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Deutsche und russische Physiker erforschen magnetische Eigenschaften vielversprechender Materialien

© TU Dortmund

Im deutsch-russischen Sonder­forschungs­bereich SFB/Transregio 160 „Coherent manipulation of interacting spin excitations in tailored semiconductors“ beschäftigen sich Physikerinnen und Physiker der TU Dortmund, des russischen Ioffe-Instituts und der St. Petersburg State University mit dem Eigendrehimpuls von Elektronen in Halbleitern. Diese quantenmechanische Eigenschaft, der sogenannte Spin, beeinflusst die magnetischen Eigenschaften eines Materials und lässt sich durch ein Magnetfeld gezielt steuern. Ein Team widmet sich den Spin-Eigenschaften in Perovskit-Kristallstrukturen, die aktuell große Aufmerksamkeit als Bauteile in effizienten Solarzellen erfahren. Ihre Erkenntnisse haben die Physiker in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins Nature Communications veröffentlicht. Der Beitrag ist die erste systematische Arbeit zu den Spin-Eigenschaften der Perovskit-Materialien.

Vor wenigen Jahren wurde gezeigt, dass eine spezielle Klasse von Perovskit-Kristallstrukturen, sogenannte Bleihalogenide, sehr gut Licht in Strom verwandeln kann. Da die Herstellungskosten niedrig sind, könnten mit ihnen preisgünstige Solarzellen produziert werden. Umgekehrt zeigen die Perovskit-Kristallstrukturen intensive Lichtemission, wenn sie von Strom durchflossen werden. So könnten mit ihnen Leuchtdioden hergestellt werden.
Ihre vielseitige Verwendbarkeit lässt auf weitere Anwendungen hoffen: So sollte Licht dazu genutzt werden können, die Spins von Kristallstrukturen von Ladungsträgern räumlich auszurichten. Damit könnten sie als Speichermedien, sowohl im klassischen als auch Quantenbereich, eingesetzt werden, zu deren Betrieb sehr wenig Energie aufgewendet werden muss.
Dazu müssen die Wissen­schaft­ler mehr über die Spin-Eigenschaften dieser Kristallstrukturen herausfinden. Dafür hat ein Team um Dr. Vasilii Belykh an der TU Dortmund erstmals systematische Experimente durchgeführt, um die Spins selbst und die Wechselwirkung mit ihrer Umgebung zu verstehen.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Konkret haben die Wissen­schaft­ler CsPbBr3-Perovskit-Kristalle untersucht, die an der ETH Zürich hergestellt wurden. Die Physiker beobachteten, was geschieht, wenn kurze, intensive Laserimpulse bei niedrigen Temperaturen und in starken Magnetfeldern auf die Kristallstrukturen treffen. Dr. Belykh und seine Kollegen haben herausgefunden, dass die Spins der Elektronen in den Kristallen einerseits stark auf die Laserimpulse reagieren. Das heißt, dass sich die Spins gezielt beeinflussen lassen. Gerade das macht die Perovskit-Kristalle für einen möglichen Einsatz als Speichermedium interessant. Andererseits zeigen sie auch eine intensive Wechselwirkung mit den Atomkernen des Kristalls. Diese Wechselwirkung könnte geschickt genutzt werden, um die Lebensdauer eines magnetischen Speichers noch deutlich zu erhöhen – die Information soll schließlich auf einer Festplatte verlässlich gespeichert bleiben.
Wissen­schaft­ler des Ioffe-Instituts in Sankt Petersburg, das im internationalen Sonder­forschungs­bereich mit der TU Dortmund zusammenarbeitet, konnten die Beobachtungen mit ihren Modellen exzellent beschreiben.