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Die Zukunft erstrahlt mit neuem Licht: Fortschritte im photonischen Quantencomputing

Auf der Suche nach einer Rechenleistung, die über die klassischen Grenzen hinausgeht, bringt der photonische Quantencomputingansatz Licht ins Dunkel – ein Paradigmenwechsel, der die einzigartigen Eigenschaften von Photonen für die Quanteninformationsverarbeitung nutzbar macht.

Photonisches Quantencomputing ist facettenreich und unterschiedlichste Ansätze werden verfolgt, um sich die Eigenschaften der einzelnen Lichtteilchen für Quantenoperationen zu Nutze zu machen. In diesem Artikel beleuchten wir die technischen Feinheiten der verschiedenen Ansätze für das photonische Quantencomputing, ihre Vorteile und Herausforderungen, die erforderlichen Grundbausteine und deren verwendete Materialplattformen.

Kurz nach der Jahrtausendwende kamen die ersten Ideen auf, wie Photonen für das Quantencomputing verwendet werden können.[1] Die Grundidee ist in allen folgenden Ansätzen ähnlich geblieben: Quanteninterferenz zwischen Lichtteilchen.[2] Normalerweise wechselwirken Lichtteilchen nicht miteinander, aber dank spezieller bosonischer Quanteneigenschaften kann ein einzelnes Photon ein anderes Photon „schalten“ – ähnlich zu einem Transistor, in dem Elektronen andere Elektronen schalten. Hierfür verwenden photonische Qubits Eigenschaften wie Polarisation, Ankunftszeiten und Pfadkodierung für die Quanteninformationsverarbeitung. Ein weiterer explorativer Ansatz zur Realisierung von photonischen Quantengattern verwendet nichtlineare optische Materialien zur Erleichterung von Quantenlogik-Operationen. In den letzten Jahren sind zwei Ansätze in den Fokus gerückt: Gaussian Boson Sampling3-5 und Measurement-based photonic quantum computing6,7. Beide Ansätze werden am neuen Institut für Photonische Quantensysteme an der Universität Paderborn erfolgreich verfolgt.

Photonenbasiertes Quantencomputing bietet einige entscheidende Vorteile gegenüber anderen Ansätzen, zum Beispiel eine hohe Geschwindigkeit und die Abwesenheit von Qubit Dephasierungsprozessen mit Ausnahme von Photonenverlusten. Dies macht es ideal für Quanteninternetanwendungen und Quanteninformationsverarbeitung. Es ist jedoch schwierig, eine robuste Speicherung und Manipulation von photonischen Qubits zu erreichen. Viele Gatter sind probabilistisch oder benötigen eine sehr große Anzahl an Unterstützungsphotonen, was ressourcenintensiv ist. Photonische Quantengatter bieten Skalierbarkeit mittels integrierter photonischer Schaltkreise, erfordern aber eine präzise optische Steuerung und effiziente Photonenquellen, -detektoren und Faserkopplungen. Nichtsdestotrotz ist die wichtigste Kenngröße für alle photonischen Quantentechnologien ein extrem niedriger Photonenverlust.

Zu den kritischen Bausteinen für skalierbares photonisches Quantencomputing gehören zuverlässige integrierte Quantenlichtquellen, hocheffiziente Photonendetektoren, präzise Photonenmanipulations- und -kontrollmechanismen, robuste Quantenspeicher und klassische photonische Bauteile wie Wellenleiter, Resonatoren, Filter und Laser sowie Module für die optoelektronische Signalkontrolle. Die Integration dieser Bausteine ist entscheidend für die Konstruktion skalier- und anwendbarer photonischer Quantenprozessoren. Eine schematische Darstellung eines möglichen quantenphotonischen Schaltkreises ist in Abbildung 1 zu sehen.

Verschiedene Materialplattformen werden eingesetzt, um wesentliche Bausteine für das photonische Quantencomputing zu realisieren. Halbleiter-Quantenpunkte, Defektzentren und nichtlineare periodisch gepolte Kristalle dienen als Quellen für einzelne und verschränkte Photonen. Nichtlineare optische Materialien, wie Lithiumniobat und klassische Silizium-Photonik, ermöglichen eine effiziente Photonenmanipulation auf integrierten photonischen Schaltkreisen. Wellenleiterintegrierte, supraleitende Einzelphotonendetektoren erreichen Detektionseffizienzen nahe 100 % und diamantbasierte Quantenspeicher ermöglichen eine effiziente Speicherung von Qubits. Zur Zeit gibt es aber noch keine Materialplattform (siehe Abbildung 1), welche die monolithische Integration aller Bausteine ermöglicht. In Paderborn haben wir uns daher darauf spezialisiert, die besten Plattformen mittels heterogener und hybrider Integrationsmethoden zu kombinieren.

Trotz des Fortschritts bleiben Herausforderungen bei der Entwicklung photonischer Quantencomputersysteme bestehen. Dazu gehören die Verbesserung der Photonengüte und Effizienz, die Verringerung von Photonenverlusten, die Verbesserung der Integration und Skalierbarkeit photonischer Komponenten, sowie die Implementierung robuster Fehlerkorrekturverfahren.

Die photonische Quanteninformatik verspricht, die Rechen- und Kommunikationstechnologien zu revolutionieren. Es wird erwartet, dass die laufenden Fortschritte in der Materialwissenschaft, der Quantenoptik, der Quantenalgorithmenentwicklung und der integrierten Photonik dazu beitragen werden, die bestehenden Herausforderungen zu überwinden und das volle Potenzial dieser transformativen Technologie zu erschließen. Hierfür wird eine interdisziplinäre Forschung benötigt, in der Mathemathiker, Informatiker, Physiker und Elektrotechniker gemeinsam sich den Herausforderungen annehmen.

In unserem Institut für Photonische Quantensysteme forschen wir gemeinsam daran, die technischen Nuancen der verschiedenen Ansätze zu verstehen, die wichtigsten Herausforderungen zu identifizieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Nur gemeinsam können wir den Weg für die Realisierung praktischer und skalierbarer photonischer Quantenprozessoren ebnen.

Referenzen

[1] Knill, E., Laflamme, R. & Milburn, G. A scheme for efficient quantum computation with linear optics. Nature 409, 46–52 (2001).
[2] P. Kok, W. J. Munro, K. Nemoto, T. C. Ralph, J. P. Dowling, and G. J. Milburn. Linear optical quantum computing with photonic qubits. Rev. Mod. Phys. 79, 135 (2007).
[3] C. S. Hamilton, R. Kruse, L. Sansoni, S. Barkhofen, C. Silberhorn, and I. Jex. Gaussian Boson Sampling. Phys. Rev. Lett. 119, 170501 (2017).
[4] H.-S. Zhong et al., Quantum computational advantage using photons.                           Science370,1460-1463(2020).
[5] Madsen, L.S., Laudenbach, F., Askarani, M.F. et al. Quantum computational advantage with a programmable photonic processor. Nature 606, 75–81 (2022).
[6] Walther, P., Resch, K., Rudolph, T. et al. Experimental one-way quantum computing. Nature 434, 169–176 (2005).
[7] Briegel, H. J., Browne, D. E., Dür, W., Raussendorf, R., & Van den Nest, M. Measurement-based quantum computation. Nature Physics, 5(1), 19–26 (2009).
[8] Pelucchi, E., Fagas, G., Aharonovich, I. et al. The potential and global outlook of integrated photonics for quantum technologies. Nat Rev Phys 4, 194–208 (2022).

PhoQS, CeOPP, and Department Physik, Universität Paderborn

Technologische Basis

  • Mikro- und Nanotechnologie
  • Quantenoptik
  • Integrierte Photonische Systeme

Innovation

  • Neue Materialien
  • Hardware-Software Co-Design

Primäre Anwendungsfelder

  • Quantenrechner und Quantensimulation
  • Quantennetzwerke

Impact

  • Exponentielle Geschwindigkeitssteigerung
  • Sichere Datenübertragung
  • Effiziente Berechnung

physik.uni-paderborn.de/en/joens

Abbildung 1: Schematische Darstellung eines integrierten quantenphotonischen Schaltkreises. Die Schaltkreisfunktionalitäten sind: 1) Erzeugung von Quantenlichtzuständen (türkis), 2) Manipulation und Schalten der Photonen (blau), 3) Detektion der Lichtzustände (dunkelblau) und klassische optoelektronische Signalkontrolle (lila).  Beispiele für die benötigten Bauteile sind vergrößert dargestellt. Das Bild wurde adaptiert aus Ref [8].

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin

Universität Paderborn, Institut für Photonische Quantensysteme (PhoQS)

Das Institut für Photonische Quantensysteme ist eine interdisziplinäre zentrale wissenschaftliche Einrichtung. Basierend auf der Erkenntnis, dass die Quantentechnologien der zweiten Generation Konzepte der Physik, Mathematik, Elektrotechnik und...mehr...