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„Siegen goes Nano“ – Grünes Licht für High-Tech Forschung

Höchfrequenzsensoren ermöglichen die berührungslosen Detektion flüchtiger organischer Verbindungen an Luft. Foto: Mehran Jamshidifar, Universität Siegen

Viele Lösungen für die großen Fragen unserer Zeit liegen im Kleinen. Nanotechnologie spielt in vielen Bereichen unseres modernen Lebens eine entscheidende Rolle. Sensoren mit Dimensionen im Nanometer-Bereich sind die „Augen“ und „Sinne“ autonomer Systeme, wie z.B. zukünftiger selbstfahrender Automobile. Molekulare chemische und biochemische Komplexe auf der Nanometer Skala haben die Rekordentwicklungen neuer Impfstoffe in der Corona-Pandemie ermöglicht. Lösungen, die wir für Digitalisierung, Gesundheit und Nachhaltigkeit fordern, entstammen in wesentlichen Teilen der Forschung im Nanokosmos. 

Die Universität Siegen ist sowohl mit der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät (Fakultät IV) als auch der in Gründung befindlichen Lebenswissenschaftlichen Fakultät auf vielen dieser Forschungsfelder erfolgreich. Jetzt ist der Startschuss zum Bau modernster wettbewerbsfähiger Laboratorien im INCYTE, dem „Interdisziplinären Forschungszentrum für Nanoanalytik, Nanochemie und cyber-physische Sensortechnologien“ erfolgt. Damit wird ein deutlicher Impuls für die Stärkung dieser Forschungsbereiche von der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) gegeben. Am 14. September hat der Verwaltungsrat des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) NRW das endgültige „grüne Licht“ zum Baustart des INCYTE-Laborgebäudes in Siegen gegeben.

„Dieser Schritt doincyte_grafikkumentiert die starke Wertschätzung der Erfolge bisheriger Grundlagenforschung an der Universität Siegen und das langfristige Engagement der Landesregierung, um diese in Siegen nachhaltig zu stärken“, erklärt Prof. Dr. Peter Haring Bolívar, der diese Initiative seit Jahren vorantreibt. „Mit diesem einzigartigen Forschungsgebäude, welches biochemische Forschung, nanotechnologische Werkstoff- und Bauelemententwicklung und nanoanalytische Infrastrukturen kombiniert, werden beispielgebende Modelle für die gemeinschaftliche Entwicklung und effektive Nutzung aufwendiger Forschungsinfrastrukturen an Universitäten gegeben. Damit wird ein weiterer Baustein unserer Zwei-Standort-Strategie umgesetzt, der Ausbau des Campus Adolf-Reichwein-Straße“, erklärt Kanzler Ulf Richter. 

In wenigen Monaten soll der Spatenstich für das neue Forschungsgebäude INCYTE (Grafik links: KRESINGS Architektur GmbH) folgen. Das hochmoderne Forschungsgebäude entsteht am nördlichen Ende des Adolf-Reichwein-Campus auf einer Fläche von knapp 11.000 Quadratmetern, das Gebäude wird eine Nutzfläche von 5.200 Quadratmetern haben und dynamisch nutzbare Labore für alle Mitglieder der Universität anbieten. Die Labore umfassen unter anderem biochemische Forschungsbereiche auf S2-Niveau, Reinräume für die Herstellung integrierter Bauelemente im Nanometerbereich und modernste Elektronenmikroskopiesysteme. Mit dieser modernen Laborausstattung setzt das Gebäude neue Maßstäbe für die einzigartig enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen modernen Materialwissenschaften, chemischer, biochemischer und analytischer Forschung und Nanotechnologien.

„Mit diesen modernsten Laboratorien werden die zukünftige Forschung der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät gestärkt sowie neue Impulse für die Lebenswissenschaftliche Fakultät der Universität eröffnet. Ich danke dem Land NRW, welches durch diese Investition auch die Leistungen der Kolleginnen und Kollegen in der Grundlagenforschung der letzten Jahre würdigt und ihnen eine tolle Perspektive eröffnet. Auch danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, die nimmer müde werdend, sich für dieses Projekt für unsere Universität und die Region eingesetzt haben“, erklärt der Rektor der Universität, Prof. Dr. Holger Burckhart.

„Sensorische und nanotechnologische Forschung und Entwicklungen gelingen nur, wenn verschiedene Disziplinen Hand in Hand arbeiten: die physikalische und chemische Grundlagenforschung, die mikroelektronische Sensorentwicklung sowie die informationstechnische Datenverarbeitung. Im INCYTE-Gebäude werden sie unter einem Dach vereint, verbunden mit einer Infrastruktur auf höchstem technischem Niveau“, sagt der Dekan der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät, Prof. Dr. Holger Schönherr. „Das Gebäude und die damit verbundenen Möglichkeiten werden unsere Forschung signifikant voranbringen und dazu beitragen, das internationale Renommee und die Attraktivität der Universität in diesem Bereich zu steigern. Dies ist entscheidend für die Gewinnung internationaler Talente.“ So ist unter anderem ein „Reinraum“ für Halbleitertechnik geplant, wo in nahezu partikelfreier Umgebung an der Herstellung von Sensor- und Kameratechnologien und KI-Mikrochips als Schlüsselbauelemente künstlicher autonom-intelligenter Systeme und Sensortechnologien gearbeitet werden wird. 

incyte_elektronenmikroskopieIm INCYTE-Gebäude wird zukünftig das Siegener Gerätezentrum für Mikro- und Nanoanalytik (MNaF) an zentraler Stelle beheimatet sein, welches bereits als „Core Facility“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet wurde. „Eine moderne und leistungsfähige Großgeräteausstattung ist essentiell für die internationale Wettbewerbsfähigkeit in der Materialforschung“, erklärt Prof. Dr. Benjamin Butz, der Leiter des zentralen Gerätezentrums MNaF. „Daher planen wir für das INCYTE nicht nur die Zusammenführung der bereits bestehenden Großgeräte des Zentrums. Wir entwickeln zusammen mit allen beteiligten KollegInnen optimale Labore für neue, modernste nanoanalytische Geräte, wie etwa ein atomar höchstauflösendes Transmissionselektronenmikroskop.“ 

Die teils abgeschirmten und schwingungsfreien Laborräume unterliegen höchsten baulichen Anforderungen. „Die sehr enge Kooperation auf der Planungsebene zwischen allen WissenschaftlerInnen, den MitarbeiterInnen im Planungsdezernat der Universität, dem BLB NRW und den Planungsfirmen ist absolut hervorragend und extrem effizient“, erläutert Dr. Andreas Bablich, der die Konzeption auf WissenschaftlerInnenebene koordiniert. 

Das neue Laborgebäude ist in vielerlei Hinsicht beispielgebend. Energieeffizienz ist bis auf die konkrete Forschungsprozessebene durchdekliniert und das Gebäude wird mit einer Gesamtfläche von 750 Quadratmetern eine Solaranlage mit einer Leistung von 45 kWp integrieren, um den externen Energiebedarf zu minimieren. Errichtet wird das INCYTE-Gebäude durch den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW, die Fertigstellung ist in rund drei Jahren (2024) geplant.