Geruchsvermeidung bei Kunststoff-Rezyklaten
© Fraunhofer IVV Die getrennte Sammlung wirkt sich positiv aus auf die sensorischen Eigenschaften von Kunststoff-Abfällen und damit auch auf die Rezyklatqualität.
Sollen Kunststoff-Rezyklate aus Verpackungsabfällen zur Herstellung neuer Produkte eingesetzt werden, müssen sie sensorisch hohen Anforderungen genügen. Oft weisen Kunststoff-Rezyklate jedoch Störgerüche auf, von denen einige bislang nicht identifiziert werden konnten. Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV hat die sensorischen Eigenschaften von post-consumer Einkaufstüten aus Low Density Polyethylen (LDPE) aus unterschiedlichen Sammelsystemen analysiert. Mehr als 60 geruchsaktive Substanzen konnten dabei mit kombinierten chemo-analytischen Methoden identifiziert werden. Sie liefern Hinweise für eine gezielte Strategie der Geruchsvermeidung. Entstanden ist die nun veröffentlichte Studie in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Aroma- und Geruchsforschung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Universität Alicante.
Um die von der neuen EU-Verpackungsrichtlinie geforderten Ziele beim Recycling von Verpackungsabfällen zu erfüllen, müssen neue Märkte für Rezyklate aus Kunststoff-Verpackungen erschlossen werden. Damit Rezyklate aus Kunststoff-Verpackungsabfall als Sekundärrohstoff erneut in qualitativ hochwertigen Produkten eingesetzt werden können, dürfen sie keine Störgerüche aufweisen. Somit verhindert ein Störgeruch in Kunststoff-Rezyklaten einen geschlossenen Kreislauf des Verpackungs-Recyclings. Eine hohe Wiederverwendungsrate von Verpackungsabfällen findet derzeit vor allem bei Rezyklaten von Flaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) statt.
LDPE-Verpackungsabfälle im Fokus
Die Abteilung Analytische Sensorik
beschäftigt sich im Fraunhofer IVV mit der Charakterisierung und
Optimierung von Kunststoffen und Rezyklaten. Die Geruchsstoffe in
HDPE-Abfall und Rezyklaten aus Verpackungen von Körperpflegeprodukten
und Waschmitteln wurden bereits analysiert. Zu den häufig eingesetzten
Kunststoffen zählt auch Low Density Polyethylen
(LDPE). Viele Verpackungen wie z. B. Einkaufstüten bestehen daraus.
Über die Sammelsysteme gelangen sie als Verpackungsabfall zum Recycling.
Anhand der untersuchten post-consumer LDPE-Einkaufstüten stand in der
jetzt vorliegenden Studie auch der Einfluss der Sammelstrategie auf die
sensorische Beeinträchtigung der Abfälle im Fokus.
Identifizierung der Geruchsstoffe - der grundlegende Schritt zur Vermeidung
Die Identifizierung der für den Störgeruch
verantwortlichen Substanzen ist die Grundvoraussetzung, um Maßnahmen der
Geruchsoptimierung ergreifen zu können. Bei dem Großteil der in der
Studie aufgedeckten Geruchsstoffe handelt es sich um typische
Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen. Eine große Anzahl der
Geruchsstoffe wies daher einen käseartigen und fäkalen Geruch auf. Unter
den Geruchsstoffen wurden u.a. Carbonsäuren und schwefelhaltige sowie
stickstoffhaltige Komponenten ermittelt. Vor allem die chemische
Struktur der gefundenen Geruchsstoffe gibt Aufschluss über deren
Ursprung. Anhand dieser Informationen werden die Eintragswege in den
Verpackungsabfall und über den Recyclingprozess in das Rezyklat
nachvollziehbar. Je nachdem, an welchem Prozessschritt ein Geruchsstoff
nicht entfernt werden kann oder sogar neu entsteht, können gezielte
Maßnahmen zur Reduktion oder zur Vermeidung einer Neubildung abgeleitet
werden.
Weniger Geruchsstoffe bei getrennter Sammlung im Gelben Sack
Die Studie hat gezeigt, dass bereits die Art, wie
die Verpackungsabfälle gesammelt werden, einen entscheidenden Einfluss
auf die Geruchsqualität der Einkaufstüten ausübt. Deutliche Vorteile
bringt die getrennte Sammlung im Gelben Sack. Die über diesen Weg
gesammelten Abfälle wiesen eine signifikant geringere
Gesamtgeruchsbelastung auf. Intensivere käseartige, schweißige und
fäkale Geruchsnoten wies hingegen die Abfallfraktion auf, die im
allgemeinen Hausmüll gesammelt wurde. Der höhere organische Anteil im
Restmüll begünstigt die Entstehung dieser mikrobiellen Abbauprodukte.
Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die untersuchten post-consumer
LDPE-Einkaufstüten aus der getrennten Sammlung, die bei 60 Grad
gewaschen wurden, weniger Geruchsstoffe und einen geringeren
Gesamtgeruch aufwiesen als die ungewaschenen.
Methoden der Geruchsidentifizierung in Kunststoff-Abfällen
Zur Identifizierung der Gerüche setzte das
Wissenschaftlerteam Methoden der Analytischen Sensorik ein. Im Rahmen
der Studie erfolgte die sensorische Bewertung der Probenmaterialien
durch ein geschultes Sensorikpanel. Die ursächlichen Geruchsstoffe
wurden mittels chemo-analytischer Methoden wie
Gaschromatographie-Olfaktometrie sowie zweidimensional gekoppelt mit
Massenspektrometrie aufgeklärt. So wurden sowohl die chemische Struktur
bestimmt als auch mögliche Bildungswege und Quellen der Geruchsstoffe
abgeleitet. Diese grundlegenden Erkenntnisse können nun genutzt werden,
um maßgeschneiderte Lösungen zur Geruchsoptimierung von
Kunststoff-Rezyklaten bereits von der Sammlung an zu erarbeiten.