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46 Millionen Euro Fördermittel für Geothermieprojekt

Die Forschenden möchten Störungen für die Geothermie nutzen, hier ein Beispiel in Kalkstein. © Tobias Backers

Eine neue Erschließungstechnologie soll dafür sorgen, dass das Heizen mit Erdwärme wirtschaftlicher wird. Zudem soll sie Erdbeben vermeiden und so die öffentliche Akzeptanz der Geothermie nachhaltig fördern.

Die Fernwärmeversorgung in Speyer erfolgt derzeit noch konventionell über ein Kohlekraftwerk. Im Zuge der Energiewende soll Geothermie als Alternative für die Wärmeversorgung dienen. Um die Wirtschaftlichkeit und die öffentliche Akzeptanz von Geothermieprojekten zur Energiegewinnung zu verbessern, wird im Verbundprojekt AGENS an einer typischen oberrheinischen Lagerstätte eine neue Aufschlusstechnik umgesetzt und untersucht, bei der von einer Hauptbohrung aus mehrere Seitenbohrungen abzweigen. Das soll den zur Förderung notwendigen Druck des eingebrachten Wassers gegenüber einer konventionellen Erschließung reduzieren, dadurch das Risiko für mögliche spürbare Erschütterungen an der Erdoberfläche signifikant senken und die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten weiter verbessern. Das Verbundforschungsprojekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, wird von Prof. Dr. Tobias Backers an der Ruhr-Universität Bochum wissenschaftlich koordiniert. Das Fördervolumen von BMWK und BMBF beträgt insgesamt über 46 Millionen Euro.

Neuartiges Erschließungskonzept 

Bislang werden für die Nutzung der Erdwärme zwei Bohrungen von der Erdoberfläche aus in eine Lagerstätte abgeteuft. Durch eine Bohrung wird warmes Wasser entnommen, das durch einen Wärmetauscher geleitet wird. Nach Abkühlung wird es durch die zweite Bohrung in die Erde zurückgeleitet. „Die Veränderung des Spannungszustandes in einer Lagerstätte kann unter bestimmten Bedingungen dazu führen, dass es in der Tiefe zu seismischen Ereignissen, also Erschütterungen, kommt“, erklärt Tobias Backers.

„Durch das neuartige für Speyer/Schifferstadt geplante Erschließungskonzept können wir das Reservoir geomechanisch und hydraulisch optimiert erschließen“, erklärt Backers. „Dadurch wird der Druck bei gleicher Wasser- und damit Wärmemenge weniger verändert, die Wirtschaftlichkeit verbessert und das Risiko für Erschütterungen weiter reduziert.“ Durch das Pilot- und Demonstrationsvorhaben soll sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die öffentliche Akzeptanz vergleichbarer geothermischer Projekte verbessert werden.

Vier Kilometer tief in der Erde bohren 

Seine Arbeitsgruppe „Ingenieurgeologie und Felsmechanik“ wird eine umfassende Charakterisierung des geothermischen Reservoirs durchführen und das Verhalten des geologischen Untergrundes zusammen mit den Verbundpartnern analysieren. Im Fokus steht eine sogenannte Störung, welche für die Geothermie nutzbar gemacht werden soll; eine Störung ist ein großes Risssystem in der Erde. Die Anatomie der Störung wird erstmals umfassend felsmechanisch beschrieben und das geomechanische Verhalten unter Betriebsbedingungen der Energiegewinnung untersucht. „Dadurch wollen wir die Effekte, die bei der geothermischen Wärmegewinnung auftreten, noch besser verstehen“, erklärt Tobias Backers. „Zukünftig ebnet das hoffentlich den Weg für weitere geothermische Projekte, um den Ausbau erneuerbarer Energien weiter voranzutreiben.“

Kooperationspartner 

Das Vorhaben AGENS ist ein interdisziplinäres Verbundprojekt, an dem die geopfalz GmbH & Co. KG als Verbundkoordinator, das Institut für geothermisches Ressourcenmanagement in der ITB gGmbH, die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, die geomecon GmbH, die Technische Universität Bergakademie Freiberg und die Ruhr-Universität Bochum beteiligt sind. Des Weiteren ist die Geo-Energie Suisse AG als assoziierter Partner beteiligt und soll darüber hinaus, finanziert durch das schweizerische Bundesamt für Energie (BFE), eigene Forschungsarbeiten durchführen.

Förderung 

Zum 1. Juni 2024 wurde das Verbundvorhaben AGENS „Demonstration eines adaptiven, multilateralen Lagerstättenaufschlusses für geothermische Energie zur Seismizitäts- und Kostenmitigation im Oberrheingraben“ mit einer Fördersumme von insgesamt 44,4 Millionen Euro für fünf Jahre bewilligt. Zuwendungsgeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Die Ruhr-Universität Bochum erhält für das Teilvorhaben „Geomechanische Charakterisierung des Systemverhaltens als Agens des seismizitätsmitigierten Lagerstättenbetriebs“ eine Förderung von 11,2 Millionen Euro.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt das Verbundforschungsvorhaben durch das Ergänzungsprojekt LISAGENS „Analyse der Interaktion von Störungsprozesszone und Spannungsfeld zur Identifikation des Agens induzierter Seismizität“, welches als Einzelvorhaben der Ruhr-Universität Fragen zur Grundlagenforschung adressiert, mit zusätzlich rund 1,8 Millionen Euro.

Ruhr-Universität Bochum

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