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Energieeffiziente Hardware für KI aus Aachen

Die Art wie Computerchips arbeiten, neuzudenken, dieser Aufgabe stellt sich der Zukunftscluster NeuroSys – ein Zusammenschluss aus Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlichen Akteuren in der Region Aachen.

Datenintensive Anwendungen des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz (KI) verbrauchen enorme Energiemengen, solange herkömmliche Rechner verwendet werden, die in der sogenannten „von Neumann Architektur“ entworfen sind. Hier sind die Recheneinheiten und die Speicher voneinander getrennt, so dass die riesigen Datenmengen ständig hin- und hertransportiert werden müssen. Das benötigt, insbesondere beim Trainieren von KI-Systemen, viel Energie. Zusätzlich steigt die Anzahl von Nutzern dieser Anwendungen explosionsartig und verstärkt den Energiebedarf so drastisch. Die Semiconductor Research Corporation, eine Vereinigung globaler Halbleiterhersteller und Forschungsinstitute, extrapoliert, dass in ca. 20 Jahren die gesamte auf dem Planeten erzeugte Energie für Computing ausgegeben würde, wenn sich an der Computerhardware nichts änderte.

Computer der nächsten Generation müssen dementsprechend komplexe Daten mit hoher Effizienz, hoher Geschwindigkeit, geringem Stromverbrauch und somit mit deutlich reduziertem Energieaufwand verarbeiten können. Diese Eigenschaften vereint neuromorphes Rechnen – eine Technologie, die durch die Struktur und die Funktionsweise des Gehirns inspiriert ist. Neuromorphe Computer verwenden künstliche Neuronen zur Durchführung von Berechnungen, aber auch analoge und digitale Systeme, die Modelle neuronaler Systeme implementieren, werden dazugezählt. Mit ihnen ließe sich die Energieeffizienz für KI-Anwendungen entscheidend verbessern.

Schon heute werden erste „Hardwarebeschleuniger“ eingesetzt, zum Beispiel in Smartphones, wo die Batterielaufzeit ein wichtiger Faktor ist. Aber auch Zukunftstechnologien, wie das autonome Fahren, brauchen neuromorphe Hardware. Grob geschätzt bräuchten autonome Fahrzeuge mit klassischen Computern derzeit ähnlich viel Energie zum „Sehen, Hören und Denken“ wie zum Fahren, welche auf Kosten der Reichweite fehlt. Cloud-Lösungen sind in Echtzeit für die Automobilindustrie kaum realisierbar und wegen der Netzzuverlässigkeit ein großes Risiko. Ein weiteres Beispiel ist die individuelle Patientenversorgung am Krankenhausbett. Hier können KI-Systeme die Medizin massiv unterstützen, wenn die höchst vertraulichen Daten sicher verarbeitet werden. Dies sollte nicht in einer herkömmlichen Cloud geschehen, sondern dezentral und energieeffizient mit neuromorpher Hardware. Ein weiteres Anwendungsszenario ergibt sich aus der Entwicklung im Bereich der vernetzten Industrieproduktion, der Smart Homes und der Smart Cities. Hier werden zukünftig Milliarden von Sensoren Daten erfassen und mit Hilfe der KI zu produktiveren, sichereren und umweltfreundlicheren Abläufen führen. Die neue Hardware muss diese extrem hohen Datenmengen effizient verarbeiten können; mit neuromorphem Rechnen.

Der Erforschung und Entwicklung von energieeffizienter neuromorpher Hardware für KI-Anwendungen widmet sich der Zukunftscluster NeuroSys aus der Region Aachen, gefördert durch das BMBF. NeuroSys bündelt die Kräfte der Forschungseinrichtungen RWTH Aachen University, AMO GmbH, Forschungszentrum Jülich und der regionalen Industrie und führt Forschungsarbeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette durch: von der Materialforschung über die Bauelementeentwicklung, den Schaltungsentwurf, die Algorithmenentwicklung bis hin zu anwendungsgetriebenen Fallstudien und der Entwicklung von sozioökonomischen Wirkungsszenarien neuromorpher Hardware. Die gesellschaftlichen Herausforderungen im Umgang mit KI erfordern ethische und soziologische Reflexionen, die ein integraler Bestandteil der Forschung im Cluster sind. Es gilt eine KI zu entwickeln, die den Bürgern nutzt, Europa unabhängiger macht und den europäischen Werten entspricht.

Die zahlreichen Schnittstellen mit den regionalen Unternehmen, die sich entlang der Wertschöpfungskette ergeben, erlauben trotz der langen Zeitschienen in der Forschung auch kurzfristig Transfer und Innovation. Der NeuroSys Cluster sieht sich damit als logischen Teil des Transformationsprozesses im Rheinischen Revier. Die Vernetzung in der Region ist essenziell, denn die Arbeiten im Cluster haben ein langfristiges, großes Ziel vor Augen: die Errichtung und Etablierung von Herstellungskapazitäten für neuromorphe Hardware. Den Aufbau des dazu notwendigen lokalen Innovations-Ökosystems in der Region Aachen fasst die Abbildung 2 zusammen. Aufbauend auf der exzellenten Spitzenforschung, die aus zahlreichen nationalen und europäischen Forschungsinitiativen hervorgegangen ist, bildet NeuroSys ein breites Netzwerk von regionalen und nationalen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Die beeindruckende Anzahl von 22 aktiven interdisziplinären Forschungspartnern ist in der Abbildung durch die entsprechenden Logos innerhalb der grauen Ellipse aufgeführt. Das NeuroSys Konsortium wird durch 16 Beiratsmitglieder komplettiert, die auf der Umrisslinie der Ellipse dargestellt sind. NeuroSys mit seinen knapp 40 Partnern transportiert die grundlagenorientierte Forschung in die Anwendung und strebt durch zeitliche und räumliche Entwicklung eine regionale und überregionale Verwertung der Forschungsergebnisse an.

Autoren: Dr. rer. nat. Julia Floehr und Dr. rer. nat. Thorsten Wahlbrink, Cluster4future NeuroSys

Zukunftscluster NeuroSys

Technologische Basis

  • Mikro- und Nanotechnologie
  • Mikroelektronik
  • Neuromorphes Computing
  • Integrierte photonische Systeme

Innovation

  • Neue Materialien
  • Neue Bauelement- und Systemarchitekturen
  • Hardware-Software Co-Design

Primäre Anwendungsfelder

  • KI in der personalisierten Medizintechnik
  • KI in der Sprach- und Objekterkennung
  • KI In der Automobilindustrie

Impact

  • Strukturwandel gestalten
  • Europäische Werte für KI
  • Technologische Unabhängigkeit in Europa

www.neurosys.info

Abbildung 1: Arbeiten im Reinraum - Beladung einer Herstellungsanlage mit Siliziumchips, Quelle: AMO GmbH/Martin Braun

Abbildung 2: Ausstrahlungs- und Entfaltungspotenzial des NeuroSys-Clusters von exzellenter Grundlagenforschung bis zu einem wettbewerbsfähigen, wirtschaftlichen und technologischen Ökosystem Quelle: NeuroSys

Bildergalerie

Quelle: NMWP-Magazin

AMO GmbH

Die Mission der AMO als gemeinnützige KMU besteht darin, neue Wege für Innovationen, die aus der Konvergenz unterschiedlichster Technologien entstehen, zu beschreiten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Konvergenz zwischen Mikro- und...mehr...