Molekül verändert seine magnetischen Eigenschaften durch Licht
Tobias Thomanek, Enrique Mendez Vega und Wolfram Sander (von links) haben ein neues organisches Molekül entwickelt. Nicht mit auf dem Bild, aber maßgeblich an der Studie beteiligt ist Iris Trosien. © RUB, Marquard
Magnetisch schaltbare Materialien sind in der Computertechnik und bei der Speicherung von Daten von großer Bedeutung. Ein Team des Exzellenzclusters Ruhr Explores Solvation an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat jetzt ein neuartiges Molekül namens 3-methoxy-9-fluorenylidene entwickelt und hergestellt. Das Besondere daran: Seine magnetischen Eigenschaften lassen sich durch verschiedenfarbiges Licht steuern. Das könnte sich die Computerindustrie zunutze machen.
Ihre Ergebnisse beschreiben die Forscherinnen und Forscher um Prof. Dr. Wolfram Sander vom Lehrstuhl für Organische Chemie II in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ vom 14. August 2019.
Vielfältiger Einsatz von magnetischen Materialien
Ohne Magnetismus geht in der Computertechnik nichts. So wird zum
Beispiel der Informationsfluss vom Rechner zu magnetischen
Speichermedien wie Festplatten durch Magnetismus gesteuert. Auch
verwenden magnetische Speichervorrichtungen Lese-/Schreibköpfe in Form
von Magneten, die die Magnetisierungsmuster auf der Festplatte erkennen,
also lesen, oder ändern, also schreiben.
Die Methoxygruppe steuert die magnetischen Eigenschaften
Das von Wolfram Sander und seinem Team entwickelte organische Molekül
3-Methoxy-9-fluorenyliden basiert auf einem Gerüst aus Fluoren, an dem
sich eine Methoxygruppe als molekularer Schalter befindet.
Die Forscherinnen und Forscher fanden heraus, dass die magnetischen Eigenschaften des Moleküls vom Zustand der Methoxygruppe abhängig sind. Diese ändert ihre Konformation, je nachdem, welches Licht auf sie trifft.
Blaues Licht schaltet die Methoxygruppe in die „up“-Konformation und bildet den diamagnetischen und weniger reaktiven Singulett-Zustand. Im Gegensatz dazu dreht grünes Licht die Methoxygruppe an dem Molekül nach unten, woraus sich der paramagnetische Triplett-Zustand ergibt, der eine höhere Reaktivität gegenüber molekularem Wasserstoff aufweist.
Interessant für Forschung und Industrie
Seine Eigenschaften machen 3-Methoxy-9-fluorenyliden für die
Forschung sehr interessant. „Mithilfe dieser Atomverbindung können wir
die Spinabhängigkeit von Reaktionen untersuchen. Auch bei der
Entwicklung neuartiger schaltbarer magnetischer Materialien und
chemischer Sensoren könnte sie eine Rolle spielen”, prognostiziert
Sander.
Gegenüber herkömmlichen ferromagnetischen Materialien hat 3-Methoxy-9-fluorenyliden den Vorteil, dass der Magnetismus durch sichtbares Licht ein- und ausgeschaltet werden kann. Organische Magnete sind zudem nicht spröde wie herkömmliche Magnete, sondern flexibel und sie lassen sich wie Kunststoffe verarbeiten.
Der Haken an der Sache
Einen Nachteil hat das Molekül jedoch: Es ist nur bei extrem
niedrigen Temperaturen stabil. „Daher arbeiten wir an magnetisch
schaltbaren Materialien, die unter Umgebungsbedingungen eingesetzt
werden können”, so Wolfram Sander.