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Intrinsischer Hybridverbund für zyklisch beanspruchte Bauteile – „InHyb“

In diesem Vorhaben wird ein intrinsischer Hybridverbund aus faserverstärktem Kunststoff und Stahl für den Werkstoffleichtbau in zyklisch beanspruchten Bauteilen entwickelt sowie eine Blattfeder als Demonstrator aufgebaut und geprüft.

Leichtbau spielt angesichts der Ressourcenverknappung, Verringerung der CO2-Ausstöße aber auch zur Optimierung des Fahrkomforts sowie der Fahrdynamik und Fahrsicherheit eine entscheidende Rolle in der Automobil-industrie. Die Entwicklung von Leichtbaustrukturen ist ein komplexer inter- und transdisziplinärer Prozess, welcher hinsichtlich der zentralen Anforderungen unserer Zeit, wie Umweltverträglichkeit, Mobilität, Sicherheit und Komfort, eine große Herausforderung darstellt.

Für zyklisch beanspruchte Bauteile gibt es Leichtbauwerkstoffe, wie z.B. hochfesten Stahl und glasfaserverstärkten Kunststoff (GFK), welche aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften in Fahrwerksanwendungen bei Fahrzeugtragfedern etabliert sind. GFK ist wegen seiner hohen spezifischen Festigkeit und dem relativ geringen Elastizitätsmodul als Leichtbauwerkstoff für Federn besonders geeignet. Stahl ist trotz seiner hohen Dichte aufgrund seiner isotropen, hohen Festigkeit bevorzugt als Federmaterial bei mehraxialen Spannungszuständen einsetzbar. Diese Werkstoffe sollen kombiniert werden, so dass durch die Synergie der charakteristischen Eigenschaften ein neuartiger Werkstoffverbund mit überlegenen Eigenschaften entstehen kann. Es wird dazu eine Kombination der artverschiedenen Werkstoffe in einem intrinsischen Hybridverbund verwirklicht. Intrinsisch bedeutet, dass der Hybridverbund in einem Schritt im Urformprozess erzeugt wird, ohne dass ein nachträgliches Fügen notwendig ist. Der neuartige Werkstoffverbund kann z.B. in Fahrwerksanwendungen eingesetzt werden.

Zur Dimensionierung von zyklisch belasteten Bauteilen sind detaillierte Kenntnisse der Werkstoffeigenschaften notwendig. Diese werden in unterschiedlichen Prüfungen ermittelt. Zuerst werden die mechanischen Eigenschaften der Grenzschicht zwischen den beiden Komponenten anhand von Schäl- und Scherprüfungen bestimmt und den Ergebnissen aus einer GFK-Referenzprobe gegenübergestellt. Daran anschließend wird eine ganzheitliche Charakterisierung des Hybridverbunds durchgeführt. Dazu wird die Ermüdungsfestigkeit parallel und quer zur Faserorientierung mithilfe von zyklischen Biegeprüfungen ermittelt. Die Entstehung und Ausprägung der Eigenspannungen, welche aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der einzelnen Komponenten entstehen, werden mittels einer röntgenographischen Spannungsanalyse in einem Röntgendiffraktometer und in einer Synchrotronquelle untersucht.

Zur Erhöhung der Festigkeit der Grenzschicht werden mechanische und chemische Oberflächenbehandlungen des Stahlwerkstoffs angewendet. Als mechanische Verfahren finden das Kugel- und Sandstrahlen, sowie eine Laserstrukturierung Anwendung. Die chemische Oberflächenbehandlung wird mit zwei Haftvermittlern auf Silan- und Titanatbasis durchgeführt. Bei Prüfungen unter Raumtemperatur erreichen die beiden Haftvermittler ähnlich gute Werte wie die GFK-Referenzproben. Bei der mechanischen Oberflächenbearbeitung dagegen erzielt nur die Laserstrukturierung gute Ergebnisse. Für Prüfungen unter erhöhter Temperatur oder an konditionierten Proben sinkt die Festigkeit der Grenzschicht dagegen stark ab. Neben der Beurteilung der mechanischen Kennwerte spielt auch die fraktografische Analyse eine wichtige Rolle, da mit ihrer Hilfe das Versagen charakterisiert werden kann. Ziel ist es, die Grenzschicht so auszulegen, dass kein adhäsives Versagen stattfindet, sondern die Schwachstelle der Probe in die GFK-Komponente verschoben wird, so dass dort ein kohäsives Versagen der Matrix einsetzt. Setzt kein adhäsives Versagen der Grenzschicht ein, spiegelt sich dies auch in hohen mechanischen Kennwerten in der Schälprüfung (siehe Abbildung 1) wieder.

Für die Modellbildung wird auf analytische und numerische Modelle zur Beschreibung des Werkstoffverhaltens zurückgegriffen. Mithilfe der klassischen Laminattheorie können die Beanspruchungen in den einzelnen Schichten im Hybridverbund bestimmt werden. Auch die Eigenspannungen können mit einem analytischen Modell berechnet werden und stimmen gut mit den experimentellen Ergebnissen aus der röntgenografischen Spannungsanalyse (siehe Abbildung 2) überein. Alle gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse werden in einem gesamtheitlichen Modell zusammengeführt und zur Dimensionierung des Demonstrators, unter Einsatz der Finite-Elemente-Methode, herangezogen.

Es wird in diesem Projekt ein großer Beitrag zur Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften von Grenzschichten in intrinsischen Hybridverbunden aus Stahl und GFK geleistet. Standardisierte Prüfverfahren für Faserkunststoffverbunde sind auf Hybridverbunde erweitert und angepasst worden, um insbesondere die Grenzschicht zu charakterisieren. Für die Ermittlung der Eigenspannung ist ein neuer Ansatz zur zerstörungsfreien Analyse der Eigenspannungen in Hybridverbunden aus Faserkunststoffverbunden und Metallen erarbeitet worden, welcher sich nicht nur auf die oberflächennahe Analyse beschränkt, sondern auch, mit Einschränkungen, in den tieferliegenden Ebenen des Hybridverbunds die Eigenspannungen ermitteln kann. Durch diese unterschiedlichen Prüfungen und Auswertungen werden Kennwerte bereitgestellt, die als ein Hilfsmittel zur Dimensionierung von Hybridverbunden aus GFK und Stahl dienen und dabei auch die Wechselwirkungen der unterschiedlichen Komponenten untereinander berücksichtigen. Dieses Hilfsmittel ermöglicht eine zielgerechte Dimensionierung von Demonstratoren, welche in anschließenden Ermüdungsprüfungen erprobt werden.

Das Projekt „Ein intrinsischer Hybridverbund für zyklisch beanspruchte Bauteile „InHyb“ (EFRE-0800109) wird durch den Europäischen Fond für regionale Entwicklung Nordrhein-Westfalen (EFRE.NRW) gefördert.

Abbildung 1: Schälversuch an einer Probe aus GFK (obere Schicht) und Stahl (untere Schicht).

Abbildung 2: Messung von Eigenspannungen bei erhöhter Temperatur in einem Miniaturofen im Röntgendiffraktometer.

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