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ERC Advanced Grant für FAU-Physiker

Elektronenmikroskopische Aufnahme einer aus Silizium herausgeätzen photonischen Beschleunigerstruktur. Elektronen (als Kügelchen angedeutet und nachträglich ins Bild eingefügt) werden von links unten in die Mitte des Säulgengangs (lila) geschossen. Kurze Laserpulse treffen seitlich auf die Säulen. In der Säulenstruktur wird dadurch eine optische Welle angeregt, die die Elektronen beschleunigt. Die roten Wände diesen als Zielhilfe, die grünen Wände reflektieren das Laserlicht in die Säulenstruktur zurück. (Bild: FAU/LS für Laserphysik)

Nicht nur erneuter Erfolg im Wettbewerb um Forschungsgelder, sondern auch ein Beweis für den hervorragenden Wissenschaftsstandort Erlangen: Prof. Dr. Peter Hommelhoff, Lehrstuhl für Laserphysik der FAU, erhält einen ERC Advanced Grant. Die EU-Förderung ist mit 2,5 Millionen Euro über fünf Jahre dotiert. Das Projekt hat zum Ziel, kleinste Teilchenbeschleuniger mithilfe von Photonenchips zu entwickeln. So sollen vollkommen neue Möglichkeiten für Bildgebungsverfahren und Materialanalysen möglich werden, aber auch neue Wege in den medizinischen Strahlentherapien beschritten, wie auch fundamentale Fragen der Quantenphysik beantwortet werden. Es ist nicht das erste Mal, dass Prof. Hommelhoff einen der prestigeträchtigen Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhält: Bereits 2014 wurde er mit einem ERC Consolidator Grant gefördert.

Miniaturisierung von Riesen
Bei Teilchenbeschleuniger denkt man sofort an den gigantischen Ring am CERN in der Schweiz. In der unterirdischen Röhre beschleunigen Forscherinnen und Forscher Atomkerne auf hohe Geschwindigkeiten und lassen diese dann miteinander kollidieren. Ziel ist, mehr über die Grundlagen der Materie zu erfahren. In großen Anlagen wie dem Europäischen Röntgenlaser am DESY in Hamburg werden Teilchenbeschleuniger auch als große Elektronenmikroskope bei der Erforschung neuer Materialien und Pharmawirkstoffe eingesetzt. Teilchenbeschleuniger sind aber auch Teil unseres Alltags. „Im Grunde kommen die modernen medizinischen Bildgebungsverfahren nicht ohne sie aus“, erklärt FAU-Physiker Prof. Dr. Peter Hommelhoff. „Und in Strahlenkliniken kommen sie bei der Bekämpfung von Tumoren zum Einsatz, in Form von Elektronen-Linearbeschleunigern.“ Um sie im klinischen Alltag anzuwenden, sind die Teilchenbeschleuniger dort sehr viel kleiner als in den großen Forschungsanlagen, da dort viel kleinere Teilchenenergien benötigt werden.

Doch Peter Hommelhoff und sein Team wollen noch weiter gehen. Der von ihnen geplante Elektronen-Teilchenbeschleuniger soll lediglich so groß wie ein Mikrochip sein. „Wir streben eine Verringerung der Größe gängiger Teilchenbeschleuniger um den Faktor 100 auf an – klinische Beschleuniger könnten so etwa einen Zentimeter klein werden“, erklärt Prof. Hommelhoff. Der photonische Beschleuniger selbst besteht aus einem Elektronen-Kanal, der in eine Glasplatine eingeätzt ist. Die Wände des winzigen Kanals sind mit einer Riffelung versehen. Wird hier Licht hineingeschossen, wird dieses durch die komplexe Struktur so verändert, dass das Elektron auf den Lichtwellen wie ein Surfer reitet und so vorwärtsgetrieben wird. Dabei soll das Elektron am Ende der Beschleunigung genauso energiereich sein, wie in einem der heute handelsüblichen größeren Beschleuniger.

Anwendung und Grundlagenforschung
Die praktische Anwendung ist ein wichtiger Punkt in Hommelhoffs Projekt. „Wegen seiner geringen Größe wäre es nun vorstellbar, solch einen Beschleuniger in einen Katheder einzubringen, mit dem zum Beispiel krankes Gewebe ganz gezielt behandelt werden könnte“, sagt er. So sollen mit dem Beschleuniger auch Elektronenpulse von einer Attosekunde Länge möglich werden, also Elektronenblitze von der Länge eines Milliardstel einer Milliardstel Sekunde. Damit können schnell ablaufende Prozesse in Superzeitlupe aufgezeichnet werden, wie zum Beispiel der Verlauf von Brüchen bei Bruchtests neuartiger Keramik oder wie sich Elektronen verhalten, wenn ein Molekül aufgespalten wird. Hommelhoffs Beschleuniger soll sich auch in der Grundlagenforschung einsetzen lassen. „Wir möchten Atome kontrolliert an- und abregen, ohne dabei Licht auszusenden“, erklärt Prof. Hommelhoff. „Wenn das gelingen sollte, dann wäre das die höchste quantenmechanische Kontrolle über das Atom.“

Für Peter Hommelhoff ist der ERC Advanced Grant jedenfalls eine wichtige Auszeichnung. „Dies wäre ohne die hervorragende Arbeit meines Teams am Lehrstuhl sowie die Infrastruktur, die die FAU bietet, nicht möglich gewesen“, sagt der Physiker. „Die ERC Grants zeigen an, wo weltweite Spitzenforschung gemacht wird.“ Es sei zwar sein Name, der darauf stehe, aber ohne sein gesamtes Lehrstuhlteam sei das alles nicht möglich.

Zur Person
Prof. Dr. Peter Hommelhoff leitet seit 2012 den Lehrstuhl für Laserphysik an der FAU. 2014 holte er einen ERC Consolidator Grant an die FAU und untersuchte dabei die Wechselwirkung von Licht und mit Festkörpern wie scharften Metallspitzen oder auch Graphen. Von 2003 bis 2007 war Hommelhoff als Postdoc in Stanford, ab 2008 leitet er eine Max-Planck-Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching, bevor er an die FAU kam. Von 2012 bis 2018 war er assoziiertes Mitglied des Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), Erlangen, seit 2018 ist er Fellow des MPL. Seit 2018 ist er auch Mitglied des Vorstandsrats der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Hommelhoff gilt nicht nur als herausragender Wissenschaftler, sondern auch in der Lehre sticht er hervor. So wurde er 2017 mit dem „Preis für gute Lehre“ für die Vorlesungen Experimentalphysik 1 und 2 vom Department Physik der FAU ausgezeichnet.