Fraunhofer ILT: Oberflächen mit Highspeed veredeln
© Fraunhofer ILT, Aachen. Im Rahmen des EU-Projekts ultraSURFACE entwickelter piezoelektrisch deformierbarer Spiegel (PDM).
Präzise und gut, aber zu langsam – so lassen sich die meisten Laserverfahren für die Oberflächenbearbeitung beschreiben. Im EU-Forschungsprojekt ultraSURFACE entwickelt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT aus Aachen zusammen mit neun internationalen Partnern bis zum Ende des Jahres 2018 zwei neue Optiken, mit denen sich die Laserstrahlführung individuell und schnell an die sich ständig ändernde Bearbeitungssituation anpassen lässt. Dank dieses Tunings können Laser künftig bis zu zehn Mal schneller als bisher Oberflächen polieren, beschichten oder strukturieren.
Schon der Name verheißt Tempo: Seit 2016 forscht und entwickelt ein internationales Team mit Firmen und Instituten aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Israel und der Schweiz »Ultra Dynamic Optical Systems for High Throughput Laser Surface Processing«. Zwei neue Faserlaser-Optiken für den nahen Infrarotbereich sollen die Bearbeitungszeit von Oberflächen im Idealfall auf ein Zehntel reduzieren und die Kosten halbieren.
Strahlmanipulation im Millisekunden-Takt
Eine Optik ist für das Polieren und die Bearbeitung von dünnen Schichten mit dem Laser ausgelegt. Das Forschungsteam setzt dabei einen piezoelektrisch kontinuierlich deformierbaren Spiegel (PDM) ein. Dieser sorgt dafür, dass sich der Laserstrahl mit Schaltzeiten von unter fünf Millisekunden und damit sehr schnell an die Bearbeitungssituation anpasst. »Der Laserstrahl wird in Abhängigkeit vom Einstrahlwinkel so umgeformt, dass er in der Projektion auf die Oberfläche immer die gleiche Form hat, sodass die Intensität dort stets konstant bleibt«, erklärt die Diplom-Physikerin Judith Kumstel, Expertin für Laserpolieren am Fraunhofer ILT. Diese Manipulation ist wichtig, denn nur wenn der dreidimensionale Strahl selbst bei hohem Bearbeitungstempo angepasst wird und mit gleichbleibender Intensität auf die Oberfläche trifft, fällt auch das Ergebnis der Laserbearbeitung stets gleich aus – selbst bei komplex geformten Bauteilen und sich ständig ändernden Einstrahlwinkeln. Wenn sich dagegen die Laserstrahlprojektion auf schiefen Ebenen verformt, verschlechtert sich auch die Qualität der bearbeiteten 3D-Oberfläche.
Einen anderen Weg geht das ultraSURFACE-Konsortium beim Laserstrukturieren. Eine weitere neue Optik ermöglicht den parallelen Einsatz von vier Strahlen statt des sonst üblichen einen Strahls, um so Bearbeitungsgeschwindigkeit und Produktivität zu erhöhen. Mit einem sogenannten diffraktiven optischen Element (DOE) wird der Laserstrahl in ein quadratisches Strahlbündel von vier Teilstrahlen aufgeteilt. Bei herkömmlichen Multistrahlkonzepten dieser Art kommt es durch die Optik, die am Ende die Strahlen auf das Bauteil fokussiert, und durch die Form des Bauteils zu einer Verzerrung des Strahlbündels. Im ultraSURFACE-Projekt wird ein spezielles System entwickelt, mit dem jeder einzelne Teilstrahl in seiner Position im Millisekundentakt angepasst werden kann, sodass für die Bearbeitung jederzeit ein quadratisches Strahlbündel vorliegt.
Der Lasereinsatz wird bezahlbar
Aktuell entstehen zwei kompakte Optik-Module, mit denen das ultraSURFACE-Team bis Ende 2018 in einer neuen Laseranlage den Einsatz bei unterschiedlichen Anwendungsfällen testet. Ein Schweizer Unternehmen baut dazu eine industrietaugliche Maschine, mit der sich mithilfe der schnell wechselbaren Optikköpfe konkurrenzlos schnell, flexibel und preiswert polieren, strukturieren und beschichten lässt. Kumstel: »Mit den entwickelten Konzepten sollen Oberflächen genauso gut wie mit herkömmlichen Systemen bearbeitet werden. Dank der neuen Optiken und der neuen Maschine klappt dies zehn Mal schneller als bisher, sodass die laserbasierte Oberflächenveredelung für viele Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen – auch für kleine Jobshops – eine wirtschaftliche Alternative zur konventionellen Oberflächenbearbeitung bietet.«