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Die Wirkung des heißen Elektrons

Elektronenbeugungsmuster der Probe (Farben nachträglich hinzugefügt) © AG Bovensiepen (N. Rothenbach et al., Phys. Rev. B 100(2019))

Sehen kann man sie nicht wirklich, aber dennoch lässt sich der Energiefluss wie in einem Daumenkino verfolgen: Ein Physik-Team der UDE hat die Energieübertragung in einem Metall-Isolator-Material untersucht und die Ergebnisse im Fachmagazin Physical Review B veröffentlicht. Langfristig könnten sie dazu beitragen, das Wärmeproblem in der Mikroelektronik durch gezieltes Materialdesign zu lösen.

Laptops und Server – sie wären zum Hitzetod verurteilt, gäbe es nicht energiefressende und voluminöse Technik, um die empfindlichen Schaltungen zu kühlen. Ungewollte, bisher aber nicht vermeidbare Abwärme ist ein teures Problem. Verfolgt man ihre Ursache bis auf die atomare Ebene zurück, so landet man beim Elektron, das sich seinen Weg durch verschiedene Materialien bahnt. Aber wie genau?

Das haben UDE-Physiker vom Sonderforschungsbereich „Nichtgleichgewichtsdynamik kondensierter Materie in der Zeitdomäne“ untersucht. Dazu haben sie ein Material, das im Wechsel aus dünnen Schichten Metall (Eisen) und Isolator (Magnesiumoxid) besteht, mit einem Anrege-Abfrage-Verfahren untersucht: Ein Laserpuls bringt Energie in das System ein, kurze Zeit später liest ein Röntgenstrahl in einer Momentaufnahme aus, wie sie sich in Form „heißer Elektronen“ im Material ausbreitet. „Wenn wir den zeitlichen Abstand beider Pulse gleichmäßig vergrößern, dann können wir den Prozess wie in einem Film verfolgen“, erklärt Experimentalphysikerin Dr. Andrea Eschenlohr.

Reaktion in einer billionstel Sekunde
Das Ergebnis: In weniger als einer Pikosekunde (0,000 000 000 001 s) regen die heißen Elektronen das Metallgitter an; fast gleichzeitig beginnt die Grenzfläche zwischen den Materialien zu schwingen. Eine weitere Pikosekunde später reagiert auch der Isolator. „Letzteres hat uns überrascht“, so Eschenlohr. „Wir hätten nicht erwartet, dass diese Grenzflächenschwingungen so wichtig sind.“ Theoretische Simulationen bestätigten die Ergebnisse im Detail.

Im nächsten Schritt wollen die Physiker nun komplexere Systeme untersuchen und die Ergebnisse möglichst verallgemeinern. „Auf lange Sicht ließe sich so vielleicht ein genau abgestimmter Materialmix für verschiedene Aufgaben maßschneidern und das Problem mit der Abwärme lösen.“

Die Veröffentlichung entstand als Kooperation der Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Uwe Bovensiepen, Prof. Dr. Rossitza Pentcheva und Prof. Dr. Heiko Wende.