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Fehlernetzwerke in Metallen verstehen

Markus Stricker wird mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet. © RUB, Marquard

Das Verhalten von Metallen bei Verformungen hängt stark davon ab, wie Fehler im Kristallgitter miteinander wechselwirken. Diese sogenannten Versetzungen betrachtet Prof. Dr. Markus Stricker von der Ruhr-Universität Bochum als Netzwerke und möchte deren Verhalten mittels Simulationen analysieren. Für dieses Vorhaben erhält er einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats ERC. Sein Projekt namens „DISCO-DATA: Hard work, plastic flow: a data-centric approach to dislocation-based plasticity“ wird ab September 2024 für fünf Jahre mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert.

Warum weniger Kraft nötig ist als erwartet, um ein Metall zu verformen 

Nahezu alles, mit dem wir täglich zu tun haben, enthält Bauteile aus Metall, die meist durch plastische Verformung in ihre Endform gebracht wurden. Die industrielle Umformung bei der Herstellung dieser Gegenstände beruht dabei weitestgehend auf Erfahrungswerten, wie viel Kraft zum Beispiel nötig ist, um einen Werkstoff aus bestimmten Komponenten und in bestimmter Stärke zu verformen. „Schon vor fast 100 Jahren fiel auf, dass die theoretisch dafür benötigte Spannung – Kraft pro Fläche – 100- bis 1.000-mal größer ist als die tatsächlich benötigte“, sagt Markus Stricker. „Der Grund dafür liegt in Fehlern im Kristallgitter der Metalle, die linienförmig darin auftreten, den sogenannten Versetzungen.“

Im kleinsten Detail, auf der atomaren Ebene, sind solche Versetzungen gut untersucht. In größeren Maßstäben jedoch treten sie in ein komplexes Zusammenspiel. Die Vernetzung zwischen verschiedenen Versetzungen sind zum Beispiel mit dafür verantwortlich, dass sich ein Metall mit zunehmender Verformung immer schwerer weiter verformen lässt, ein Effekt, der als Kaltverfestigung bezeichnet wird. „Bisherige Modelle, die dieses Verhalten zu beschreiben versuchen, funktionieren noch nicht so gut“, sagt Markus Stricker. „Im Grunde ist das Materialverhalten, das diesen Effekten zugrunde liegt, noch nicht wirklich verstanden.“

In seinem ERC-Grant will er dem Zusammenspiel der Versetzungen erstmals beikommen, indem er sie simuliert und mit mathematischen Methoden als Netzwerke beschreibt. Aus vielen Simulationen verschiedener Netzwerke will er abstrakte Netzwerke erzeugen und ihr Verhalten während der Verformung analysieren. Am Schluss steht dann der Schritt zurück zum physikalischen Modell.

Zur Person 

Markus Stricker studierte zwischen 2006 und 2012 Maschinenbau an der Universität Karlsruhe, wo er am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 2017 seinen Doktortitel erwarb. Er blieb zunächst als Postdoktorand am KIT, bis er 2018 an die École Polytechnique Fédérale de Lausanne in der Schweiz wechselte. Seit 2020 hat er die Juniorprofessur Materials Informatics and Data Science am Interdisciplinary Centre for Advanced Materials Simulation, kurz ICAMS, der Ruhr-Universität inne.

Ruhr-Universität Bochum

Mitten in der dynamischen Metropolregion Ruhrgebiet im Herzen Europas gelegen ist die RUB mit ihren 20 Fakultäten Heimat von über 43.000 Studierenden aus über 130 Ländern.Ihren Erfolg in der Forschung verdankt die RUB der engen Verknüpfung der...mehr...