DeutschEnglish

2D-Materialien unter Druck

© UDE/AG Horn-von Hoegen

Sie sind extrem dünn, oft nur eine Atomlage dick, daher werden sie „zweidimensional“ genannt: Diese neuen Materialien haben ungewöhnliche Eigenschaften, die sie interessant machen z.B. für Energieanwendungen, Katalysatoren oder Sensoren. Die Herausforderung besteht darin, auch in industriellen Größenordnungen eine hohe Materialqualität herstellen zu können. Physiker der UDE haben nun eine Methode gefunden, zwei verschiedene 2D-Materialien aus einem einzigen Prozessgas zu produzieren. Ihre Studie, veröffentlicht in ACS Nano, hat Modellcharakter.

Das ideale zweidimensionale Material bildet ein perfektes Gitter ohne Fehlstellen, und es gibt möglichst wenige Korngrenzen – so etwas wie Nähte zwischen perfekten Bereichen, die bei der Herstellung entstehen. Eines dieser vielversprechenden Materialien ist hexagonales  Bornitrid (hBN), das aus den Elementen Bor (B) und Stickstoff (N) besteht. Wie das bekanntere Graphen bildet hBN ein Gitter, allerdings ist es ein Isolator und damit interessant z.B. für Transistoren, die aus mehreren Schichten verschiedener 2D-Materialien hergestellt werden.

Eine Herstellungsmethode für hBN ist die chemische Gasphasenabscheidung (chemical vapour deposition, CVD), die auch das Team um Professor Dr. Michael Horn-von Hoegen von der UDE verwendet hat. Dabei wird das gasförmige Prozessgas Borazin als Quelle für Bor und Stickstoff über einen Iridium-Einkristall geleitet. Dort zersetzt sich das Gas zunächst und bildet dann bei hohen Temperaturen bis 1.100 °C eine neue, gitterförmige Struktur auf der Iridium-Oberfläche.

Was die Physiker selbst erstaunte: Temperaturabhängig bildet sich entweder hBN (800°C) oder Borophen (ab etwa 950°C) – eine Gitterstruktur aus einer einzigen Atomlage Bor, analog zu Graphen. Der Stickstoff desorbiert in diesem Fall in das umgebende Hochvakuum. Zudem fand das Team heraus, dass der angelegte Druck im Experiment Einfluss auf das Wachstum des Materials hat: Bei zu geringem Druck bildet sich keine zusammenhängende Schicht auf dem Iridium, bei zu hohem Druck entstehen zu viele einzelne Inselchen, die unregelmäßig zusammenwachsen und die Materialqualität mindern.

Dem Team gelang es, die Parameter zu identifizieren, die zu einer hochwertigen, geschlossenen Schicht führen. Zudem fanden sie die jeweils ideale Herstellungstemperatur für zwei verschiedene Materialien aus einem einzigen Vorgängerstoff. „Unsere Ergebnisse haben Modellcharakter für andere Untersuchungen mit bi-elementaren Ausgangsstoffen“, so Horn-von Hoegen. „Sie sind künftig bei allen neuen 2D-Materialien zu bedenken, die durch CVD entstehen“, ergänzt Marko Kriegel, der die Studie für seine Masterarbeit durchgeführt hat.

Noch gibt es keine effiziente Methode, das Material vom teuren Iridiumkristall zu lösen, aber die Ergebnisse lassen sich übertragen auf CVD-Prozesse mit anderen, kostengünstigeren Substraten, die sich beispielsweise wegätzen ließen.

Die Arbeit entstand innerhalb des internationalen Graduiertenkollegs 2D-Mature, das die UDE gemeinsam mit der University of Waterloo (Kanada) eingeworben hat.

Im Bild: Elektronenmikroskopische Aufnahmen des Wachstums von hBN bei gleicher Temperatur (800°C), aber unterschiedlichem Druck des Vorläufergases (Anstieg von links nach rechts). Es ist gut zu erkennen, dass die Inseldichte mit steigendem Druck zunimmt.

Originalveröffentlichung: https://doi.org/10.1021/acsnano.3c04038

Universität Duisburg-Essen

Mitten in der Metropolregion Ruhrgebiet liegt die Universität Duisburg-Essen (UDE) – eine der jüngsten und größten Universitäten Deutschlands. Ihr breites Fächerspektrum reicht von den Geistes-, Gesellschafts- und Bildungswissenschaften über die...mehr...