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Quantensoftware für die Wirtschaft: Forschungsprojekt lotet Vorteile aus

Simon Wegener

Am 1. Januar 2022 ist das Verbundprojekt Quantum Methods and Benchmarks for Resource Allocation (QuBRA – Quantenmethoden und Vergleichspunkte zur Ressourcenvergabe) gestartet. In einem Verbund aus Forschung und Industrie will das Projekt zeigen, welche konkreten Vorteile Quantentechnologien gegenüber heute bereits vorhandenen Algorithmen bieten könnten, um so das Zukunftsversprechen der Quantencomputer einzulösen. Geleitet wird der Verbund von der Leibniz Universität Hannover. Akademische Partner mit Expertise in Quanten- sowie klassischer Informationsverarbeitung sind die Universität zu Köln, die Ruhr-Universität Bochum und die TU Braunschweig. Konkrete Anwendungsbeispiele sollen in Zusammenarbeit mit der Infineon Technologies AG und der Volkswagen AG entwickelt werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit drei Millionen Euro über drei Jahre.

Quantencomputer versprechen ungekannte Rechenpower und damit die Lösung von Problemen, an denen klassische Rechner bisher scheitern. Erste Prototypen existieren, können jedoch nur Fragestellungen lösen, die keinen praktischen Anwendungsbezug haben. „Unter Anwendern in der Industrie gibt es große Unsicherheit darüber, für welche Fragestellungen Quantencomputer vorteilhaft sein können“, sagt Dr. David Gross, Professor für Theoretische Physik an der Uni Köln und Partner im QuBRA-Verbund. „Leider sind wir noch weit davon entfernt, eine einfache Antwort geben zu können.“ Um dieser Antwort näher zu kommen und einen möglichen Einsatz von Quantenalgorithmen in industriellen Prozessen zu finden, bedarf es der engen Zusammenarbeit von Grundlagenforschung und Praxis.

Ein Beispiel: Für die Herstellung von Gütern vom Mikrochip bis zum Automobil müssen Daten von Kunden, Zulieferern und den eigenen Fabriken zusammengeführt werden, um die Auslastung der kapitalintensiven Produktionsanlagen zu maximieren. Selbst kleine Lösungsverbesserung dieses Optimierungsproblems kann zu wirtschaftlichen Vorteilen in Millionenhöhe führen.

Dr. Mariami Gachechiladze, die mit Abschlüssen sowohl in Informatik wie auch in Quantenphysik in der Arbeitsgruppe für Quanteninformationstheorie an der Universität zu Köln forscht und zu Anfang Februar eine Professur für Informatik an der TU Darmstadt annimmt, erklärt: „In der Informatik werden solche Optimierungen in die Klasse der ‚NP-schweren‘ Rechenprobleme eingeordnet. In welchem Umfang es für sie einen Quantenvorteil gegenüber konkurrierenden klassischen Algorithmen gibt, und wie genau man diesen Vorteil ausnutzen kann, ist Gegenstand aktueller Forschung.“ Um dies zu klären, haben sich die akademischen Expert:innen mit den Forschungsabteilungen der beiden DAX-Konzerne zusammengetan.

Um Fortschritte zu machen, werden die Physiker:innern zunächst Quantenalgorithmen für Optimierungsprobleme entwerfen, die bei den Industriepartnern in der Praxis auftreten. Das interdisziplinäre Team wird sie dann auf großen klassischen Computern und früher Quantenhardware testen – und gegen herkömmliche Lösungen antreten lassen. Auf diese Art werden die Parameterbereiche identifiziert werden, in denen sich zukünftig der Einsatz von Quantencomputern lohnt.

Das BMBF fördert das Projekt im Rahmen der Fördermaßnahme „Anwendungsnetzwerk für das Quantencomputing“. In dieser Fördermaßnahme wird das Ziel verfolgt, den Nachweis praktischer Anwendervorteile durch die Nutzung eines Quantencomputers zu erbringen, oder zumindest die Grundlagen hierfür zu erschließen. Für definierte Anwendungsgebiete in Wirtschaft oder Wissenschaft soll ein nützlicher Quantenvorteil erzielt werden. Die Fördermaßnahme ist Bestandteil des Rahmenprogramms „Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt“ und damit Teil der Hightech-Strategie der Bundesregierung.

QuBRA ist ein weiteres Großprojekt zum Zukunftsthema Quantencomputer, das von der international renommierten Expertise an der Universität zu Köln auf dem Feld der Quanteninformationstheorie profitiert. Im Exzellenzcluster ML4Q (Materie und Licht für Quanteninformation) werden die Schlüsseldisziplinen der Festkörperforschung, der Quantenoptik und der Quanteninformation gebündelt, um die beste Hardware-Plattform für Quantencomputer und Blaupausen für ein funktionales Quanteninformations-Netzwerk zu schaffen. Professor David Gross ist Kölner Standortsprecher des Clusters, der seit 2019 im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert wird.

Inhaltlicher Kontakt:
Prof. David Gross
Institut für Theoretische Physik
Universität zu Köln
+49 221 470 1037
david.grossthp.uni-koeln.de

Presse und Kommunikation: 
Dr. Marian Barsoum 
+49 221 470 89200
marian.barsoumuni-koeln.de