DeutschEnglish

3D-Kamera-Technologien für hochintegrierte Systeme

(© Lehrstuhl für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik der Universität Siegen)

Die dreidimensionale Bildgebung ist Bestandteil neuartiger hoch-integrierter Systeme. Nichtlineares Verhalten von Photodetektoren kann zu diesem Zweck vielfältig genutzt werden und dient der Miniaturisierung und Einbettung der Detektoren.

Techniken des dreidimensionalen Sehens sind eine fundamentale Schlüsseltechnologie und Grundstein zur Optimierung von Automatisierungsaufgaben in der Industrie, autonomer Mobilitäts- und KI-Systeme sowie innovativer Unterhaltungsangebote. Aufgrund des enormen Marktpotentials und des wachsenden Bedarfs intensiviert die globale industrielle und universitäre Photonik-Forschung kontinuierlich ihre Aufwendungen in diesem Bereich, um 3D-Sensorik zukünftig in ihrer Leistungsstärke zu verbessern und auf die Anwendungsspektren zu optimieren. Photonische 3D-Kameras sollen dabei situations- und applikationsangepasst die Interaktion zwischen technischen Systemen sowie Menschen, Objekten und der Umwelt ermöglichen.

Jahrzehntelange Forschungsaktivitäten haben es ermöglicht, unterschiedliche Verfahren der 3D Bildaufnahme zu entwickeln, wobei jede Methodik Vor- und Nachteile mit sich bringt. Messverfahren reichen von mathematisch-geometrischen Vorgehensweisen beruhend auf einer intelligenten, aber aufwendigen Triangulation, bis zu physikalischen Laufzeitverfahren, bei denen sich die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts zu Nutze gemacht wird. Prominentestes Beispiel solch laufzeitbasierter 3D-Systeme sind Lidar-Sensoren.

Damit 3D-Kameras vielfältig eingesetzten werde können, bedarf es grundlegend einer Sensorik mit höchster Präzision und Auflösung sowie einer Miniaturisierung der Baugröße, um eine effiziente Integration in bestehende Systeme und Umgebungen zu ermöglichen. Aktuelle Ansätze adressieren diese Anforderungen oftmals punktuell, wobei insbesondere die Integrationsfähigkeit in bestehende Anwendungen und mikroelektronische Chips große Potentiale bereithält. Das Team der Universität Siegen erforscht als Teil des Zentrums für Sensorsysteme (ZESS) aktuell die Entwicklung und Implementierung solch innovativer 3D-Hochleistungskamerasysteme insbesondere mit Blick auf die technologische Integrierbarkeit, z.B. in und auf Halbleiterchips. Dazu werden neuartige Ansätze in zwei Entwicklungslinien verfolgt:

Die erste Entwicklungslinie beruht grundlegend auf der konventionellen Lichtlaufzeittechnologie. Hierbei wird die Laufzeit – also der Abstand – entweder „direkt“, z.B. durch höchstpräzise Timer, oder „indirekt“ als Folge der Phasenverschiebung eines amplitudenmodulierten Signals bestimmt. Die Phasenverschiebung selbst resultiert aus der Zeitdifferenz, die das Lichtpaket benötigt, um von der zu beobachtenden Szene reflektiert und einem geeigneten Sensor detektiert zu werden.

Ein vielversprechender, neuartig entwickelter Technologieansatz vereint die Grundprinzipien elektro-optischer Photonic Mixer Devices (PMD) mit den Vorteilen ausgeprägter Nichtlinearitäten in Nanomaterialien, wie in Abbildung 1 gezeigt. Während aktuelle PMD-Systeme Silizium-basierte Sensoriken nutzen, werden an der Universität Siegen innovative Materialien für leistungsoptimierte PMDs erforscht. Ultradünnes Graphen, welches lediglich aus einer einzelnen Kohlenstoffatomlage besteht, weist neben hohen Ladungsträgerdynamiken [1] nichtlineare Effekte auf, die eine schnelle und effiziente Mischung von elektrischen und optischen Signalen ermöglicht. Gegenüber tradierten Sensoren kann so auf aufwendige externe Schaltungstechnik und Peripherie verzichtet werden, da die notwendige Mischung nicht extern herbeigeführt werden muss sondern intrinsisch „im Inneren des Bauteils“ erfolgt.

Die Forscher der Universität Siegen zielen mit ihren Untersuchungen I.) auf eine Erhöhung der Tiefenauflösung durch Erhöhung der Arbeitsfrequenz, II.) gesteigerte Pixeldichte des aufgenommenen Bildes durch verringerte Footprints der Sensoren und III.) minimalen Integrationsaufwand der notwendigen Technologie ab.

Diese Technologielinie kann insbesondere in Umgebungen und Anwendungen Einsatzmöglichkeiten finden, in denen sehr kleine und mechanisch robuste Sensoriken benötigt werden, die Distanzbereiche mehrerer Meter abdecken und gleichzeitig hochauflösende Bilder produzieren.

Die zweite 3D-Entwicklungslinie der Universität Siegen untersucht Leistungspotentiale und Limitierungen der „Focus Induced Photoresponse“ [2] in amorphem Silizium (siehe Abbildung 2). Diese innovative Technologie ermöglicht es, kleinste Distanzvariationen im Bereich von einigen 100 µm hochgenau zu detektieren. Dabei werden frequenzselektiv die einzigartigen Signalantworten des Sensors auf Fokuspunkt- und damit distanzabhängige Beleuchtungsszenarien ermittelt und zur Bildgebung genutzt. Die als Folge der Beleuchtung hervorgerufenen nichtlinearen Sensorsignale entstehen dabei lediglich durch Variationen der Beleuchtungsfläche und damit der Leistungsdichte des einfallenden Lichtes. Der neuentwickelte 3D-Sensortyp zeigt dabei eine massive nichtlineare Variation des Stroms in Abhängigkeit von der Distanz zu dem beobachteten Objekt. Als Folge geladener Defektzustände im Absorbermaterial wird das interne elektrische Feld abgeschirmt, beziehungsweise deformiert [3]. Somit wird die Effizienz des photonischen Detektors beeinflusst. Diese Technologie ist besonders attraktiv, um die 3D-Kamerakomplexität deutlich zu reduzieren, da sowohl der Aufwand für die Fertigung des Halbleitersensors als auch der nachgelagerte Rechenaufwand zur 3D-Rekonstruktion einer Szene stark reduziert werden kann. Weiterhin ermöglicht das verwendete Niedertemperatur-Herstellungsverfahren eine einfache Sensorintegration auf herkömmliche Technologien mit einer Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Fläche von nahezu 100 %, wodurch die Funktionalität bestehender 3D-fähiger Sensor- und Kamerasysteme auf einfachem Wege kostengünstig erweitert werden kann.

Referenzen
[1] A. K. Geim and K. S. Novoselov, The Rise of Graphene, Nat. Mater. 6, 3 (2007).
[2] O. Pekkola et al., Focus-Induced Photoresponse: A Novel Way to Measure Distances with Photodetectors, Sci. Rep. 8, 9208 (2018).
[3] A. Bablich, M. Müller, P. Kienitz, R. Bornemann, C. O. Ogolla, B. Butz, B. Choubey, and P. H. Bolívar, High-Speed Nonlinear Focus-Induced Photoresponse in Amorphous Silicon Photodetectors for Ultrasensitive 3D Imaging Applications, Sci. Rep. 12, 10178 (2022).

Lehrstuhl für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik der Universität Siegen

Photonische Basistechnologie

  • Optoelektronik
  • Sensortechnik

Anwendungsfelder / Märkte

  • 3D-Bildgebung
  • Sensorik
  • Automatisierung

Impact

  • Geringere Komplexität
  • Verbesserte Integration
  • Erhöhte Genauigkeit

www.hqe.eti.uni-siegen.de

Abbildung 1: Fotografie des Messaufbaus zur 3D Bildgebung mittels eines Graphen basierten Photo-Misch-Detektors. Eine einzige Atomlage Kohlenstoff dient hier als photoaktive Fläche. (© Lehrstuhl für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik der Universität Siegen)

Abbildung 2: Modell Darstellung der Feldabschirmung durch geladene Defektzustände in einem amorphen Silizium basierten FIP-Detektor als Grundlage der 3D Bildgebung.
(© Lehrstuhl für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik der Universität Siegen)

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin

Universität Siegen

Die Universität Siegen ist eine mittelgroße, interdisziplinär ausgerichtete Forschungsuniversität. Sie ist in der Region Südwestfalen fest verwurzelt und national wie international weit vernetzt. Mit ihrer...mehr...