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RWTH-Forschende an spektakulärer Entdeckung beteiligt

Sechs Jahre nach der Entdeckung des Higgs-Teilchens ist es an der internationalen Forschungseinrichtung CERN nun erstmals gelungen, den Zerfall des Higgs-Teilchens in sogenannte b-Quarks, sehr kurzlebige Teilchen, nachzuweisen.

Physiker, Ingenieure und Techniker der RWTH Aachen waren an der Entwicklung des für diesen Erfolg notwendigen CMS-Teilchendetektors maßgeblich beteiligt. Sie haben das CMS-Experiment mit aufgebaut, wobei wesentliche Komponenten des Detektors in den Werkstätten der Aachener Institute gefertigt wurden.

Am CMS-Experiment am Teilchenbeschleuniger LHC, in dem Protonen mit bisher unerreichten Energien aufeinander geschossen werden, sind rund 200 Institute aus 46 Ländern beteiligt. „Deutschland stellt nach den USA und Italien die drittgrößte Beteiligung, zu der neben drei physikalischen Instituten der RWTH auch Gruppen von der Universität Hamburg, dem Karlsruher Institut für Technologie KIT sowie dem DESY in Hamburg gehören“, erläutert RWTH-Professor Lutz Feld, I. Physikalisches Institut, derzeit Sprecher der deutschen CMS-Gruppen.

Schlüsselrolle in der Teilchenphysik

2012 wurde am CERN das Higgs-Teilchen zum ersten Mal nachgewiesen. Es spielt eine Schlüsselrolle im Standardmodell der Teilchenphysik. Erst durch den Higgs-Mechanismus wird verständlich, wie die Elementarteilchen ihre Masse erhalten: durch ihre Kopplung an das alles durchdringende Higgs-Feld. Das Higgs-Teilchen ist der sichtbare Beweis für die Existenz dieses Feldes. Um das Higgs-Teilchen überhaupt nachzuweisen, muss man allerdings seine Zerfallsteilchen messen. „Das Problem: Auch andere Teilchenreaktionen können diese Zerfallsteilchen erzeugen. Die Kunst besteht also darin, die Zerfälle des Higgs-Teilchens von diesen anderen Reaktionen zu unterscheiden. Das ist enorm schwierig, gelingt aber umso besser, je außergewöhnlicher die Reaktionsergebnisse sind“, erklärt Professor Feld.

Weil b-Quarks sehr häufig in den Proton-Kollisionen erzeugt werden, konnte der nach der Theorie am häufigsten auftretende Higgs-Zerfall in ein b-Quark und ein Anti-b-Quark erst jetzt nachgewiesen werden. Um die b-Quarks aus dem Higgs-Zerfall nachzuweisen, mussten die Bahnen der in den Kollisionen entstehenden Teilchen präzise vermessen werden. Denn die b-Quarks fliegen nur wenige Millimeter, bevor sie ihrerseits zerfallen. Die dabei entstehenden Scheitelpunkte konnten mit dem CMS-Spur- und Pixeldetektor, zu dem die RWTH-Gruppen wichtige Beiträge geliefert haben, gefunden und die b-Quarks so identifiziert werden.

Hochkomplexe Datenanalyse

Die Trennung der Higgs-Zerfälle von den sehr viel häufigeren anderen Reaktionen erforderte eine hochkomplexe Datenanalyse. Erst mit der nun vorliegenden großen Datenmenge und modernsten Analysetechniken war es möglich, die Higgs-Zerfälle eindeutig nachzuweisen. Auch hieran waren, zusammen mit einer Gruppe am DESY in Hamburg, Physiker der RWTH führend beteiligt. RWTH-Professor Alexander Schmidt sagt: „Durch die Verwendung neuer Deep-Learning-Verfahren konnte die Effizienz der Datenauswertung erheblich gesteigert werden, so dass die Schwelle zur Entdeckung jetzt überschritten werden konnte.“

Der Higgs-Zerfall in b-Quarks wurde ebenso wie zuvor die Kopplung an t-Quarks und tau-Leptonen von den beiden LHC-Experimenten ATLAS und CMS gleichermaßen nachgewiesen. „Diese unabhängige Überprüfung der Ergebnisse erhöht das Vertrauen in die Entdeckungen entscheidend“, betont Professor Feld.

Zurzeit arbeiten an CMS rund 1.000 Doktorandinnen und Doktoranden aus aller Welt, darunter gut zwei Dutzend von der RWTH. Um das Higgs-Teilchen noch genauer zu untersuchen und weitere Entdeckungen machen zu können, werden noch viel mehr Proton-Proton-Kollisionen benötigt. Ab 2026 soll der Teilchenbeschleuniger mehr als fünf Milliarden Kollisionen pro Sekunde liefern. Dafür muss nicht nur der Beschleuniger, sondern auch der CMS-Detektor, stark verbessert werden. Die Entwicklungsarbeiten hierfür laufen in den Labors der RWTH bereits.

RWTH Aachen University

Die RWTH Aachen University bedient sich der starken Forschungsnetzwerke und der intellektuellen Neugier ihrer Mitarbeitenden, um Wissen zu anspruchsvollen wissenschaftlichen Fragestellungen zu generieren, führendes Wissen zu transferieren und...mehr...