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Drei zukunftsweisende Forschungsstränge prägen die Batterieforschung

WWU Münster

Smartphones und Laptops im Dauereinsatz, intelligente Gebäudetechnik, der Ausbau erneuerbarer Energien, vernetzte Ladesäulen für Elektroautos oder die Diskussion um Flugtaxis: Nachhaltige, sichere und effiziente Batterien sind Grundlage unseres Lebens wie auch Wegbereiter für die Zukunft. Zu Ehren des nützlichen Alltagshelfers haben die USA den Nationaltag der Batterie ins Leben gerufen, der jährlich am 18. Februar stattfindet – dem Geburtstag des italienischen Physikers und Erfinders der Batterie: Alessandro Giuseppe Antonio Anastasio Graf von Volta. Wie ist es um die Zukunft der elektrochemischen Energiespeicher bestellt? Ein Kommentar von Martin Winter, Leiter des MEET Batterieforschungszentrums der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie des Helmholtz-Instituts Münster des Forschungszentrums Jülich.

Aktuell dominiert die Lithium-Ionen-Batterie den Markt. Denn sie ist ein echter Alleskönner: Sie vereint eine hohe Leistung und Energiedichte mit einer langen Lebensdauer, Sicherheit und geringen Kosten. Genau das sind die entscheidenden Faktoren, die in ihrer Summe über die Markttauglichkeit einer Batterie bestimmen. Mit der Nachhaltigkeit ist in den vergangenen Jahren ein weiterer Parameter hinzugekommen, der die Batterieforschung heute prägt und ihre Zukunft noch maßgeblicher beeinflussen wird. Um all diese Faktoren unter einem Hut zu vereinen, muss die Batterieforschung parallel drei komplementäre Forschungsstränge verfolgen.

Gleichklang von drei Forschungssträngen
Über den gesamten Wertschöpfungskreislauf hinweg, beginnend bei den Materialen über die Zellfertigung bis hin zum Recycling, spielt die Forschung und Entwicklung an der Lithium-Ionen-Batterie eine entscheidende Rolle. Sie zu optimieren und gleichzeitig kritische Rohstoffe wie etwa Kobalt und Nickel zu substituieren, sind dabei die wichtigsten Ziele. Insbesondere der Ansatz, kritische Materialen durch nachhaltige, ressourcenschonende Rohstoffe zu ersetzen, ist ein zunehmend großes Thema in der Batteriecommunity. Doch Übergangsmetalle wie Mangan und Eisen, durch die Kobalt und Nickel ausgetauscht werden könnten, kämpfen derzeit noch mit mehreren Problemen: ihr Energiegehalt ist kleiner, ihre Stabilität schnell beeinträchtigt und sie zeigen teilweise eine größere Löslichkeit im Elektrolyten. All das führt zu Nebenreaktionen in der Batterie, die ihre Leistung, Lebensdauer und Sicherheit beeinträchtigen. Umso wichtiger ist die weitere, intensive Forschung an neuen Materialkonzepten für die Lithium-Ionen-Batterie.

Bedacht werden muss beim Umstieg auf neue Materialien, ob der Energieverbrauch die Nachhaltigkeit der Batterie tatsächlich positiv begünstigt. Einfach ausgedrückt: Erzielt ein Kilogramm der Lithium-Ionen-Batterie eine Energie von 300 Wattstunden, ein Kilogramm eines Batteriesystems mit anderen Materialien jedoch nur eine Energie von 100 Wattstunden, müssen nicht nur mehr Materialen eingesetzt und damit bezahlt werden, es steigen auch andere Faktoren wie zum Beispiel die Transport- und Produktionskosten. Das wirkt sich wiederum negativ auf die CO2-Bilanz aus. Vergleiche von Batteriesystemen sollten daher immer mit Blick auf die Zielgröße Kilowattstunden erfolgen und daran gemessen werden.

Ein zweiter Forschungsstrang befasst sich mit der Entwicklung von Hochenergiebatterien. Konkret im Fokus stehen derzeit Lithium-Metall-Batterien, insbesondere die Varianten mit Feststoffelektrolyt und/oder mit Schwefelkathode. Da die Lithium-Metall-Batterie eine höhere Energie als die Lithium-Ionen-Technologie verspricht, ist sie insbesondere für den Einsatz in der Elektromobilität, in der hohe Reichweiten gefragt sind, ein vielversprechender Kandidat. Aktuell kämpft sie jedoch noch mit Sicherheitsmängeln. Ganzheitliche Forschung ist unerlässlich, um die Schwächen der Lithium-Metall-Batterien zu überwinden.

Noch in der Grundlagenforschung verankert ist der dritte, zukunftsweisende Zweig: die Forschung und Entwicklung an lithiumfreien Batteriesystemen. Eine Ausnahme bildet hierbei die Natrium-Ionen-Batterie, die bisher allerdings hinsichtlich der Kosten und der Performanz noch nicht an die Lithium-Ionen-Batterie heranreicht. Daher gilt, Durchbrüche zunächst in der Materialforschung und in Laborzellen zu erreichen, bevor weitere Schritte wie zum Beispiel die Produktionsforschung eingeleitet werden.

Zirkuläre Wertschöpfung: Batterierecycling als Top-Thema
Über all diese Forschungsansätze hinweg muss und wird dem Recycling eine wichtige Rolle zukommen. Nur so kann der zirkulären Wertschöpfung in der Batterieforschung und -produktion Rechnung getragen werden. Der Einsatz recyclierter Materialien senkt nicht nur die Kosten für die Ausgangsrohstoffe, sondern ermöglicht auch Energieeinsparungen in der Batterieproduktion. Indem die Batterien bisher geschreddert, verbrannt und mit Säure behandelt werden, fehlt nicht nur die notwendige Trennung der Materialien, auch ihr Reinheitsgrad ist nicht ausreichend, um sie in Batterien wiederzuverwenden. Die Forschung an Batteriedesigns, die zum Beispiel durch ein einfacheres Auseinanderbauen der Zellen ein effizienteres Recycling ermöglichen, wird daher – in Verbindung mit der Entwicklung entsprechender Prozessschritte – zukünftig an Relevanz gewinnen.

Breite Forschung, fokussierte Produktion
Während in der Forschung heute wie morgen ein breites Portfolio an Batteriematerialkonzepten analysiert wird, muss sich die Produktion auf einige wenige Technologien fokussieren. Das hat gleich mehrere Gründe: Zum einen kann ein neues Batteriesystem erst dann in Großserie produziert werden, wenn es im Pilotmaßstab intensiv erforscht wurde und dadurch seine Technologierreife erreicht hat. Zum anderen erfordert jede neue Batterietechnologie ihre eigene Produktionsinfrastruktur. Produktionsprozesse der Lithium-Ionen-Batterie lassen sich nur in sehr geringem Maße auf neue Systeme übertragen. Für den Umstieg auf sogenannte Post-Lithium-Ionen-Batterien bedarf es daher Investitionen in Milliardenhöhe. Für eine fokussierte Produktion spricht außerdem, dass Skaleneffekte Kostenersparnisse mit sich bringen. Grundvoraussetzung dafür ist, dass die entsprechende Batterie für verschiedene Anwendungen nutzbar ist.

Alles in allem gilt: Deutschland hat in den vergangenen 15 Jahren eine enorme Aufholjagd in der Batterieforschung gestartet, die bis in die heutige Zeit anhält – das muss sie auch, denn die Konkurrenz schläft nicht. Gerade die kombinierte Förderung aus Aufbau und Ausbau von regionalen Kompetenzzentren und überregionalen Verbundprojekten aus Industrie und Akademie garantieren, dass sich Deutschland unter den forschungsstärksten Nationen weltweit positioniert hat. Es gilt, diesen Status in Zukunft auszubauen. Ein wichtiger Schritt, um dieses Ziel zu erreichen, besteht darin, die drei genannten Forschungszweige parallel intensiv zu verfolgen, aber dabei ihre jeweilige Technologiereife zu berücksichtigen und über alle Ansätze hinweg das Batterierecycling stärker zu fokussieren.

Quelle: WWU Münster