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thyssenkrupp eröffnet TechCenter Additive Manufacturing in Mülheim an der Ruhr

Gedruckte Wirklichkeit: thyssenkrupp eröffnet TechCenter Additive Manufacturing

  • Neues TechCenter startet 3D-Druck von Bauteilen
  • Kunden profitieren von leichteren und leistungsfähigeren Produkten
  • Individualisierte Produktion bis zu Losgröße 1 möglich

Metalle und Kunststoffe, die ganz nach Kundenwunsch zu Produkten gefertigt werden – in individuellem Design und in einem einzigen digitalen Prozess. Im neu eröffneten TechCenter Additive Manufacturing von thyssenkrupp in Mülheim an der Ruhr ist genau das jetzt Alltag: Dort wird der Konzern den 3D-Druck von Metallen und Kunststoffen industrialisieren. Der gesamte Planungs- und Herstellungsprozess verläuft digital. Dies bietet nicht nur für die Wertschöpfungs- und Lieferkette zahlreiche Vorteile, sondern auch für Kunden und Umwelt. Durch die bereits vorhandenen Erfahrungen und Forschungspartnerschaften soll das Po-tenzial des 3D-Drucks innerhalb kurzer Zeit kundennah genutzt werden. Besonders die Schlüsselmärkte Maschinen- und Anlagenbau, Luftfahrt, Marine und Automobil werden von dieser Technologie profitieren. Interne Projekte laufen bereits. „Additive Manufacturing ist ein weiterer Schritt in der digitalen Transformation unseres Konzerns und ein Baustein unserer Innovationsstrategie“, so Dr. Heinrich Hiesinger, Vorstandsvorsitzender der thyssenkrupp AG, bei der Eröffnung des Centers. 

Neue Möglichkeiten schaffen Innovationspotenzial
In einer Produktionshalle auf dem Gelände der Lenkungsfertigung von thyssenkrupp arbeitet ein kleines, agiles Team zunächst mit jeweils einem Drucker für Metalle und Kunststoffe. Beide Geräte verarbeiten pulverförmige Grundwerkstoffe nach dem Selective Laser Melting- beziehungsweise Sintering-Verfahren und bauen dabei schichtweise Bauteile auf. Als Bau-plan ist nur eine CAD-Datei nötig, das Produkt kann dann direkt aus den digitalen Daten, ohne Medienbrüche, fertiggestellt werden. Der herkömmliche Prozessschritt des Werkzeug- oder Formenbaus entfällt. 

 „Erstmals ist es möglich, dass wir uns ganz auf die Konstruktion als solche fokussieren ohne die Grenzen der herkömmlichen Fertigungsverfahren berücksichtigen zu müssen – das schafft ganz neues Innovationspotenzial“, erklärt Dr. Reinhold Achatz, Technologiechef der thyssenkrupp AG. Bereits heute ist es möglich, mit den Druckern komplexere Strukturen herzustellen, die stabiler, belastbarer und gleichzeitig leichter sind als dies mit gängigen Produktionsmethoden der Fall ist. Seit Anfang 2015 beschäftigt sich eine interdisziplinäre Projektgruppe bei thyssenkrupp mit dem Thema Additive Manufacturing. Anwendungsfelder wurden identifiziert, mehrere Produkte, die via 3D-Druck realisiert werden sollen, befinden sich bereits in der Patentierungsphase. Die Entwicklungskompetenz im Bauteildesign, bei der Werkstoffauswahl und der Prozessentwicklung führten in ersten internen Projekten bereits zu eindrucksvollen Funktionsverbesserungen und -erweiterungen. 

So konnte beispielsweise eine komplexe Sonde zur Entnahme von Gasproben aus einem Ofen entwickelt und gefertigt werden. Diese ist dank integrierter Kühlkanäle so hitzebestän-dig, dass sie zum Beispiel in Brennöfen von Zementwerken eingesetzt werden kann. Im Bereich Marine Systems lassen sich Bauteile, die nur in geringer Stückzahl benötigt werden, mit dem 3D-Drucker schneller und kostengünstiger herstellen. Nicht zuletzt, weil nun statt Metall Kunststoff verwendet wird, der durch die spezielle Konstruktion in diesem Fall die gleiche Stabilität bietet. Beide Lösungen ließen sich erst durch den Einsatz dieser neuen Produktionsmethode umsetzen. 

Additive Manufacturing als Gemeinschaftsaufgabe
Im neuen TechCenter wird das Projekt nun fortgesetzt und auf die nächste Ebene gebracht: Produkte und Technologien werden weiterentwickelt, Kompetenzen noch stärker verknüpft und der Schwerpunkt bewusst auf Projekte mit Industrialisierungspotenzial gelegt. In den kommenden drei Jahren verantwortet die zentrale Entwicklungsabteilung des Konzerns das TechCenter, bevor es dann unter dem Dach der Business Area Materials Services weitergeht. „Wir wissen genau, welche Werkstoffe für welches Produkt optimal sind, und haben die Erfahrung im Bereich Logistik- und Projektmanagement, um das TechCenter schnell voranzubringen. Durch unseren breiten Kundenstamm haben wir zudem genau im Blick, für wen die 3D-Druck-Technologie Vorteile bietet“, sagte Hans-Josef Hoß, Vorstandsmitglied von thyssenkrupp Materials Services, bei der Einweihung des Centers. Diese Art der Produktion ermöglicht eine noch stärker auf den Kunden zugeschnittene Zusammenarbeit. „Wir binden die Kunden von Beginn an mit ein und können schnell und nach individuellen Anfor-derungen fertigen – das geht bis hin zur Losgröße 1“, so Hoß. Durch die Expertise, die thyssenkrupp bietet, erhalten die Kunden ein Produkt, das komplett in einem Unternehmen entstanden ist – von der kundenindividuellen Beratung und spezifischen Materialauswahl über das digitale Konstruktionsdesign und die eigentliche Produktion bis hin zur Nachbehandlung der Komponenten. Dies wird durch die Möglichkeiten der additiven Fertigung zukünftig noch viel schneller als bisher möglich sein. 

Mit „Speedboats“ das Geschäft von morgen ansteuern
Ähnliche Innovationskerne wie das TechCenter Additive Manufacturing betreibt thyssenkrupp mit dem TechCenter Control Technology, das die Simulation von Prozessen sowie Big Data-Lösungen vorantreibt, und das TechCenter für Batterieproduktion, bei dem die Elektromobilität im Zentrum steht. Alle Einrichtungen fungieren als autark agierende „Speedboats“, die agil und schnell neue Technologien vorantreiben. Das 3D-Druck-Verfahren soll bereits mittelfristig kommerziell genutzt werden: Der Markt für diese Produkte hat sich von 2010 bis 2015 fast vervierfacht und für 2020 wird ein Gesamtmarkt von weltweit 21 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Die für thyssenkrupp relevanten Zielmärkte werden auf zehn Milliarden US-Dollar geschätzt. Künftig soll das Tech-Center Additive Manufacturing als Blaupause und Keimzelle für ein breites Netzwerk von Kompetenzcentern in diesem Bereich dienen: Ein Roll-out der vielversprechenden Technologie ist bereits geplant.