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DLR: Tiefe Einblicke bei extremen Temperaturen

DLR entwickelt durchleuchtbaren Ofen, um das Thermalverhalten von Raumfahrtmaterialien zu untersuchen

  • DLR-Forscher haben einen neuartigen, durchleuchtbaren Ofen entwickelt.
  • Mit dessen Hilfe können sie das Thermalverhalten von Hochtemperaturstrukturen genauer als bisher untersuchen.
  • Hochtemperaturstrukturen kommen zum Beispiel in der Raumfahrt als Hitzeschutzschilde zum Einsatz.
  • Schwerpunkt(e): Raumfahrt, Materialwissenschaften, Wiedereintrittstechnologie

    Strukturen, die Temperaturen von mehreren tausend Grad aushalten, sind in der Raumfahrt von entscheidender Bedeutung: Sie kommen zum Beispiel bei Hitzeschilden zum Einsatz, die ein Raumfahrzeug beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre vor dem Verglühen bewahren oder in Antrieben für den Hyperschallflug, bei denen ebenfalls extrem hohe Temperaturen entstehen. Entwickler solcher Hochtemperaturbauteile müssen wissen, wie sich die eingesetzten Materialien verhalten, wenn sie großer Hitze ausgesetzt sind. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart haben nun einen neuartigen, durchleuchtbaren Ofen entwickelt. Mit seiner Hilfe können sie die Vorgänge im Inneren des Ofens beobachten und dreidimensionale Bilder der darin erhitzten Materialproben aufnehmen.

    Sichtbar machen, was sonst verborgen bleibt

    Der Ofen ist so gebaut, dass man ihn durch ein ringförmiges Fenster zum Beispiel mit Hilfe von Röntgenstrahlen durchleuchten kann. Um die zu untersuchenden Materialproben von allen Seiten aufnehmen zu können, dreht sich die Probe auf einer Rotationsplattform. Entstehende Verbrennungsgase werden abgesaugt, um für die Messungen wichtige Instrumente, wie Detektoren und Optiken, nicht zu verunreinigen.

    Seinen ersten Einsatz hatte der Spezialofen bei der Untersuchung von Ablatoren aus Kork. "Ablatoren dienen als Thermalschutzsysteme für Bauteile, die hohen Wärmelasten ausgesetzt sind. Sie verbrennen und nehmen dadurch einen Teil der Wärmelast auf", erklärt Dr.-Ing. Hannah Böhrk. Sie leitet die am DLR-Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie angesiedelte Helmholtz-Nachwuchsgruppe Hochtemperaturmanagement für den Hyperschallflug. Gemeinsam mit dem Institut für Thermodynamik der Luft- und Raumfahrttechnik (ITLR) der Universität Stuttgart untersuchen und entwickeln die jungen Forscher Technologien für Hitzeschilde.

    Komplexe Prozesse besser verstehen

    Das Abbrennen eines Ablators ist ein äußerst komplexer Vorgang: Es laufen eine Vielzahl thermodynamischer Prozesse und chemischer Reaktionen ab, die zudem abhängig sind von der Anströmung. Die derzeit verfügbare Röntgen-Computertomografie-Technologie benötigt eine Aufnahmedauer von rund einer Stunde für ein dreidimensionales Bild hoher Qualität. Die typische Einsatz- und Abbranddauer eines Ablators ist jedoch wesentlich kürzer. Um unter diesen Voraussetzungen aussagekräftige Bilder zu erhalten, muss die Abtastgeschwindigkeit deutlich höher sein. Deshalb haben die Forscher ihren Ofen für die ersten Messungen an einem speziellen Teilchenbeschleuniger des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) installiert. "Schnelle Röntgenaufnahmen in hoher Auflösung sind hier kein Problem. Denn dynamische Prozesse können hier in einer Sekunde oder sogar noch schneller aufgenommen werden", beschreibt Hannah Böhrk die Vorteile der Testanlage.

    Grundlage für Simulationen

    Mit Hilfe der so erstellten Bilder können die DLR-Wissenschaftler nun deutlich erkennen, wie der Abbrand im Material fortschreitet und wie Materialveränderungen im Inneren und an der Oberfläche zusammenspielen. "Mit Hilfe dieser Aufnahmen und Versuche, können wir das Verhalten des Materials berechnen. Gleichzeitig bilden sie die Grundlage für Simulationen der Wärmeübergänge im Material. Unser portabler Ofen hat sich damit für den Einsatz an Großforschungsanlagen bewährt", fasst die DLR-Wissenschaftlerin zusammen.

    In Zukunft will das Team um Hannah Böhrk den Ofen so weiterentwickeln, dass sie damit auch untersuchen können, welche Reaktionen beim Eintritt in die Atmosphäre anderer Planeten stattfinden. Ein Beispiel ist der Mars, dessen Atmosphäre fast ausschließlich aus Kohlenstoffdioxid besteht.