Miniaturisierte Wasserstoffgewinnung
Forschende haben einen winzigen Biokatalysator zur Wasserstoffproduktion geschaffen. Er arbeitet effizient mit Elektronen aus der Fotosynthese.
Natürliche Wasserstoff-erzeugende Enzyme sind groß und extrem sauerstoffempfindlich. Das macht ihren Einsatz zur Erzeugung von Grünem Wasserstoff kompliziert. Forschende der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum und Partner der Universität Potsdam haben das Problem umgangen: Sie haben das aus Eisen-Atomen aufgebaute katalytische Zentrum eines solchen Enzyms – der [FeFe]-Hydrogenase – in ein so genanntes Ferredoxin übertragen. Das kleine Biomolekül fungiert in allen lebenden Organismen als Elektronenüberträger. Der künstliche Biohybrid kann effizient Wasserstoff produzieren und dafür Elektronen von lichtbetriebenen biologischen Systemen verwenden. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden in der Zeitschrift Advanced Science vom 17. Juni 2025 veröffentlicht.
Abkürzung zur Wasserstoffproduktion
Wasserstoff gilt als sauberer Energieträger der Zukunft, doch seine nachhaltige Erzeugung ist nach wie vor eine große Herausforderung.
Natürliche Enzyme, sogenannte Hydrogenasen, sind hoch-effiziente
Wasserstoff-erzeugende Biokatalysatoren, jedoch ist ihr industrieller
Einsatz noch nicht etabliert. Mit 600 Aminosäuren sind sie sehr groß und
komplex und meist extrem sauerstoffempfindlich. Zudem benötigen sie
hochenergetische Elektronen, die ebenfalls umweltfreundlich
bereitgestellt werden sollten.
[FeFe]-Hydrogenasen nutzen ein eisenhaltiges Molekül, um Wasserstoff herzustellen. Dieser so genannte Co-Faktor funktioniert ähnlich zu einem Platin-Katalysator und kann chemisch synthetisiert werden. Er ist jedoch als isoliertes Molekül inaktiv und benötigt die Protein-Umgebung, um seine maximale Leistung zu erreichen.
Den Biokatalysator vereinfachen
Die Forschenden der Ruhr-Universität Bochum wollten den hochkomplexen Hydrogenase-Biokatalysatoren vereinfachen, um seine Integration in
industrielle Prozesse zu ermöglichen. In einigen Mikroalgen werden
Hydrogenasen durch die Fotosynthese mit Elektronen versorgt. Der
Elektronenvermittler ist das kleine eisenhaltige Protein Ferredoxin, das
die Elektronen direkt aus der lichtgetriebenen fotosynthetischen
Elektronentransportkette erhält.
„Wir haben uns die biologisch verrückte Frage gestellt, ob man das Ganze nicht abkürzen und das Ferredoxin Wasserstoff bilden lassen kann“, erläutert Vera Engelbrecht, eine der beiden Erstautorinnen der Studie. Und zu ihrer eigenen großen Überraschung konnten die Forschenden Ferredoxine identifizieren, die in Kombination mit dem Co-Faktor der Hydrogenase Wasserstoff bilden konnten. „Allerdings mussten wir die biologischen Synthesewege überlisten“, erzählt Yiting She, die weitere Erstautorin. „Nur ganz bestimmte Ferredoxine konnten mit dem Co-Faktor zusammenarbeiten. Dies herauszufinden war ein langer, aber auch sehr spannender Weg.“
Erfolgreiches Zusammenspiel von Protein und Katalysator
Die hohe Aktivität des Biohybriden hat die Forschenden selbst überrascht. „Wir wissen, dass die Zusammenarbeit von Protein und
Co-Faktor in natürlichen [FeFe]-Hydrogenasen fein abgestimmt ist“,
erklärt Prof. Dr. Thomas Happe, unter dessen Leitung das Projekt
durchgeführt wurde. In Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität
Potsdam wurde die neue Ferredoxin-Hydrogenase daher spektroskopisch und
mittels quantenmechanischer Berechnungen charakterisiert. „Es scheint,
dass das Ferredoxin-Protein eine chemisch günstige Umgebung für den
Katalysator der Hydrogenase bereitstellt“, schlussfolgert Happe. Um das
zu erreichen, muss der natürliche eigene Co-Faktor des Ferredoxins durch
den Hydrogenase-Cofaktor mittels komplexer Synthesewege ausgetauscht
werden. „Trotzdem kann das neue Protein noch Elektronen von
Fotosynthesekomponenten erhalten“, freut sich Yiting She. Damit ist dies
eine wichtige Machbarkeitsstudie für ein kleines künstliches
Metalloenzym, das natürliche lichtgetriebene Hydrogenasen nachahmt,
jedoch mit weniger Komponenten und kleineren Gerüsten auskommt.
