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Nachwuchs­gruppe ent­wi­ckelt neue Verfahren für nach­wach­sen­de Roh­stoffe

Technische Uni­ver­si­tät Dort­mund

Eine Gruppe von Wis­sen­schaft­ler­in­nen und Wissenschaftlern will dafür in­no­va­ti­ve Verfahren entwickeln. Dr. Thomas Seidensticker von der Fakultät Bio- und Chemie­ingenieur­wesen (BCI) der TU Dort­mund im Bereich Technische Chemie baut diese Nachwuchs­gruppe auf und leitet sie. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das Projekt mit 1,1 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren, „mit Aussicht auf Verlängerung“, wie Seidensticker sagt.

Vier bis fünf Wis­sen­schaft­ler­in­nen oder Wis­sen­schaft­ler sucht der gelernte Chemiker für seine Nachwuchs­gruppe Renewlysis. Der Name ist zusammengesetzt aus Renewables und Catalysis. Ab Januar wird die Gruppe das Projekt „Wertschöpfungsorientierte Entwicklung chemokatalytischer Veredelungsreaktionen von Oleo­che­mi­ka­lien“ umsetzen. „Grundsätzlich geht es darum, den Schwenk der Chemie, die bislang ihre Grundlage bei Mineralöl hat, auf nach­wach­sen­de Roh­stoffe zu schaffen“, sagt Dr. Seidensticker. Die Roh­stoffe sollen zudem möglichst nicht in Übersee wachsen, wie etwa Palmöl, sondern in Europa. Es sind Fette und Öle, sogenannte Oleo­che­mi­ka­lien, die bei­spiels­weise aus Raps und Sonnenblumen, aber auch aus Hanf gewonnen werden. 

Nachwachsende Roh­stoffe sollen Mineralöl ersetzen
Diese nachwachsenden Roh­stoffe sollen in Wertprodukte umgewandelt werden und Mineralöl ersetzen. „Innovative Verfahren zur Herstellung von Produkten auf Basis nachwachsender Roh­stoffe können einen wichtigen Beitrag leisten, die Chemiewirtschaft nachhaltiger und damit zukunftssicherer zu gestalten“, sagt Seidensticker. Wesentliche Heraus­forde­rungen für diese biobasierten Produkte wie etwa Kunststoffe, Tenside, Schmiermittel und Weichmacher ist es, diese in ähnlicher Menge, aber eben auch in gleicher Qua­li­tät wie in der petrochemisch-basierten chemischen Industrie zur Verfügung zu stellen. Vereinfacht gesagt: Die Umwandlung muss sich rechnen, die nachwachsenden Roh­stoffe haben nur eine Chance am Markt, wenn sie preislich mit Mineralölprodukten konkurrieren können. 

Die Gruppe um Dr. Seidensticker ist in ihrer For­schung frei. Sie arbeitet nicht im Auftrag oder für Un­ter­neh­men. Das war eine Voraussetzung, um den Zuwendungsbescheid von der Fachagentur Nachwachsender Roh­stoffe (FNR) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zu erhalten. „Allerdings werden unsere Forschungsergebnisse sicherlich in die Produktion bei Chemieunternehmen einfließen“, prog­nos­ti­ziert Dr. Seidensticker. 

Roh­stoffe aus pflanzlichen Fetten sind aussichtsreich
Die eigenständige Nachwuchs­gruppe Renewlysis widmet sich daher der Erforschung innovativer technologischer Ansätze zur Herstellung biobasierter Produkte wie Chemikalien, Kunststoffvorläufer oder Additive für Kosmetika. Zudem geht es um die Optimierung der Herstellung chemischer Vorprodukte. Insbesondere ungesättigte Oleo­che­mi­ka­lien – also Roh­stoffe aus pflanzlichen Fetten und Ölen – sind zur Erzeugung nachhaltiger Produkte aussichtsreich. Katalytische Verfahren für Oleo­che­mi­ka­lien werden bisher typischerweise anhand einzelner Modellausgangsstoffe ent­wi­ckelt und erprobt. „Das wollen wir ändern, denn in der Natur kommen vor allem Gemische verschiedener Fettsäuren vor. Das muss von vornherein bei der Verfahrensentwicklung berücksichtigt werden.“ 

Der Einsatz nachwachsender Roh­stoffe ist für Dr. Thomas Seidensticker schon seit Jahren neben der For­schung auch in der Lehre eine „Herzensangelegenheit“. 2007 begann er sein Chemiestudium an der TU Dort­mund. Während seiner Doktorarbeit von 2013 bis 2016 erhielt er ein zweijähriges Promotions­stipendium des Fonds der Chemischen Industrie (FCI). 2016 promovierte er in der Arbeits­gruppe von Prof. Arno Behr an der Fakultät BCI. Gemeinsam mit ihm hat er das Lehrbuch „Einführung in die Chemie nachwachsender Roh­stoffe“ ge­schrie­ben, das in diesem Jahr den mit 10.000 Euro dotierten Literaturpreis des Fonds der Chemischen Industrie erhalten hat. Ende des Jahres erscheint es in englischer Sprache unter dem Titel „Chemistry of Renewables“.