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BMBF-Projekt FONA3 - Filz fängt wertvolle Metalle auf

Der neue Filter-Filz fängt wertvolle Metalle aus Abwasser. Derzeit durchläuft das Verfahren den Praxistest. © DTNW

Mit einem neuen Textil filtern Krefelder Forscher kostbare Metalle aus industriellem Abwasser. Ihre Faser, deren Entwicklung das Bundesforschungsministerium unterstützt, hat das Potenzial zum Universalkünstler für das Recycling von Rohstoffen.

Die Erfindung erscheint zunächst unspektakulär: Ein farbloser Stoff, die Oberfläche rauh. Glanz erhält die Faser durch das, was an ihr haften bleibt: Gold beispielsweise, das Platin-verwandte Edelmetall Palladium oder die seltene Erde Lanthan. Kostbare Metalle aus Abwässern der Industrie, die bisher ungenutzt bleiben. Die Faser gewinnt sie zurück, damit daraus erneut LED-Leuchten, Computerbildschirme oder Katalysatoren für chemische Prozesse entstehen.

Zum Filter-Experten macht den Stoff seine spezielle Mixtur. Es ist ein Filz aus Polyester, getränkt mit einer speziellen chemischen Lösung. Klaus Opwis und sein Team vom Krefelder Deutschen Textilforschungszentrum Nordwest (DTNW) nennen den Filz Adsorber-Textil. Seit mehreren Jahren arbeiten die Wissenschaftler an dieser Innovation, die vom Bundesministerium für Bildung und  Forschung (BMBF) gefördert wird. Ein erster Filter-Filz für die Edelmetalle Gold und Palladium ist bereits erprobt, ein zweiter für seltene Erden wie Lanthan durchläuft im Forschungsprojekt „LanTex“ derzeit den Praxistest.

Der Praxistest mit 3.000 Litern Abwasser

In einer Produktionshalle in der Oberpfalz steht eine umfunktionierte Fertigungsanlage. Sie trägt schmale Kunststoff-Gehäuse, in Reihe geordnet. Jede rund einen halben Meter lang, 13 Zentimeter im Durchmesser. In den Gehäusen steckt der Filter-Filz, eng zusammengerollt. Er ist mit Polyacrylsäure getränkt und bei 160 Grad getrocknet, damit die Säure in der Faser fixiert bleibt. Für den Testbetrieb entstanden erstmals insgesamt 200 Meter dieses Filzes. Auf passendes Maß geschnitten, warten die Filter nun auf Lanthanhaltiges Abwasser.

Das Abwasser stammt aus der Produktion von Katalysatoren, die Erdöl zu Kunststoffen verarbeiten helfen. Rund 10.000 Tonnen Katalysatoren jährlich braucht die Branche weltweit, im Abwasser verbleibt ein Großteil des benötigten Lanthans. An der Filter-Faser besteht damit ein umfangreicher Bedarf, dafür forschen die Krefelder gemeinsam mit der Branche: Sie arbeiten eng mit industriellen Partnern aus der Petrochemie zusammen. Auch Filz und Technologie werden in Partner-Unternehmen produziert.

Auf die Filz-Filter in der Pilotanlage sollen sich rund 100 Liter
Abwasser stündlich ergießen, für den Testbetrieb insgesamt 3.000 Liter. Beim kleineren Labor-Versuch zuvor blieb der vollständige Lanthangehalt des Abwassers im Textil haften, etwa 100 Milligramm pro Gramm Stoff. Diesen Erfolg soll nun auch die größere Pilotanlage vollbringen. Die Wissenschaftler wollen verlässliche Antworten: Wieviel Textil braucht es dafür? Welche Abwassermenge und in welchem Tempo? Wieviel Filtergänge hält der Filz aus, bis er erneuert werden muss? Denn auch das gehört zur Innovation: Ein Textil, das Ressourcen für die industrielle Produktion erschließt, soll so oft wie möglich verwendet werden. 20 Filtergänge erreichte der Filz bisher bereits im Labor.

Die ersten Schritte im Labor

Dort, im Labor des Krefelder Forschungszentrums, gedieh die Erfindung, Stück für Stück. Gemeinsam mit Klaus Opwis tüftelten weitere Wissenschaftler und Laboranten am Adsorber-Textil. Zuerst stand die Auswahl der geeigneten Faser. Die Auswahlkriterien: Die Faser muss handelsüblich sein. Sie muss Säure gut vertragen und der Hitze des Fixierofens standhalten. Schließlich erfolgten Auswahl und Skalierung der Säure. Dann das detaillierte Forschen daran, wie die Säure dauerhaft in der Faser verbleibt. „Das war der erste spannende Moment, zu sehen: es funktioniert“, erinnert sich Klaus Opwis. Der Rest war weiteres Experimentieren. Welche Behandlung braucht das Abwasser, das auch andere Metalle enthält, vor dem Filtern? Wie hoch muss sein pH-Wert sein? Schließlich die Premiere, verfeinert und erprobt bis zum erhofften Ergebnis: Das komplette Lanthan bleibt im Filz haften. Die ersten Textilstücke für die Laborversuche waren so groß wie A-4-Blätter aus Papier.

Warum überhaupt Textil zum Auffangen von Metallen? „Aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen“, sagt Klaus Opwis. Textil ist leicht und flexibel, robust, günstig in der Anschaffung. Ein Allrounder für nachhaltige Branchen. Im Krefelder Textilforschungszentrum arbeiten Wissenschaftler auch an leitfähigen Fasern für Solarzellen und Heizungen oder an medizinischen Textilien.

Der Filter-Filz als modulares System

Während das Adsorber-Textil für Lanthan derzeit seinen Praxistest in der Pilotanlage durchläuft, hat ein ähnlicher Stoff seinen Praxistest längst bestanden. Die gleiche Faser, getränkt mit einer anderen, basischen Substanz, fängt Palladium und Gold aus Abwasser. Das erfolgreich erprobte Verfahren ist zum Patent angemeldet. Opwis hat dafür vor kurzem den Effizienz-Preis des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten.

Der Chemiker denkt bereits an das nächste Textil. Er will die Erfindung zum modularen System erweitern, universell einsetzbar. Basis-Stoff plus spezielle Säure oder Base - je nachdem, welches Metall gewonnen werden soll. „Wenn wir daran weiterspinnen“, sagt Klaus Opwis, „dann können wir das Adsorber-Textil in vielen Bereichen der Industrie und auch im Bergbau einsetzen“. Überall da, wo metallhaltiges Abwasser anfällt, das bisher ungenutzt bleibt.

Technologien für Hightech-Rohstoffe

Wissenschaftler und industrielle Partner entwickeln gemeinsam neue Technologien für Hightech-Ressourcen. Sie erschließen nachhaltig kostbare Metalle durch Recycling, Kreislaufführung und aus heimischen Lagerstätten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die 40 Projekte im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA3)“ mit der Maßnahme „r4 – Innovative Technologien für Ressourceneffizienz – Forschung zur Bereitstellung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe“. Auf ihrer Konferenz in Berlin stellen die Forschungsteams vom 30. Januar bis 1. Februar ihre Ergebnisse vor.

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