschaften – Reverse Production
»ADIR« lotet die Machbarkeit neuer Technologien für die nächste
Generation des Urban Mining aus. Automatisierbare flexible Prozesse
ermöglichen dabei ein modernes Recycling von Schätzen, die in der
städtischen Umgebung zu finden sind, etwa defekte und ungenutzte
Elektronikgeräte. Spezielle Maschinen für die automatisierte Zerlegung
und Entstückung sollen in verschiedenen Bearbeitungsstufen Lasertechnik,
Robotik, moderne Bildverarbeitung und Informationstechnologie
miteinander verknüpfen. Laser eignen sich hier für diverse Aufgaben, zum
Beispiel für die 3D-Messtechnik, die Echtzeit-Identifizierung von
Inhaltsstoffen oder für das berührungslose Freilegen und Entlöten
elektronischer Bauelemente. Mit neuen Sortierfraktionen lassen sich
hochwertige Stoffe in kurzen Bearbeitungszeiten gewinnen.
Nach der Anforderungsanalyse für die Materialhandhabung sowie Prüfung verschiedener Recycling-Verfahren startete die Prozessentwicklung im »ADIR«-Verbundvorhaben. Die Wissenschaftler optimierten einzelne Verarbeitungsschritte zur Sortierung bestimmter Bauelemente und die Weiterprozessierung nach jeder Stufe zunächst im Labormaßstab und entwickeln nun entsprechende Soft- und Hardwaremodule, die zu einer Maschine kombiniert werden können. 2018 bauen die Projektpartner einen Demonstrator in einem Recyclingbetrieb auf, mit dem eine experimentelle Validierung im industriellen Umfeld möglich ist – Effizienz steht dabei ebenso im Vordergrund wie ein hoher Grad an Verwertbarkeit.
Das Fraunhofer ILT initiierte im Februar 2016 das Begleitprojekt »i-Recycle«, mit dem bis 2019 ausgediente Mobiltelefone der Fraunhofer-Gesellschaft als Testobjekte für »ADIR« gesammelt und für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Verfügung gestellt werden.
Unabhängigkeit durch vereintes Know-how
Neben Laser- und Automatisierungs-Prozessentwicklern zählen Experten
für Metallrecycling zum »ADIR«-Konsortium, das sich eine nachhaltige,
praxistaugliche Rückgewinnung von Rohstoffen und Materialen aus nicht
mehr verwendeter Elektronik zum Ziel gesetzt hat. »Strategisch geht es
auch darum, die Ressourcenabhängigkeit der EU und kostenaufwändige
Materialimporte zu verringern«, so Projektleiter Dr. Cord
Fricke-Begemann vom Fraunhofer ILT. Testobjekte zur Verfügung stellen
und das Recycling der nächsten Generation mitentwickeln: mit »ADIR« und
»i-Recycle« nimmt die Fraunhofer-Gesellschaft eine Vorreiterrolle beim
vielversprechenden Zukunftsthema des Urban Mining ein.
Auf der Website www.adir.eu gibt es aktuelle Informationen zum Fortschritt des Projekts.