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Neuromorphe Hardware für KI – entwickelt durch „NeuroSys“ in Aachen-Jülich

KI ist die Schlüsseltechnologie für technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Wandel: von autonomen Fahrzeugen, Optimierungsprozessen im Industriesektor bis hin zu medizinischen Anwendungen bei denen Diagnosen und Behandlungen auf Basis von effizienterer Datenverarbeitung verbessert werden. Die Analyse von Daten erfolgt hier - und das mit großem Erfolg – zunehmend auf Grundlage von sog. neuronalen Netzen, denn die Genauigkeit der Datenklassifizierung kann dabei nahezu perfekt ausgeführt werden. Doch die Rechenleistung von heutigen Computern und deren Energieverbrauch stoßen mit dem täglichen Wachstum gesammelter Informationen an Grenzen.

Die Energieeffizienz von KI-Systemen wird damit zu einem entscheidenden Forschungsthema dieser Schlüsseltechnologie. So werden derzeit radikal neue Ansätze für Computerarchitekturen verfolgt, die der Vernetzung und Struktur des Gehirns nachempfunden sind. Denn das menschliche Gehirn ist mit seiner natürlichen Struktur – den Grundbausteinen der Neuronen und Synapsen – dafür ausgelegt parallelisiert und extrem energieeffizient zu arbeiten.

In der Region Aachen-Jülich hat sich aktuell ein Zentrum für die Forschung zu „neuromorpher“ Hardware gebildet. Diese Entwicklung wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung über den Zukunftscluster NeuroSys - Neuromorphe Hardware für autonome Systeme der künstlichen Intelligenz gefördert. Ein großer Kern aus Wissenschaftler*innen der RWTH Aachen University, des Forschungszentrums Jülich und der AMO GmbH arbeiten gemeinsam mit Unternehmen aus der Region daran, dass ein Gehirn-inspirierter Computer bald Wirklichkeit werden kann. Dieser Prozess wird von Beginn an von ethischen und sozioökonomischen Fragestellungen begleitet, um einen langfristigen wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Nutzen sicherzustellen.

Die Zusammenarbeit ist geprägt durch die starke Vernetzung mit lokalen Partnern aus Industrie und Gesellschaft: die Industrie- und Handelskammer Aachen, die Unternehmen AixACCT Systems GmbH, AIXTRON SE, AppTek GmbH, ELMOS Semiconductor SE, RWTH Innovation GmbH, STAR Healthcare, ebenso wie die Start-ups AiXscale Photonics UG, Black Semiconductor GmbH, Clinomic GmbH und Gremse-IT GmbH.

Die nationale Strahlkraft des Clusters wird durch einen hochrangig besetzten Beirat verstärkt, bestehend aus BMW, Bosch, Ford, HEAD acoustics, Stadt Aachen, NamLab GmbH/TU Dresden, Infineon, Siemens, SiPearl, Utimaco, Umlaut, KI.NRW, Zukunftsagentur Rheinisches Revier und TU München/Uni Tübingen. Der Zukunftscluster strebt an, die Region Aachen-Jülich langfristig als europäisch und weltweit führenden Standort für neuromorphe Hardware zu etablieren. Dafür deckt „NeuroSys“ konkrete und aktuelle Forschungsthemen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ab (Abbildung 2) und besteht aus 5 Teilprojekten (A-E).

Projekt A: Memristor Crossbar Architekturen

An der Basis stehen die Entwicklung von neuartigen Bauelementen, sog. Memristoren. Memristoren (Wortschöpfung aus Speicher und Widerstand, Engl.: Memory & Resistor) haben veränderliche Widerstände, die durch elektrische Pulse eingestellt und gespeichert werden können. Damit werden biologische Synapsen nachgeahmt und sind die Grundelemente für simultanes Rechnen und Speichern. In Projekt A wird die Funktionsweise der Memristoren optimiert und die Einbettung mit integrierten Schaltkreisen für neuromorphe Hardwaresysteme vorgenommen.

Projekt B: Photonische neuromorphe Schaltkreise

In Ergänzung zu dem elektrischen Ansatz aus Projekt A strebt Projekt B die Realisierung neuromorpher Hardware mithilfe von integrierten photonischen Schaltkreisen an, in denen die Informationsübertragung mit Licht geschieht. Optische Übertragungssysteme ermöglichen extrem hohe Datenraten und eine substantielle Verkürzung von Latenzzeiten während der Signalübertragung. Demonstriert wird das neuromorphe Hardwaresystem in einem Siliziumphotonik-Chiplet, kombiniert mit Höchstfrequenzelektronik.

Project C: Algorithm-Hardware Co-Design

Entlang des gesamten Wertschöpfungskette prägt Projekt C die integrative Brückenfunktion zwischen den technologieorientierten Projekten A & B und dem anwendungsorientiertem Projekt D. In Projekt C werden neuromorphe Hardwaresysteme und spezielle Algorithmen für neuromorphe Rechnersysteme entwickelt. Die Untersuchung der komplexen Wechselwirkungen von Hardware- und Softwareentwicklung stellt einen hochinnovativen Ansatz (Co-Design) von kombinierter Algorithmen-, Bauelement-, und Schaltungsforschung dar. Hierzu wird die Expertise aus drei Schnittstellen zusammengeführt: den Neurowissenschaften, dem automatisierten Systementwurf und der hardwarenahen Schaltungsentwicklung.

Projekt D: Impulse durch Anwendungen

In Projekt D werden die Eigenschaften neuronaler Hardware und deren optimale Nutzung aus der Anwenderperspektive (Application pull) erforscht. Dazu gehören medizinische Systeme, die eine verbesserte Therapie und Diagnostik ermöglichen, sowie Objekterkennung aus Sprache und Video, die einen breiten Nutzen in allen Bereichen der Wirtschaft finden. Der Technologietransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft erfolgt im Cluster durch die Kooperation zu regionalen Unternehmen, die die Forschungsergebnisse direkt in die Anwendung bringen.

Projekt E: Innovationsprozesse und Geschäftsmodellentwicklung

Projekt E vervollständigt die 5 ineinandergreifenden Projekte aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Die begleitenden Innovationsprozesse und die Geschäftsmodellentwicklungen werden analysiert, so dass ein langfristiger wirtschaftlicher Erfolg und ein gesellschaftlicher und moralischer Nutzen sichergestellt sind. Diese Art der Strategie sind die Voraussetzungen für den späteren Transfer in die unternehmerische Praxis.

Durch die Gesamtheit der Einzelprojekte ist es Ziel des Zukunftsclusters NeuroSys ein Innovationsökosystem für eine europäische technologische Unabhängigkeit zu schaffen in dem eine vertrauenswürdige KI-Hardware entsteht, die auch soziale, ethische und wirtschaftliche Konsequenzen berücksichtigt.

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin