EHoLA – Holz als Werkstoff im Automobil

Das Thema „Leichtbau“ ist vor allem in der Automobilindustrie sehr präsent. Die Universität Paderborn setzt dabei unter anderem auf einen von den Automobilbauern nur wenig beachteten, aber vielversprechenden Werkstoff – Holz.

Das Automobil ist in den letzten Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Begleiter des Menschen geworden. Steigende Mobilitätsanforderungen bedeuten jedoch auch, dass das Auto nicht nur technisch auf dem neuesten Stand sein muss, sondern ebenso Umweltverträglichkeit und vielfältigen sozialen Bedürfnissen entsprechen soll, was eine große technische Herausforderung darstellt. Besonders vor dem Hintergrund der Ressourceneffizienz und Emissionsreduktion gewinnt der Einsatz von Leichtbau zunehmend Relevanz: mit dem geringsten Werkstoffeinsatz die beste Performance erreichen. Dieses Ziel kann im Betrieb eines Fahrzeuges unter anderem durch den Einsatz neuer Werkstoffe und Werkstoffkombinationen realisiert werden. Einer dieser Werkstoffe ist Holz. Holz ist ein natürlich entstandener, nachwachsender Werkstoff, der durch seinen Aufbau am ehesten als ein mit kurzen gerichteten Fasern (Cellulose) verstärkter Polymer (Lignin) beschrieben werden kann.

Weiteres Potential zur Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase und Entlastung der Umwelt besteht darin, den Kohlenstoff aus der Atmosphäre dauerhaft oder zumindest temporär zu binden. Die Natur hat mit Holz das passende Werkzeug dazu bereits geliefert, denn im Werkstoff Holz werden Kohlenstoff, Sonnenenergie und Wasser miteinander verbunden. Und dies auf eine Art und Weise, welche einen Strukturwerkstoff mit hervorragenden spezifischen mechanischen Eigenschaften entstehen lässt. Den Nutzen stellen nicht nur Architekten und Schreiner in ihren Konstruktionen unter Beweis, sondern auch die ersten Automobilbauer wussten den Werkstoff optimal einzusetzen. Im Laufe der Zeit wurde das Holz jedoch in technischen Systemen zunehmend von industriell hergestellten Metall-, Beton- oder auch Kunststoffprodukten vom Markt verdrängt. Dieser Trend sollte hinterfragt werden, denn je mehr Holzwerkstoffe in technischen Bauwerken und Produkten verbaut werden, desto mehr Kohlenstoff kann zumindest für die Lebensdauer dieser Strukturen der Atmosphäre entzogen werden. Vorausgesetzt, es wird eine nachhaltige Forstwirtschaft betrieben.

Der Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil (LiA) der Universität Paderborn erforscht daher zusammen mit 5 Industriepartnern die Einsatzpotentiale des nachwachsenden Rohstoffes Holz für den gezielten Einsatz in Fahrzeugstrukturen. Im April 2016 startete das 3-jährige Forschungsprojekt „Eigenschaftsoptimierte Holzverbundwerkstoffe für den ökologischen Leichtbau von Automobilen“, kurz „EHoLA“. Das interdisziplinäre Konsortium besteht aus Automobilzulieferern, Vertretern der Holzwirtschaft und der Klebetechnik, sowie Forschern der Universität Paderborn und wird vom Land Nordrhein-Westfallen unter Einsatz von Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 2014-2020 gefördert.

Im Rahmen des Projekts werden zunächst grundlegende Untersuchungen an verschiedenen Holzverbundwerkstoffen durchgeführt. Die identifizierten Furnierwerkstoffe bieten demnach das größte Potential für den Einsatz als Strukturbauteil in einer Fahrzeugkarosserie. Die vollautomatisierte Fertigung, kaum vorhandener Verschnitt und vor allem die Möglichkeit der gezielten Einstellung mechanischer Eigenschaften im Verbund sind die klaren Vorteile dieser Werkstoffgruppe. Die im Vergleich zu technisch hergestellten Werkstoffen doch relativ hohe Streuung der Eigenschaften des natürlich gewachsenen Holzwerkstoffes kann durch den Furnieraufbau minimiert werden, ohne dass das Gesamtfestigkeitsniveau signifikant abnimmt.

Die Forschungsergebnisse zur Werkstoffcharakterisierung fließen in die Entwicklung der für die jeweiligen Anwendungen bzw. Anforderungsprofile optimierten Holzwerkstoffe ein. Neben der Holzart können noch zahlreiche weitere Kriterien optimiert werden, z.B. die Faserausrichtung. An dieser Stelle ähneln die Holzfurnierwerkstoffe den Faser-Kunststoff-Verbunden, da mit beiden Werkstoffgruppen belastungsoptimierter Lagenaufbau und somit auch Leichtbau betrieben werden kann. Die ersten Untersuchungen aus dem Projekt zeigen, dass aus der Forschung an den FKVs bekannte Prinzipien zur Bauteilauslegung auch auf die Holzfurnierwerkstoffe übertragen werden können.

Das Leichtbaupotential dieser Werkstoffgruppe und die Eignung für den Einsatz im Automobil wird anhand der Entwicklung und Umsetzung von Demonstratoren zum Ende des Projekts aufgezeigt. Dafür wird zunächst ein Werkstoffmodell für die Auslegung mittels der FEM aufgestellt. Speziell berücksichtigt werden dabei das anisotrope Verhalten und die besonderen rheonomen Eigenschaften von Holz, wie die starke Dehnratenabhängigkeit. Zur Veranschaulichung der Ergebnisse werden zwei Demonstratoren – ein crashrelevantes Bauteil sowie ein Verstärkungselement – aus Holz ausgelegt, gefertigt und geprüft.

Die Projektergebnisse sollen primär dazu beitragen, Automobilherstellern die innovativen Potentiale eines altbekannten Werkstoffs aufzuzeigen und gleichzeitig neue Anwendungsfelder für die Holzindustrie zu generieren. Der ressourceneffiziente Einsatz von Leichtbaukomponenten, gerade auch in Bezug auf die Fahrzeugindustrie, liefert zudem einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit wie z.B. einer nachhaltigen Mobilität.

Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Kontakt: Dipl.-Ing.Swetlana Schweizer, Universität Paderborn, Fakultät für Maschinenbau, Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil (LiA)

Abbildung 1: Einordnung des Projektes in die Nutzungsphase des Holzes.

Abbildung 2: Das Konsortium untersucht die Möglichkeiten der Holzumformung.

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Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil der Universität Paderborn

Der Lehrstuhl für Leichtbau im Automobil befasst sich mit Leichtbaukonzepten bezüglich hochfester Stähle, Hybridbauweise (z. B. Stahl/CFK) sowie Leichtbaumaterialien.mehr...