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Acceleratoren, Inkubatoren und Company Builder im deutschen Innovationssystem

Acceleratoren, Inkubatoren und Company Builder boomen in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT/ Westfälische Hochschule), in der knapp 1.500 Wagniskapitalgeber, die in den vergangenen Jahren in Deutschland aktiv waren, erfasst werden konnten.   

Die Studie hatte das Ziel einen empirischen Überblick über diese neuen Formen der Wagniskapitalfinanzierung zu geben. Dabei wurden alle Formen der Inkubationsfinanzierung betrachtet, bei denen eine Vergabe von Wagniskapital kombiniert wird mit umfassenden Angeboten an Beratung, Infrastruktur (IT, Büroraum) und Vernetzung mit Kunden und Partnern. Im Einzelnen wurden kurzfristige Beratungsprogramme (Acceleratoren), das längerfristige Angebot von Infrastrukturen (Inkubatoren), unternehmens-interne Gründungen (Company Builder), die Gründung als Dienstleistung im Auftrag anderer Unternehmen (‚Incubation as a Service‘) sowie Initiativen im Eigentum von strategischen Unternehmen (Corporate Accelerator) oder staatlicher Einrichtungen (öffentlicher Inkubator/Accelerator) berücksichtigt. Es ergaben sich folgende Ergebnisse:

  • Es konnten 238 „Inkubationsfinanzierer“ dokumentiert werden, die in Deutschland in den letzten Jahren aktiv waren. Damit machten sie rund 17 Prozent aller in Deutschland beobachteten aktiven Wagniskapitalgeber aus.
  • Nach ersten Impulsen in den Jahren 2006/2007 begann die Gründung zahlreicher selbständiger, privater Inkubationsfinanzierer. Ab dem Jahr 2010 orientierten sich strategische Unternehmen an dem Modell und ab dem Jahr 2016 wurden verstärkt auch Inkubationsfinanzierer mit staatlichem Hintergrund in Deutschland aktiv.
  • Mit je 30 Neugründungen pro Jahr wurde das stärkste Wachstum in den Jahren 2015 bis 2017 erreicht. Auch in den Jahren 2018 und 2019 wurden noch 25 bw. 23 Inkubationsfinanzierer in Deutschland aktiv. Erst die Covid19-Pandemie hat diesen Boom gestoppt (im Jahr 2020 wurden aber noch acht neue Gesellschaften auf den Weg gebracht). Betrachtet man den Eigentümerhintergrund der Inkubationsfinanzierer, dann handelte es sich überwiegend um eigenständige Gesellschaften im Eigentum ihrer Geschäftsführer bzw. privater Finanziers (61 %). Daneben waren die Corporate Acceleratoren im Eigentum strategischer Unternehmen (28 %) sowie Inkubatoren/Acceleratoren mit öffentlicher Beteiligung (12 %) aktiv.
  • Die meisten der in Deutschland ansässigen Inkubationsfinanzierer sind in Berlin (31 %), München (15 %) sowie Hamburg (8 %) und der Rheinschiene (Düsseldorf-Köln-Bonn; 7 %) beheimatet. Die Inkubationsfinanzierer sind somit räumlich konzentriert und vor allem in den Metropolregionen aktiv. Im Fall von Berlin spielen der frühe Start der Inkubationsfinanzierer (u.a. Rocket Internet) an diesem Standort und das inzwischen sehr differenzierte Wagniskapital-Ökosystem eine wichtige Rolle, weshalb auch einige strategische Unternehmen aus westdeutschen Regionen ihre Acceleratoren oder Inkubatoren in Berlin betreiben.

Insgesamt hat die Inkubationsfinanzierung in Deutschland ein beachtliches quantitatives Gewicht erreicht, das in der Wagniskapitalpolitik beachtet werden sollte. Während in der öffentlichen Diskussion vor allem über die Kapitalvolumina gesprochen und mehr öffentliches Venture Capital gefordert wird, sind auch die Formen des Wagniskapitals wichtig. Die Inkubationsfinanzierer reagieren auf den Bedarf an dauerhaften und strukturierten Angeboten für Beratung, Infrastruktur sowie Vernetzung bei Unternehmensgründungen. Dabei bieten sie den Gründern – teilweise temporär – einen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen, bevorzugen ein methodisches Vorgehen und vernetzen Finanzwirtschaft, Großunternehmen und staatliche Einrichtungen miteinander. Damit knüpfen sie an bekannte Stärken des deutschen Innovationssystems an. Dies dürfte eine Ursache dafür sein, dass die Inkubationsfinanzierung sich im deutschen Innovationssystems stärker durchzusetzen scheint als z.B. in den USA oder Großbritannien.

Die Studie ist entstanden im Rahmen des Projektes „Geschäftsmodell Unternehmensgründung zum Innovationserhalt?“, das Teil des von der Hans-Böckler-Stiftung finanzierten Forschungsverbundes „Die Ökonomie der Zukunft“ ist.

Projekt-Website: https://www.iat.eu/forschung-und-beratung/projekte/2020/company-builder-cbpg-company-builder-als-passfaehige-gruenderunterstuetzung.html

Forschungsverbund-Website: https://www.boeckler.de/de/die-okonomie-der-zukunft-18476.htm

Quelle: IAT