Teilchenbeschleunigung im Taschenformat
Laserphysiker um Professor Stefan Karsch erforschen die Laser-Wakefield-Beschleunigungs-Technologie am Centre for Advanced Laser Applications der LMU. © Thorsten Naeser
Zusammen mit seinem Team hat Professor Stefan Karsch aus dem Labor für
Attosekundenphysik (LAP) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)
München und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) ein
Miniaturmodell für die sogenannte Plasma-Wakefield-Beschleunigung
etabliert. Das neue System schafft eine breitere Basis, um die nächste
Generation von Beschleunigern zu entwickeln.
Wer verstehen möchte, wie unsere Welt auf ganz elementarer Ebene
funktioniert, sollte einen möglichst leistungsstarken
Teilchenbeschleuniger zur Verfügung haben. Als heißer Kandidat, die
nächste Generation von Beschleunigern anzutreiben und damit noch
avanciertere Forschung zu ermöglichen, gilt die sogenannte
Plasma-Wakefield-Beschleunigung (PWFA). Bis heute sind jedoch wichtige
technische und physikalische Fragen rund um diese Technologie ungeklärt.
Das liegt vor allem daran, dass nur wenige Großbeschleuniger die zum
Antrieb der Plasmawellen geeigneten Elektronenpulse erzeugen können.
Doch nun macht ein Team um Professor Stefan Karsch vom Labor für
Attosekundenphysik (LAP) an der LMU und dem Max-Planck-Institut für
Quantenoptik (MPQ) mit einem Miniatur-Modell die Erforschung von PWFA
auch im Universitätslabor möglich und stellt die Technologieentwicklung
so auf eine breitere Basis.
Die Plasma-Wakefield-Beschleunigung, die als neuartige
Beschleunigertechnologie die Größe und damit Kosten solcher Projekte
drastisch reduzieren könnte, verwendet Plasmawellen statt Radiowellen
zur Beschleunigung. Die Plasmabeschleunigung lässt Elektronen auf einer
Welle surfen. Diese wird durch einen kurzen, hochdichten Elektronenpuls,
auch Treiberpuls genannt, erzeugt, der durch ein Plasma geschickt wird.
Die Elektronen im Plasma werden dabei von den Elektronen im Treiberpuls
abgestoßen, in etwa so wie ein Schiff Wasser verdrängt, und bilden
deshalb eine Kielwelle. Auf dieser Kielwelle können jetzt wiederum
andere Elektronen surfen und dabei eine deutlich höhere Energie gewinnen
als die Elektronen im Treiberpuls. Bislang waren dafür noch große,
konventionelle Beschleuniger notwendig. Darum wird diese Technik bisher
nur an wenigen Großanlagen wie SLAC oder CERN erforscht.
Die Forscher um Stefan Karsch entwickelten ihre Miniaturversion von PWFA im Laboratory for Extreme Photonics der LMU. Diese funktioniert ähnlich wie ein Wellenbecken, in dem man mit kleinen Modellen zum Beispiel Strömungen im Ozean studieren kann. Dabei verwendeten die Physiker den ATLAS Laser als Erzeuger für die Treiberstrahlen. Dessen intensive Teilchenstrahlen erlaubten es ihnen, einen wenige Millimeter langen Plasmabeschleuniger zu schaffen und dabei das Kielwellenfeld abzubilden. Ihr rein optischer Ansatz ermöglichte es, Diagnostiken zu implementieren, die neue Einblicke in das Plasma schafften. Dadurch beobachteten die Laserphysiker erstmals die Langzeitdynamik der Welle und die Bewegung der Ionen im Plasma, deren Dynamik üblicherweise in Simulationsrechnungen vernachlässigt wird. Diese Beobachtungen können nun direkt zur Optimierung von PWFAs an Großanlagen verwendet werden.