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Photonenzwillinge ungleicher Herkunft

Die Quantenpunkte der Basler Forschenden sind zwar unterschiedlich, senden aber haargenau identische Lichtteilchen aus. © Universität Basel, Departement Physik

Forschende haben identische Lichtteilchen mit unterschiedlichen Quantenpunkten erzeugt – ein wichtiger Schritt für Anwendungen wie abhörsichere Kommunikation.

Viele Technologien, die sich Quanteneffekte zu Nutze machen, beruhen auf haargenau gleichen Photonen. Diese herzustellen ist allerdings enorm schwierig. So muss nicht nur die Wellenlänge (Farbe) der Photonen exakt übereinstimmen, sondern auch ihre Form und Polarisierung.

Einem Team von Forschenden der Universität Basel um Richard Warburton ist es nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Ruhr-Universität Bochum gelungen, identische Photonen zu erzeugen, die aus unterschiedlichen, weit voneinander entfernten Quellen stammen.

Einzelne Photonen aus Quantenpunkten
In ihren Experimenten verwenden die Physikerinnen und Physiker sogenannte Quantenpunkte, also wenige Nanometer große Strukturen in Halbleitermaterialien. In diesen Quantenpunkten sind Elektronen gefangen, die nur ganz bestimmte Energieniveaus annehmen und beim Übergang vom einen zum anderen Niveau Licht aussenden können. Mithilfe eines Laserpulses, der einen solchen Übergang auslöst, können so auf Knopfdruck einzelne Photonen hergestellt werden.

„In den letzten Jahren haben bereits andere Forschende mit verschiedenen Quantenpunkten identische Photonen erzeugt“, erklärt Liang Zhai, Postdoktorand und Erstautor der in Nature Nanotechnology erschienenen Studie. „Dazu mussten sie allerdings aus einer riesigen Anzahl an Photonen mit optischen Filtern diejenigen herauspicken, die sich am ähnlichsten waren.“ Durch das Herauspicken bleiben bei dieser Methode nur wenige brauchbare Photonen übrig.

Warburton und seine Mitarbeitenden wählten einen anderen, anspruchsvolleren Weg. Zunächst stellten die Bochumer Spezialisten extrem reines Galliumarsenid her, aus dem die Quantenpunkte gebildet wurden. Auf diese Weise konnten die natürlichen Variationen zwischen verschiedenen Exemplaren möglichst klein gehalten werden. In Basel setzten die Physikerinnen und Physiker dann zwei Quantenpunkte mithilfe von Elektroden genau dosierten elektrischen Feldern aus. Diese Felder veränderten die Energieniveaus der beiden Quantenpunkte und wurden so eingestellt, dass die von den Quantenpunkten ausgesendeten Photonen genau dieselbe Wellenlänge hatten.

Zu 93 Prozent identisch
Um nachzuweisen, dass die Photonen tatsächlich nicht unterscheidbar waren, ließen die Forschenden sie auf einen halbdurchlässigen Spiegel fallen. Dabei beobachteten sie, dass die Lichtteilchen fast immer den Spiegel entweder als Paar passierten oder als Paar reflektiert wurden. Daraus wiederum konnten sie ableiten, dass die Photonen zu 93 Prozent identisch waren. Die Photonen bildeten also Zwillingspaare, obwohl sie ganz unabhängig voneinander geboren wurden.

Zudem konnten die Forschenden mit den Photonen einen wichtigen Baustein von Quantencomputern, ein sogenanntes kontrolliertes Nicht-Gatter (Englisch controlled-NOT oder CNOT gate), realisieren. Mit solchen Gattern lassen sich Quanten-Algorithmen umsetzen, die bestimmte Probleme viel schneller lösen können als klassische Computer.

„Im Moment liegt unsere Ausbeute an identischen Photonen noch bei etwa einem Prozent“, räumt Doktorand Giang Nguyen ein, der gemeinsam mit seinem Kollegen Clemens Spinnler am Experiment beteiligt war. „Doch wir wissen schon recht genau, wie wir sie in Zukunft erhöhen können.“ Damit wäre die Zwillingsphotonen-Methode dann reif für mögliche Anwendungen in verschiedenen Quantentechnologien.

Originalveröffentlichung
Liang Zhai, Giang N. Nguyen, Clemens Spinnler, Julian Ritzmann, Matthias C. Löbl, Andreas D. Wieck, Arne Ludwig, Alisa Javadi, Richard J. Warburton: Quantum interference of identical photons from remote GaAs quantum dots, in: Nature Nanotechnology, 2022, DOI: 10.1038/s41565-022-01131-2

Quelle: RUB

Ruhr-Universität Bochum

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