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Balance aus Ordnung und Unordnung ermöglicht hocheffiziente Solarzellen

Darstellung zur Balance aus Ordnung und Unordnung in Halogenid-Perowskiten, in welchen sich die dynamischen Unregelmäßigkeiten der Brom- (in braun) und Cäsium-Atome (in cyan) räumlich nicht fortpflanzen. © Christian Gehrmann & David Egger

Das Ziel weltweiter Forschungsbestrebung ist die Entwicklung neuer Materialien, die es ermöglichen sollen, dass Solarzellen möglichst viel Sonnenenergie aufnehmen, die in elektrische Energie umgewandelt werden kann. Damit könnten in Zukunft extrem dünne Solarzellen hergestellt werden, die unter anderem in Glasfassaden zum Einsatz kommen könnten.  Mit neuartigen und in der Natur nicht vorkommenden Halogenid-Perowskiten – dem sogenannten "Wundermaterial der Photovoltaik" – gelang in weniger als einem Jahrzehnt ein bis dato unvergleichbarer
Siegeszug in der Entwicklung von effizienten, kostengünstigen Solarzellen. Halogenid-Perowskit Solarzellen sind bereits heute ähnlich effizient wie siliziumbasierte Solarzellen, welche mehr als 50 Jahre lang erforscht und entwickelt wurden. Eine Besonderheit dieser Perowskite betrifft das dynamische Verhalten der Atome bei Raumtemperatur: Während in üblichen Solarmaterialien die Atome wohl definierte, harmonische Schwingungen durchführen, ist die Situation bei den relativ weichen Halogenid-Perowskiten deutlich komplexer. Es war bis dato unklar, wie das Auftreten dieser atomaren dynamischen Unordnung in den Perowskiten eine effiziente Absorption von Sonnenlicht überhaupt ermöglicht.

Christian Gehrmann und das Team des Sofja Kovalevskaja Preisträgers Prof. David Egger vom Institut für Theoretische Physik der Universität Regensburg (mittlerweile am Department für Physik, TU München) haben dieses Geheimnis nun gelüftet. Sie haben mit Hilfe von Supercomputern äußerst aufwändige quantenmechanische Molekulardynamik-Berechnungen durchgeführt, um dem kollektiven Verhalten der Atome und Elektronen innerhalb des Perowskits bei praktisch relevanten Bedingungen auf die Spur zu kommen. Ihre Arbeit – welche kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde – zeigt, dass sich die dynamische Unordnung der Atome in den Perowskitkristallen paradoxerweise räumlich nicht fortpflanzt. Zwar treten massive Unordnungseffekte auf, aber die davon betroffenen Domänen sind dynamisch voneinander abgeschirmt, sodass das Verhalten der Elektronen im Kristall davon kaum beeinflusst wird.

Diese Balance aus Ordnung und Unordnung ist daher essentiell für die außerordentlich effiziente Absorption von Sonnenlicht in den neuartigen Halogenid-Perowskit Solarzellen. Die Erkenntnisse der Regensburger Physiker legen damit einen Grundstein für das mikroskopische Verständnis dieser neuen Solarmaterialien. Auf dieser Basis können künftig weitere Fortschritte in der Entwicklung von effizienten und kostengünstigen Solarzellen erzielt werden.