Alles auf einem Chip: GaN Power ICs mit integrierter Sensorik
© Fraunhofer IAF In der Elektromobilität müssen möglichst viele kleine und effiziente Systeme auf wenig Platz verbaut werden. Der abgebildete Spannungswandler basiert auf GaN Power ICs der Abmessung 4 x 3 mm².
Einem Fraunhofer-Forscherteam ist es gelungen, die Funktionalität von GaN Power ICs für Spannungswandler signifikant zu steigern: Am Fraunhofer IAF integrierten die Forscher Strom- und Temperatursensoren zusammen mit Leistungstransistoren, Freilaufdioden und Gate-Treibern auf einem GaN-basierten Halbleiterchip. Diese Entwicklung ebnet den Weg für kompaktere und effizientere On-Board-Ladegeräte in Elektrofahrzeugen.
Damit sich Fahrzeuge mit Elektroantrieb langfristig durchsetzen können, müssen die Lademöglichkeiten flexibler werden. Um Ladesäulen mit Wechselstrom, Wandladestationen oder gegebenenfalls herkömmliche Steckdosen zur Ladung zu nutzen, sind die Nutzer auf On-Board-Ladegeräte angewiesen. Diese im Fahrzeug mitgeführte Ladeelektronik muss möglichst klein, leicht und kostengünstig sein. Dafür braucht es extrem kompakte und gleichzeitig effiziente leistungselektronische Systeme wie etwa Spannungswandler.
Mehrere Einzelkomponenten auf einem Chip
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF forscht
seit mehreren Jahren an der monolithischen Integration im Bereich der
Leistungselektronik. Dabei werden mehrere Einzelkomponenten wie etwa
Leistungsbauelemente, Ansteuerung und Sensorik auf einem Halbleiterchip
vereint. Die Basis hierfür ist das Halbleitermaterial Galliumnitrid.
Basierend auf einem Leistungstransistor der 600 V-Klasse ist es den
Forschern am Fraunhofer IAF bereits 2014 gelungen, intrinsische
Freilaufdioden und Gate-Treiber zu integrieren. 2017 wurde dann erstmals
eine monolithische GaN-Halbbrücke bei 400 V betrieben.
Mit ihren neuesten Forschungsergebnissen vereinen sie jetzt erstmals
Strom- und Temperatursensorik, Leistungstransistoren der 600 V-Klasse
mit intrinsischen Freilaufioden und Gate-Treiber in einem GaN Power IC.
Im Rahmen des Forschungsprojektes GaNIAL haben die Forscher den
Funktionsnachweis all dieser Funktionalität in einem GaN Power IC
erbracht und damit einen Durchbruch in der Integrationsdichte
leistungselektronischer Systeme erlangt. »Mit der zusätzlichen
Integration von Sensoren auf dem GaN-Chip ist es uns gelungen, die
Funktionalität unserer GaN-Technologie für die Leistungselektronik
signifikant zu steigern«, erklärt Dr. Patrick Waltereit, Projektleiter
von GaNIAL und stellvertretender Geschäftsfeldleiter Leistungselektronik
am Fraunhofer IAF.
Der Titel des Projektes GaNIAL steht für «Integrierte, hocheffiziente
Leistungselektronik auf der Basis von Galliumnitrid«. In dem vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt
entwickelt das Fraunhofer IAF seit 2016 zusammen mit der BMW Group,
Robert Bosch GmbH, Finepower GmbH und der Universität Stuttgart
leistungsfähige und kompakte Komponenten auf GaN-Basis für die
Elektromobilität.
Integrierte Sensorik für direkte Kontrolle
Im Vergleich zu herkömmlichen Spannungswandlern ermöglicht die neu
entwickelte Schaltung nicht nur höhere Schaltfrequenzen und damit eine
höhere Leistungsdichte, sondern gleichzeitig eine schnelle und genaue
Zustandsüberwachung direkt im Chip. »Die erhöhte Schaltfrequenz von
GaN-basierter Leistungselektronik ermöglicht zwar immer kompaktere
Aufbauten, führt aber auch zu einer verschärften Anforderung bezüglich
deren Überwachung und Regelung. Deshalb ist eine im Chip integrierte
Sensorik von großem Vorteil« betont Stefan Mönch, Forscher im Bereich
Leistungselektronik am Fraunhofer IAF.
Bislang wurden Strom- und Temperatursensoren außerhalb des GaN-Chips
realisiert. Der integrierte Stromsensor ermöglicht nun die
rückwirkungsfreie Messung des Transistor-Stroms zur Regelung und zum
Kurzschluss-Schutz und spart Platz im Vergleich zu sonst üblichen
externen Stromsensoren. Der integrierte Temperatursensor ermöglicht die
direkte Messung der Temperatur des Leistungstransistors und bildet diese
thermisch kritische Stelle damit deutlich genauer und schneller ab als
bisherige externe Sensoren, da der Abstand und resultierende
Temperaturunterschied zwischen Sensor und Messstelle durch die
monolithische Integration entfällt.
»Die monolithisch integrierte GaN-Leistungselektronik mit Sensorik
und Ansteuerung spart Chipfläche, reduziert den Aufwand für die
Aufbautechnik und erhöht die Zuverlässigkeit. Für Anwendungen, in denen
viele möglichst kleine und effiziente Systeme auf wenig Platz verbaut
werden müssen, wie etwa der Elektromobilität, ist das entscheidend« sagt
Mönch, der die integrierte Schaltung für den GaN-Chip entworfen hat.
Der 4 x 3 mm²-kleine GaN-Chip bildet die Basis für die weitere
Entwicklung von kompakteren On-Board-Ladegeräten.
Die Besonderheit von Galliumnitrid nutzen
Für die monolithische Integration nutzt das Forscherteam das
Halbleitermaterial Galliumnitrid, das auf Siliciumsubstrat abgeschieden
wurde (GaN-on-Si). Die Besonderheit der GaN-on-Si-Leistungselektronik
liegt in der lateralen Beschaffenheit des Materials: Der Strom fließt
parallel zur Chipoberfläche, wodurch sich alle Anschlüsse auf der
Chipoberseite befinden und über Leiterbahnen verbunden sind. Diese
laterale Struktur der GaN-Bauteile erlaubt die monolithische Integration
von mehreren Komponenten wie Transistoren, Treibern, Dioden und
Sensoren auf einem Chip. »Galliumnitrid verfügt über einen weiteren
entscheidenden Marktvorteil gegenüber anderen Wide-Bandgap-Halbleitern
wie etwa Siliciumcarbid: GaN kann auf kostengünstigen und großflächigen
Silicium-Substraten abgeschieden werden und eignet sich damit für den
industriellen Einsatz«, erläutert Mönch.
Exponat auf der PCIM Europe
Der Projektpartner Finepower GmbH präsentiert das neu entwickelte
GaN-Leistungsmodul auf der Ausstellung der diesjährigen PCIM Europe in
Halle 9, Stand 440. Auf der begleitenden Konferenz stellen Forscher des
Fraunhofer IAF ihre neuesten Forschungsergebnisse und Entwicklungen im
Bereich der Leistungselektronik vor. Die PCIM Europe findet vom 7.-9.
Mai 2019 in Nürnberg statt.