Fraunhofer ILT: futureAM – Next Generation Additive Manufacturing
© Foto Fraunhofer ILT, Aachen / Andreas Steindl. Bild 1: Partner aus Industrie und Wissenschaft trafen sich am 14.11.2017 zum Kick-off des Fraunhofer-Fokusprojekts futureAM in Aachen.
Am 14.11.2017 startete in Aachen unter der Federführung des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT das Fraunhofer-Fokusprojekt futureAM. Sechs Projektpartner – die Fraunhofer-Institute ILT, IWS, IWU, IGD und IFAM sowie das LZN Laser Zentrum Nord – haben sich ein klares Ziel gesetzt: In den kommenden drei Jahren wollen sie im engen Schulterschluss die Voraussetzungen für deutliche Technologiesprünge im Bereich Additive Manufacturing mit metallischen Werkstoffen (Metall AM) schaffen.
Ein konkretes Ziel des Fokusprojektes ist es, die additive Fertigung von Metallbauteilen signifikant zu beschleunigen und gleichzeitig die Herstellungskosten zu reduzieren. Mit neuartigen Anlagenkonzepten sollen zudem derzeitige Beschränkungen der Baugröße aufgehoben werden. »Die Forschungsplattform soll neue digitale Prozessketten, skalierbare und robuste AM-Prozesse, Systemtechnik und Automatisierung entwickeln und außerdem die Palette an verarbeit- und bezahlbaren Werkstoffen erweitern«, erklärt Prof. Johannes Henrich Schleifenbaum, Koordinator von futureAM und Director Additive Manufacturing and Functional Layers am Fraunhofer ILT in Aachen.
Kooperationsplattform stärkt deutsche Marktposition
In vielen Branchen herrscht in Sachen Metall AM weltweit Aufbruchstimmung: Mit diesem aufstrebenden Wirtschaftszweig beschäftigen sich in Deutschland, dem Pionier dieser Technologie, bereits seit Jahren viele Institute, Universitäten und junge wie etablierte Firmen. In ihnen sind zahlreiche Anlagen und Verfahren für die gesamte Wertschöpfungskette von der Werkstoffherstellung bis hin zum Anlagenbau entstanden. Handelte es sich bisher nur um Nischenanwendungen, scheint nun der Durchbruch in der Serie bevorzustehen. Doch Deutschland kann seine weltweit führende Position nur dann halten und ausbauen, wenn deutsche Forschungseinrichtungen ihre Wissensbasis auf dem Gebiet Metall AM gemeinsam nutzen und daraus deutliche Technologiesprünge generieren, die wiederum durch die Industrie aufgegriffen werden können. Die Projektpartner definierten dazu vier Handlungsfelder, in denen der technologische Vorsprung gesichert werden soll:
1. Industrie 4.0 und digitale Prozessketten
2. skalierbare und robuste AM-Prozesse
3. Werkstoffe
4. Systemtechnik und Automatisierung
Herstellung von Demonstratorbauteilen im Virtual Lab
Zusammenschlüsse auf dem Gebiet des 3D-Drucks sind keine Seltenheit,
doch die futureAM-Plattform unterscheidet sich vor allem in einem Punkt
von anderen: Sie zeichnet sich durch Praxisnähe aus, die auf
langjährigen eigenen Erfahrungen der beteiligten Institute mit Metall AM
basiert. »Es ist vielen nicht bekannt, dass bereits einige Firmen
Additive Manufacturing für die Serienfertigung nutzen − etwa zur
Produktion von Zahnersatz, Implantaten oder Turbinenkomponenten«, sagt
Prof. Schleifenbaum. »Aufbauend auf diesen ersten Pionierleistungen geht
es uns jetzt um die ganzheitliche Realisierung einer neuen Generation
von Metall AM entlang der gesamten Prozesskette. Die vollständige
Digitalisierung der Prozesskette, neue Werkstoffe, innovative
Designmöglichkeiten und einen um den Faktor 10 beschleunigten
Herstellungsprozess sind die Zielvorgaben.« Dazu kooperieren die sechs
Projektpartner in einem Virtual Lab mit einer geschlossenen digitalen
Abbildung der Kompetenzen und Ausstattung der beteiligten Institute.
Jeder Entität – ob Maschine oder Produkt – wird ein »Digital Twin«
zugeordnet und beschrieben. Auf der Grundlage dieser Digital Twins
können mittels Modellierung und Simulation reale Systeme optimiert
werden. Dies dient beispielsweise der Fehlerdiagnose, der prädiktiven
Analyse oder der Produkt- und Prozessoptimierung. Die Rolle des Menschen
wandelt sich weg von der heutigen zentralen Planungsinstanz hin zur
Entscheidungs- und Überwachungsinstanz. Autonome Systeme innerhalb des
virtuellen Labors unterstützen den Menschen vor Ort durch geeignete
Auswerte- und Monitoring-Tools. Das Virtual Lab liefert somit eine
vollständige digitale Transparenz.
Das Laser Zentrum Nord wird Fraunhofer-Institut
Ein roter Faden bei allen Aktivitäten ist die digitale
Transformation, denn mit ihr steht und fällt der Erfolg des Projekts.
Eine wichtige Rolle übernimmt hier die LZN Laser Zentrum Nord GmbH der
TU Hamburg-Harburg, die ab dem 1. Januar 2018 als Fraunhofer-Institut
für Additive Produktionstechnologie IAPT Teil der
Fraunhofer-Gesellschaft sein wird. Die Hanseaten haben sich vor allem
einen Namen mit der Entwicklung kompletter Prozessketten für kleine und
große Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen gemacht: Sie leiten
daher auch das erste Handlungsfeld, in dem Industrie 4.0 und digitale
Prozessketten im Mittelpunkt stehen.
Stärken ausbauen und nutzen – die futureAM-Projektpartner
Die Wissenschaftler der beteiligten Institute arbeiten interdisziplinär zusammen. Anhand konkreter Bauteile soll die Praxistauglichkeit der innovativen Entwicklungen demonstriert werden. Beispielsweise wird ein Achsschenkel im Multimaterial-AM-Verfahren gefertigt. Alle Schritte der gesamten Prozesskette werden ganzheitlich und interdisziplinär berücksichtigt, vom Design bzw. Re-Design des Bauteils, der Produktion per selektivem Laserschmelzen, dem Aufbau der Stützstrukturen mit Laserauftragschweißen bis hin zum abschließenden automatisierten Entfernen der Strukturen und der Nachbearbeitung. Als Koordinator sorgt das Fraunhofer ILT in Aachen für skalierbare und robuste AM-Prozesse. Das LZN Laser Zentrum Nord, künftiges Fraunhofer-Institut für Additive Produktionstechnologie IAPT, in Hamburg ist verantwortlich für den Bereich Industrie 4.0 und digitale Prozessketten. In diesem Handlungsfeld ist auch das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt aktiv. An einer Verstärkungsstruktur aus einem zweiten hochfesten Werkstoff arbeitet das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. Die Systemtechnik und Automatisierung für die Nachbearbeitung von Bauteilen fällt in den Verantwortungsbereich des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz.