Computertomographie für militärische Anwendungen
Die industrielle Computertomographie bietet detaillierte, präzise und insbesondere zerstörungsfreie Einblicke in komplexe Bauteile, Komponenten und Strukturen. Die CT hat sich über Jahre zu einer unverzichtbaren Prüftechnik in der Verteidigungsindustrie entwickelt.
Die Verteidigungsindustrie steht vor der Herausforderung, hochkomplexe Systeme und deren Komponenten unter strengsten Qualitätsanforderungen herzustellen und einsatzfähig zu halten. In diesem Zusammenhang gewinnt die industrielle 3D-Computertomographie (3D-CT) zunehmend an Bedeutung. Als zerstörungsfreies Prüfverfahren ermöglicht sie detaillierte Analysen von Bauteilen aus Metall, Verbundwerkstoffen oder Keramik – sowohl im Entwicklungsprozess als auch in der Serienfertigung und Instandhaltung. Anders als in der medizinischen Diagnostik wird bei der industriellen 3D-CT das zu prüfende Objekt auf einem Drehteller positioniert, der sich zwischen einer Röntgenquelle und einem Röntgendetektor befindet. Die während der Drehung des Bauteils aufgenommenen Durchstrahlungsbilder werden in einem mathematischen Verfahren zu einem 3D-Volumenmodell des Prüfkörpers verrechnet. Ohne Demontage, ohne Beschädigung, werden vollständige, detaillierte und maßgetreue (Innen-)Ansichten des Objektes gewonnen, an denen präzise Geometriemessungen oder automatisierte Fehler- und Strukturanalysen durchgeführt werden können. Als Beispiele für die militärische CT-Anwendung werden nachfolgend Prüfergebnisse an Feststoff-Raketenmotoren, keramischen Verbundwerkstoffen und additiv gefertigten Metallbauteilen vorgestellt.
Feststoff-Raketenmotoren
Hohe Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sind essenziell
für Feststoff-Raketenmotoren als militärische Antriebssysteme. Spezifische
Fehlerbilder wie Delaminationen, Risse oder Poren im Treibstoff führen zu einer
unregelmäßigen Verbrennung und beeinträchtigen so deren Performance. Die
Hochenergie-CT mit Energien im MeV-Bereich bietet die Möglichkeit, auch
Raketenmotoren mit größeren Durchmessern zerstörungsfrei zu prüfen. Abbildung 1
zeigt das Ergebnis einer Hochenergie-CT Simulation mit 6 MeV Energie am Phantom
eines Feststoff-Raketenmotors mit einem Durchmesser von 550 mm. Das Phantom
besteht aus Verbundtreibstoff mit 200 mm Bohrung, einem 4 mm starken EPDM-Liner
mit Kevlar Fasern sowie einem 15 mm dicken CFK-Gehäuse. Poren im Treibstoff
sind ab einer Größe von ca. 0,4 mm nachweisbar. Der Liner, der sich zwischen
dem Treibsatz und dem Motorengehäuse befindet, dient als thermisches
Schutzsystem gegenüber den extremen Temperaturen, die beim Abbrand des Treibstoffs
entstehen. Eine mangelnde Anbindung des Liners zum Treibsatz kann
schlimmstenfalls zu einer Detonation der Rakete in der Flugphase führen. Im
CT-Schnittbild sind Delaminationen ab einer Größe von ca. 200 µm sicher
nachweisbar, durch eine Darstellung als Abwicklung kann die Nachweisgrenze
sogar auf 100 µm verbessert werden.
Keramische Verbundwerkstoffe
Aufgrund ihrer herausragenden thermischen Stabilität,
geringen Dichte und exzellenten mechanischen Eigenschaften bei extremen
Bedingungen sind keramische Verbundwerkstoffe (CMC) bevorzugte Materialien für
Hochtemperaturanwendungen, wie beispielsweise Hitzeschilde, Radome,
Hyperschalltechnologie oder Triebwerkskomponenten. Allerdings stellen die
komplexe innere Struktur der CMC-Werkstoffe sowie die hohen Anforderungen an
Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der CMC-Bauteile besondere Anforderungen an
die Prüfung und Qualitätssicherung dieser Materialien. Hier bietet die
industrielle CT einzigartige Möglichkeiten zur Detektion von Mikrorissen, Poren
und Delaminationen im Werkstoff, zur Charakterisierung unterschiedlicher Phasen
oder zur Analyse der Faserorientierung im gefertigten Bauteil. Schließlich
besteht die Möglichkeit, die CT-Daten von CMC-Komponenten in
Finite-Elemente-Simulationen (FEM) einzuspeisen, um auf diese Weise die
Werkstoffe unter Berücksichtigung von Faserwinkeln, Lagendicken oder
Bauteilverzug realitätsnah simulieren zu können. Abbildung 2 zeigt das Ergebnis
einer hochauflösenden CT-Prüfung an einer aus dem Werkstoff C/SiC gewickelten
CMC-Raketendüse inklusive Bestimmung der Faserorientierung im Bauteil.
Additive Fertigung
Durch ihre Fähigkeit, Bauteile in nahezu beliebiger Gestalt
innerhalb kürzester Zeit realisieren zu können, hat sich die metallische
additive Fertigung in den letzten Jahren zu einer Schlüsseltechnologie zur
Herstellung von Strukturbauteilen für Flugzeuge und Drohnen, Komponenten von
Raketentriebwerken oder Gehäusen für Anwendungen in Fahrzeugen, Waffen- und
Munitionssystemen entwickelt. Die häufig innenliegenden, komplexen Geometrien
und methodenspezifische Fehlerarten stellen jedoch neue Herausforderungen an
die Qualitätssicherung. Die CT ist das führende Verfahren zur
zerstörungsfreien, volumetrischen Prüfung additiv gefertigter Metallbauteile
und ermöglicht neben der Identifikation von Poren, Rissen, Bindefehlern oder
Pulverresten vor allem eine detaillierte Geometrieprüfung auf Verzug oder
Dimensionsabweichungen, die insbesondere bei komplexen, dünnwandigen
AM-Bauteilen relevant ist. In Abbildung 3 sind CT-Ergebnisse an einer additiv
gefertigten Inconel-Komponente eines Raketentriebwerks dargestellt, die im
Pulverbettverfahren (LPBF) hergestellt wurde. In einigen Kühlkanälen befinden
sich noch Pulverreste, in einem Bereich wurde eine Pore nachgewiesen.
Zusammenfassung
Die industrielle Computertomographie sichert die Qualität
und Zuverlässigkeit kritischer Komponenten und reduziert langfristig die Kosten
für Entwicklung, Produktion und Instandhaltung. Durch die zunehmende
Integration in digitale Fertigungsketten und KI-basierte Analysemöglichkeiten
hat sich die CT zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der Verteidigungsindustrie
entwickelt.
diondo GmbH
Technologische Basis
- Röntgenprüftechnik
- 3D-Rekonstruktion
- Digitale Datenanalyse
Innovation
- KI-gestützte Auswertung
- Inline-CT
Primäre Anwendungsfelder
- Qualitätssicherung
- 3D-Messtechnik
- Reverse Engineering
Vorteile
- Zerstörungsfreie Prüftechnik
- Vollständige 3D-Analyse
- Digitale Integration
Abbildung 1: Hochenergie-CT Simulation am Phantom eines Feststoff-Raketenmotors mit Nachweis von Poren und Delaminationen
Abbildung 2: CT-Untersuchung einer CMC-Raketendüse mit Bestimmung der Faserorientierung im Bauteil
Abbildung 3: CT-Prüfung eines additiv gefertigten Triebwerkbauteils mit Nachweis von Pulverresten in Kühlkanälen und einer Pore
