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Fraunhofer ILT: "Wir bringen Additive Manufacturing in den Mittelstand"

© Foto Fraunhofer ILT, Aachen. Beim extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen EHLA wird das Pulver über der Oberfläche geschmolzen und trifft dann flüssig auf die Werkstückoberfläche.

Vom 26. bis 29. Juni traf sich in diesem Jahr wieder die Laser-Community zur LASER World of PHOTONICS in München. Mit dabei war das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT mit über 50 Exponaten aus den verschiedenen Bereichen der angewandten Lasertechnik und Strahlquellenentwicklung: Von Dioden- und Faserlasern über neue Messtechnik bis hin zu kompletten Maschinen für additive Verfahren oder gar Lasersysteme für den Weltraum reichte das Spektrum in diesem Jahr.

Die Eröffnung der LASER-Messe ist für gewöhnlich ein Anlass, um auf neue Trends aufmerksam zu machen. In diesem Jahr sprach Peter Leibinger von der TRUMPF-Gruppe über Chancen, welche die Quantentechnologie für die Laserbranche bietet. Noch stehen dabei Forschungsprogramme von Bundesministerien und EU im Vordergrund, aber schon in zwei bis drei Jahren wird mit industriellen Anwendungen gerechnet. Es zeichnet sich dabei ab, dass neben der Kommunikationstechnik vor allem die Quanten-Messtechnik relevante Umsätze generieren wird. 

Neue Plattform für weltraumtaugliche Laser 

Hochgenaue lasergestützte Messtechnik gehörte in diesem Jahr auch zu den Highlights auf dem Stand des Fraunhofer ILT. Mit einem sechs Meter großen Modell der Ariane-5-Rakete warben sie für die MERLIN Mission. Der Kleinsatellit MERLIN (Methane Remote Sensing LIDAR-Mission) soll 2021 von Kourou, Französisch-Guayana, aus in den Weltraum befördert werden, um das Methan in der Erdatmosphäre zu kartieren. Kernstück des Satelliten ist ein LIDAR, das Lichtpulse in die Atmosphäre schickt und aus dem vom Erdboden zurückgestreuten Licht die Methankonzentration bestimmt. 

Schon seit Jahren arbeiten die Experten des Fraunhofer ILT mit Partnern wie DLR, Airbus Defence and Space, TESAT Spacecom oder der ESA an neuen Lasersystemen für die Luft- und Raumfahrt. Mit dem neuen Future Laser System FULAS denken die Aachener über einzelne Projekte hinaus: Sie haben eine ganze Technologieplattform aufgebaut. Für FULAS werden nicht nur raumfahrttaugliche Komponenten entwickelt und validiert, sondern auch eine ganz eigene Aufbautechnologie: Alle wesentlichen Justierschritte werden mit manuell geführten Robotern im Pick & Align-Verfahren durchgeführt. 

Laserbeschichten wird 100-mal schneller

Was haben Papierwalzen, Bremsscheiben am Auto und Hydraulikzylinder gemeinsam? Sie müssen alle beschichtet werden. Bislang passiert das meist mit Hartverchromen oder thermischem Spritzen. Ein Team des Fraunhofer ILT und der RWTH Aachen University hat mit dem extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA) nun ein alternatives Laserverfahren entwickelt: EHLA ist nicht nur 100 bis 250 Mal schneller als konventionelles Laserauftragschweißen, sondern auch umwelt- und gesundheitsschonend, da es ohne Chrom(VI) auskommt. 

Der Trick bei EHLA besteht darin, dass das Pulver aufgeschmolzen wird, bevor es auf der Oberfläche auftrifft. Das geschmolzene Material verbindet sich stoffschlüssig mit dem Grundstoff und kann im Gegensatz zur Hartchromschicht nicht abplatzen. 

Kurz vor der LASER-Messe war das EHLA-Verfahren mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis geehrt worden. Jetzt geht es in die Umsetzung: Eine erste großtechnische Anlage steht bei IHC Vremac Cylinders B.V., in Apeldoorn in den Niederlanden.

Andres Veldman, Manager Engineering bei IHC, ist begeistert: »Das Verfahren ist deutlich schneller und erzielt eine wesentlich höhere Qualität als das Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen, das sogenannte HVOF. Außerdem fällt der Aufwand für die Nachbearbeitung im Vergleich zu allen anderen Technologien deutlich geringer aus.« 

Preisbarrieren für Additive Manufacturing senken

Additive Verfahren wie Laserauftragschweißen oder das 3D-Drucken mit Metallpulver sind heute schon industriereif. Allerdings hat nicht jeder potenzielle Nutzer gleich Aufträge, die eine Investition im hohen sechsstelligen Bereich rechtfertigen. 

 Dabei haben gerade kleine Firmen viele Ideen, was man damit alles machen kann. Hier setzt ein Low-Cost System aus Aachen an, mit Herstellungskosten, die um ein Vielfaches geringer sind als die für übliche Systeme. »Wir wollen Additive Manufacturing in den Mittelstand bringen« erklärt Professor Johannes Henrich Schleifenbaum vom neu eingerichteten Lehrstuhl »Digital Additive Production DAP« der Fakultät für Maschinenwesen an der RWTH Aachen University. »Dafür bieten wir neben der Maschine auch die nötige Schulung an.« 

Die Schulung am Fraunhofer ILT dauert meist 2 bis 5 Tage, dann kann das Gerät mit diversen Metallpulvern voll genutzt werden. Zu dem 4-Achssystem gehören neben einem Diodenlaser mit 140 W Leistung eine Schutzgaseinrichtung und eine Open-Source-Steuersoftware.

Das Interesse auf der Messe war groß: Sowohl kleine Maschinen- und Werkzeugbauer fragten nach als auch erfahrene Nutzer, die mit dem Low-Cost-System neue Materialien qualifizieren wollen. 

Zusammenfassung

Mit über 32.000 Besuchern und fast 1.300 Ausstellern hat die LASER Worldof PHOTONICS neue Rekordmarken gesetzt. Entsprechend positiv war die Stimmung auf der Messe und auch für die Laserspezialisten des Fraunhofer ILT war die Messe ein voller Erfolg. Mit ihrem Themenspektrum von der Laserbearbeitung im Leichtbau über Ultrakurzpulsverfahren bis hin zur Prozesskontrolle und 3D-Bioprinting konnten sie viele neue Ideen und Kontakte gewinnen. Bei dem zuletzt genannten Verfahren werden zum Beispiel elastische Stützgerüste für künstliche Gefäße stereolithografisch aus neuen nicht-toxischen Photoharzen hergestellt. 

Die nächste LASER World of PHOTONICS findet vom 24. bis 27. Juni 2019 statt.

Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT

Mit über 480 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mehr als 19 500 m² Nettogrundfläche und über 40 Ausgründungen zählt das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT weltweit zu den bedeutendsten Auftragsforschungs- und Entwicklungsinstituten im...mehr...