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Auf der Spur der ge­heim­nis­vol­len dunklen Ex­zi­ton-Materie

Technische Uni­ver­si­tät Dort­mund

LEDs bilden die Grundlage für die energieeffiziente Erzeugung von Licht: In ihrem Inneren entstehen durch Strom Teilchen namens Exzitonen, die in Licht umgewandelt wer­den. Diese „hellen“ Exzitonen besitzen „dunkle Zwillinge“, die nun ein For­schungs­team der TU Dort­mund erstmalig im Detail cha­rak­te­ri­siert hat – und dabei erstaunliche Be­obach­tung­en machte. So konnte das Team quantenmechanische Phänomene nachweisen, die das Verständnis von Störeffekten in LEDs verbessern.

LEDs sind heute in Smartphones, Fernsehern und Lampen eingebaut und aus dem Alltag nicht mehr weg­zu­den­ken. Möglich wurde ihr flächendeckender Ein­satz erst durch die Entwicklung der blauen Leuchtdiode, für die 2014 der Nobelpreis für Physik verliehen wurde. Zuvor gab es bereits rote und grüne Leuchtdioden. Zusammen mit der blauen Leuchtdiode war es nun auch mög­lich, weißes Licht zu erzeugen.

Zur Lichterzeugung wer­den in einen Kristall ne­ga­ti­ve und positive elektrische Ladungen injiziert. Wenn zwei aufeinandertreffen, wandeln sie sich in Licht um und zerfallen. Zuvor gehen sie einen gebundenen Zustand ein. Dieser Zustand entspricht einem neuen Teilchen, das Ex­zi­ton genannt wird. Exzitonen können nur bestimmte Energien aufweisen, die durch die Quan­ten­me­cha­nik vorgegeben wer­den. Jeder lichtemittierende Kristall zeigt eine spezifische Serie von Ener­gie­zu­stän­den der Exzitonen, deren Werte vom Material abhängen. Will man dieses optimieren, so benötigt man Rückschlüsse auf die Exzitonen und ih­re charakteristischen Energien. Erstmals nach­ge­wie­sen wurden Exzitonen im Material Kupferoxydul (Cu2O).

Dunkle und helle Exzitonen
Neben den hellen, lichtemittierenden Exzitonen gibt es auch dunkle Exzitonen, die nicht in Licht zerfallen können. Über eine quantenmechanische Wechselwirkung, die sogenannte Austausch-Wechselwirkung, unterscheiden sich ih­re Energien von denen der hellen Exzitonen. Bisher konnte in allen bekannten Materialien, auch in Kupferoxydul, nur der niedrigste Grundzustand dieser dunklen Exzitonmaterie beobachtet wer­den. Ihrem Namen entsprechend waren diese Zustände bisher dunkel und verborgen geblieben.

Nun konnten die Dort­mun­der Physiker erstmals einen vertieften Einblick in die dunkle Exzitonwelt gewinnen. Dafür wurden starke Magnetfelder benutzt, um dunkle und helle Exzitonen mit­ei­nan­der zu mischen. Zudem kam eine spezielle ex­peri­men­telle Technik zum Ein­satz, bei der zwei Photonen mit jeweils halber Ex­zi­ton-Energie genutzt wer­den, um das dunkle Ex­zi­ton anzuregen. Wenn dieses wieder zerfällt, ent­steht ein Photon, welches sich beobachten lässt. Nur durch diesen Trick lassen sich die extrem schwachen Signale überhaupt messen.

So gelang es dem For­schungs­team der TU Dort­mund, die sechs energetisch niedrigsten dunklen Exzitonen zu beobachten und die Austauschenergie systematisch zu vermessen. Auf Basis der Quan­ten­me­cha­nik zeigten sich deutliche Unterschiede zur Atomphysik und ihren Vor­her­sagen. So sollten die Energien der dunklen Exzitonen systematisch unter denen der hellen Exzitonen liegen. Die Dort­mun­der fanden aber eine Ausnahme, nämlich den Zustand mit der zweitniedrigsten Energie. Hier ist die Reihenfolge umgedreht, das helle Ex­zi­ton hat eine nied­ri­ge­re Energie als das dunkle. Auch die Ursache hierfür konnten sie klären: Das helle Ex­zi­ton steht in starker Kopplung mit einem anderen Ex­zi­ton von höherer Energie, und wann immer in der Quan­ten­me­cha­nik eine solche Kopplung vorliegt, stoßen sich die beiden beteiligten Niveaus ab. Dadurch wird die Energie des hellen Exzitons abgesenkt, während sich die des dunklen Exzitons kaum ändert. Als Konsequenz wird ih­re Reihenfolge gedreht.

Veröffentlichung in renommieter Fach­zeitschrift
Mit dieser Erkenntnis können nun der Einfluss der dunklen Exzitonen und die Möglichkeit zu ihrer Manipulation besser verstanden wer­den. So können dunkle Exzitonen die Helligkeit einer Leuchtdiode massiv stören, zum Beispiel dadurch, dass sich die Exzitonen im energetisch niedrigsten dunklen Zustand anhäufen. Umgekehrt könnte Information auch in dunklen Exzitonen gespeichert wer­den, da sie eben nicht zerfallen. Hier ergeben sich neue Per­spek­tiven für ih­re konstruktive Nutzung.

Die Er­geb­nisse wurden in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fach­zeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.

Originalpublikation:
An­dre­as Farenbruch, Dietmar Fröhlich, Dmitri R. Yakovlev und Manfred Bayer: Rydberg Series of Dark Excitons in Cu2O. Physical Review Letters 125, 207402 (2020). https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/Phy.